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Im Interview mit AFS FEderhenn

Wann lohnt sich der Einsatz eines Roboters?

Glaswelt – Bei der Söba Fenster und Türen GmbH wurde 2015 weltweit erstmals ein Roboter für Verklebung und Glaseinsatz von Kunststofffenstern in Betrieb genommen (die GLASWELT berichtete in Heft 12/2015). Was macht diesen Einsatz besonders?

Hans-Werner Wehr – Zur Vorgeschichte: Wir hatten bereits Kontakte durch aluplast zu Söba, als sie in einer Phase der Rationalisierung war. Bei Söba wurde bereits verklebt – bis dahin mit einer normalen Portalmaschine – als man uns um eine Glassortierung anfragte. Das Unternehmen war Innovationen gegenüber aufgeschlossen. Also projektierten wir gemeinsam über zwei Jahre ein neues Fertigungskonzept und haben es dann in die Tat umgesetzt. Aus diesen gesammelten Erfahrungen heraus sind wir heute guten Mutes, dies auch in anderen Unternehmen umsetzen zu können.

Matthias Dick – Die Technologie der Roboterverglasung und -verklebung passt sehr gut in das Federhenn-Konzept, da die Logistik ja bereits zu Ihrem Angebot gehört. Also eine folgerichtige Abrundung Ihres Portfolios. Auf der anderen Seite ging mit Söba ein Unternehmen den Weg einer konsequenten Fortführung der Automatisierung des Fensterbaus.

Wehr – Bei Söba ging es um eine weiterführende Automatisation mit aluplast-Profilen: In einer derartigen Isolierglasanlage wird Glas automatisch sortiert, eingepuffert und just in time auch automatisch zugeführt – das Glas wird mit dem Roboter eingesetzt, der schließlich auch verklebt. Der Roboter steht hier nicht alleine, er ist das letzte Glied einer Kette, die mit der Glassortierung beginnt. Wenn ein Unternehmen über einen Robotereinsatz zum Verglasen – wie auch zum Verkleben – nachdenkt, muss dafür eine automatische Glassortierungsanlage vorliegen. Bei einer Flügel- und einer Rahmenstraße mit 240 Fenstern pro Tag ist das eine logische Entwicklung. In dieser Produktionsmenge liegt das Optimum für den Robotereinsatz.

Dick – Bei einer Flügel- und einer Rahmenlinie und 240 Scheiben täglich hält Ihr Roboter problemlos mit – er reduziert also die Kapazität der Linie nicht?

Uwe Jähnrich – Exakt. Ab einer Größenordnung von etwa 300 Scheiben täglich müsste man jedoch zwei Roboter einsetzen.

Glaswelt – Von welchen Investitionen kann ein Unternehmen denn in dieser Kapazität ausgehen?

Wehr – Alles ist modular aufgebaut und lässt sich individuell auf die Bedürfnisse des Kunden anpassen. Mit Glassortierung plus Roboter zum Scheibeneinsatz und Verkleben kommt man auf ca. 400 000 bis 500 000 Euro. Reichweite und Tragkraft bestimmen den Preis des Roboters. Unsere Anlagen werden kundenspezifisch gefertigt, nach Größe, Kapazität, Leistung und Hallenkapazität. Meist werden wir schon in der Bauphase angefragt und klar ist auch: Der Erfolg liegt im Detail.

Glaswelt – Welche Grenzen setzen denn Elementtypen etc. beim Robotereinsatz?

Wehr – Mit unserer Technologie werden Elemente von 300 cm x 350 cm verarbeitet, inklusive Oberlichter und Unterlichter – unabhängig vom Profilhersteller. Grenzen setzen die Gewichte: Unsere Roboter sind für eine Scheibenlast von bis zu 180 kg ausgelegt.

Glaswelt – Wie sehen Sie Ihren Roboter im kompletten Herstellungsprozess?

Jähnrich – Sicherlich wird Robotertechnik in der Fensterfertigung der Zukunft eine stärkere Rolle spielen. Es hält sich bis heute in der Branche die weit verbreitete Meinung, dass Glas herunterfällt, wenn es von Robotern verarbeitet wird. Bei unserer Präsentation auf der fensterbau 2012 schlug uns daher Skepsis entgegen. Viele glaubten einfach nicht, dass diese Technologie funktioniert. Denken Sie bitte auch daran, dass Scheiben wegen energetischer Optimierung immer schwerer werden und daher die Arbeit des Einglasens eine immer größere körperliche Belastung für die Mitarbeiter darstellt. Dafür ist der Roboter die Lösung. Beim Verkleben mit Robotern ist der Bedarf derzeit noch nicht sehr hoch, denn diese Technik hat – besonders in Deutschland – noch keinen hohen Marktanteil.

GLASWELT – Warum ist Ihrer Meinung nach das Verkleben nicht weiter verbreitet?

Wehr – Meiner Beobachtung nach hat es sich außer in Österreich und der Schweiz noch nicht in der Breite durchgesetzt; es herrscht offensichtlich Angst vor neuer Technik. Zwar bietet das Verkleben dem Fenster eine erhöhte Sicherheit und Statik, es ist aber auch ein Arbeitsschritt und eine Maschine mehr.

Jähnrich – Viele Fachleute haben Angst vor dem Reparaturfall. Dabei ist der problemlos zu handhaben.

Wehr – Die Klebetechnik hat in anderen industriellen Bereichen schon lange Einzug gehalten, beispielsweise in der Automobiltechnik. Von diesen Erfahrungen kann auch die Fensterindustrie profitieren. Auch bei Holzfenstern sehe ich hier noch Chancen für diese Technologie, denn in anderen Holzbereichen, z. B. bei Paneelen, wird die Verklebung bereits eingesetzt.

GLASWELT – Wird durch den Robotereinsatz Personal gespart?

Jähnrich – Schon durch die Glassortierung wird Personal gespart. Davon abgesehen, dass der Roboter mit seiner Tragkraft von 180 kg Personal entlastet, welches sonst oft zu zweit schwere Gläser bewegt. Selbst Glasmanipulatoren, die manuell bedient werden, sind nicht in jedem Betrieb im Einsatz. Oder ihr Einsatz wird vom Mitarbeiter verworfen, weil er als zu langsam gilt – das ist nicht im Sinne des Arbeitgebers und oft genug eine Fehlerquelle plus ein Gesundheitsrisiko. Drei bis fünf Mitarbeiter sind bei 240 Fenstern pro Tag an der konventionellen Verglasungslinie im Einsatz. Mit einem Roboter sind es zwei bis drei weniger – die verbleibenden Mitarbeiter sind zum Einbringen der Glasleisten notwendig.“

Dick – Sind beim Verkleben noch Sonderklötze anzubringen?

Jähnrich – Das ist nicht zwingend notwendig. Im Allgemeinen dienen Klötze nur noch zur Abstandsgewährleistung zwischen Glas und Flügelrahmen, damit die Fenster bei noch nicht ausgehärtetem Kleber schon verladen werden können.

GLASWELT – Wo sehen Sie Ihre Kunden?

Wehr – Besonders bei Betrieben, die eine neue Halle mit automatisierten Abläufen planen, sehe ich einen Bedarf.

GLASWELT – Kann jeder Hersteller Roboterverglasung einsetzen?

Jähnrich – Das Glaseinlegen per Roboter würde grundsätzlich bei allen Systemen funktionieren. Beim Verkleben hängt es davon ab, ob das Profilsystem dafür geeignet ist.

GLASWELT – Ist mit der neuen Technologie auch eine Qualitätssteigerung der Fenster verbunden?

Wehr – Ich sehe schon, dass beim Fenster die Qualität kontinuierlich gesteigert wurde. Schon durch die automatische Vermaßung der Gläser durch unseren Roboter wird sichergestellt, dass die Gläser wirklich passgenau sind und nicht durch z. B. zu große Gläser Eckspannungen auftreten, die später zu Aufplatzungen führen könnten. Der gleichbleibende Produktionsprozess ist durch einen immer identisch arbeitenden Roboter auf jeden Fall gewährleistet.

Jähnrich – Wenn Maschinen die Logistik übernehmen, entstehen unserer Erfahrung nach wesentlich weniger Fehler, wie z. B. Glasbruch beim internen Transport und Handling. Die Oberflächen der Elemente werden bei der Automatisation weniger beansprucht.

Wehr – Das Thema ‚Industrie 4.0‘, welches von der Verwaltung bis in die Produktion hinein einlaufen wird, ist in der automatisierten Produktion bereits teilweise Realität: Es wird gezielt angesteuert, jedes Teil hat seine Informationen und ein entsprechend ausgerüsteter Betrieb weiß jederzeit, wo sich die Teile im Prozessablauf befinden. Früher war es doch so, dass man beschädigte Scheiben erst erkannte, wenn man das Glas vom Bock nahm. Heute würde ein derartiger Fehler bereits ein oder zwei Tage früher in der Glassortierung auffallen. Durch die heutige Vernetzung kann eine entsprechende Ersatzlieferung sofort geordert werden. Durch die Glassortierung wird man schneller in der Qualitäts-Überwachung und in der Ersatzbestellung.

Dick – Sind Beschädigungen beim Verklotzen durch den Einsatz von Automaten geringer als bei händischer Tätigkeit?

Wehr – Unserer Erfahrung nach nimmt das Glasbruch-Risiko durch Roboterverglasung signifikant ab.

GLASWELT – Beim Verglasen und Verkleben mit Roboter sind enge Toleranzen – auch für das Glas – unbedingte Voraussetzung. Wie wird das aktuell umgesetzt?

Jähnrich – Heute müssen die Hersteller ihre Normen einhalten und die Kunden müssen darauf bestehen. Die Glashersteller sind bisher nicht sensibilisiert, dass sie genauer arbeiten müssen. Das stellt für sie aber kein Problem dar, sie müssen nur darauf hingewiesen werden. Wir haben bei Söba gesehen, wie schnell sich deren Lieferanten umstellen konnten.

Wehr – Die Toleranzen beim Rahmen liegen beim heutigen Produktionsprozess in den Normen.

Jähnrich – In den Bereichen, in denen das Risiko von Toleranzen größer ist, messen wir die Ecken optional noch einmal nach. Gerade bei mehrflügeligen Konstruktionen kann es erforderlich sein, die Ecken mit einem Laser noch einmal auszumessen. Bei Söba konnten wir feststellen, dass mit einer automatisierten Produktion keine Ungenauigkeiten auftreten.

Wehr – Unser Roboter stellt natürlich fest, ob das Glas die geforderte Größe aufweist. Wenn ein falscher Barcode angegeben wurde, vergleicht er diese Maße mit der Realität. Wenn es nicht passen sollte, setzt er das Glas auf eine dafür vorgesehene Kontrollstation ab. Hier kann der Verarbeiter die Situation manuell beurteilen und feststellen, warum es abgesetzt wurde. Glasbruch kommt daher nicht mehr vor.

Dick – Die von Federhenn entwickelte Verglasungs- und Verklebungstechnologie berücksichtigt, dass übliche Toleranzen im Fenster oder in dessen Ausrichtung eingehalten werden. Höhere Produktivität und Genauigkeit sind das Ergebnis.

GLASWELT – Was haben Sie auf der FENSTERBAU gezeigt?

Wehr – Wir sind mit einem SBZ für den Sonderbau, einem Zuschnittautomaten für Nebenprofile und Zubehör-Leisten, einem Einkopf-Schweißautomaten, einer Montagestation für Hebe-Schiebetüren und Fassaden-Elemente sowie einem Flügelbeschlag-Schraubautomaten mit vier Schraubern nach Nürnberg gefahren. In diesem Jahr haben wir uns etwas stärker auf das Thema „Sonderbau“ fokussiert. Die Just-in-time-Zuordnung von Nebenprofilen und Zubehör hat einen weiteren Themenschwerpunkt dargestellt.

GLASWELT – Meine Herren, vielen Dank für das Interview.—

Die Fragen stellte Jörg Pfäffinger.

Unternehmenskontakt: www.afs-federhenn.de

Rotox übernimmt AFS-Federhenn

Wir haben die Geschäftsführer auf der FRONTALE zur aktuellen Entwicklung gefragt:

GLASWELT – Meine Herren, bitte geben Sie Ihr Statement zum Zusammenschluss von Federhenn und Rotox.

Rotox-Geschäftsführer Bernhard Eisenbach (im Bild rechts) – Durch den Zusammenschluss von Federhenn und Rotox wird sich die Gruppe verstärken. Wir werden unseren Vertrieb und unsere Produkte konzentrieren, Marktanteile gewinnen und dadurch weiter wachsen können.

Wehr – Durch den Zusammenschluss werden wir Synergieeffekte gewinnen, ganz zum Nutzen der Kunden. Wir werden unsere Stärken gemeinsam ausbauen.

GLASWELT – Was bedeuten Ihre gemeinsamen Stärken für Ihre Kunden?

Wehr – Wir haben in den letzten Jahren viel in unsere Bearbeitungszentren investiert und dabei Neuheiten entwickelt. Das werden wir bei Federhenn auch weiterhin tun. Beim Schweißen und Verputzen hat Rotox jahrzehntelange Erfahrung, dort werden wir das Know-how weiter ausbauen. Die Neuentwicklungen auf dem Messestand bei Rotox zeigen, wohin der Weg gehen wird. Zum Nutzen des Kunden werden wir unsere Technologien zusammenschließen.

Eisenbach – Bei Federhenn werden wir den Ausbau der Bereiche Stabbearbeitungszentren und automatisierte Arbeitsplatz-Einrichtungen verstärken. Bei Rotox werden wir die Bereiche Schweißen und Verputzen sowie Standardmaschinen weiter ausbauen.

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