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GLASWELT vor Ort: Werkstattgespräche in Reutlingen

Schöne Fenster schnell gemacht

_ Eine wahre Besonderheit gab es hier zu bestaunen: Bei den Fenstermachern im Hause Reicherter läuft bereits seit eineinhalb Jahren die einzige Centateq-CNC-Anlage der 925er Baureihe mit Doppelbelegung in Deutschland und einer der beiden Chefs schwärmt beim Dialog mit den Fensterbaukollegen über das realisierte Gesamtpaket: „Mein Herz schlägt höher, wenn abends das Licht in der Produktion ausgeht, es ist Feierabend und die Anlage schnurrt noch ein paar Stunden weiter!“

Anfang Februar hatte Homag zum Fenstertag geladen und man hätte es auch „Werkstattgespräch“ nennen können. Schließlich fand es in der Werkstatt des Fensterbauers Reicherter in Reutlingen statt. Kollegen hatten bei der vom Homag-Gebietsleiter Michael Legler initiierten Veranstaltung die Gelegenheit, tiefe Einblicke in die Fertigung des Bauelemente-Anbieters am Rande der schwäbischen Alb zu gewinnen. Der Anlass der Expertenrunde: Ein echtes Dream-Team aus Werkzeuganbieter, Anlagenbauer und Softwarehaus hatte zuvor dafür gesorgt, dass beim Fensterbauer quasi eine neue Zeitrechnung begann: Im Sommer 2017 wurde der Hebel umgelegt, die alte Winkelanlage beiseitegestellt und die CNC-Technik hielt Einzug in die Werkhallen.

Am Anfang war die Werkzeugfrage

Die Entscheidung, dass man hier quasi alles auf den Kopf stellt und kräftig investiert, fiel freilich einige Zeit vorher: Die Brüder Jean und Jürgen Reicherter standen vor der Frage, wie man denn die Fensterproduktion zukünftig organisieren wolle. Mit der alten Okoma kam man zwar noch zurecht, aber die Ausfälle häuften sich, die Ersatzteilbeschaffung gestaltete sich immer schwieriger und das Produktportfolio war aufgrund des etwas verstaubten Produktionsprozesses auch nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Nach dieser Bestandsaufnahme liefen die Drähte heiß zwischen Fensterbauer und Werkzeug-Experte Martin Rauscher. Der Zuani-Mann wird hier hochgeschätzt, ein Vertrauensverhältnis besteht seit Jahren und die Möglichkeiten, die ein neuer Werkzeugsatz auf einer CNC-Anlage bietet, faszinierten die beiden schwäbischen Fenstermacher.

Bald waren auch die anderen Projektpartner ausgemacht: Bei der Anlage gab man Homag den Zuschlag. Das Anlagenkonzept der Centateq-Baureihe für eine automatisierte Fenster-Fertigung überzeugte von Anfang an. Gerade die Möglichkeiten einer mannlosen, autonomen Produktion und die Bearbeitung von Bogen und Flächenteilen mit dem Konsolen-Zusatztisch stießen auf offene Ohren bei den Reicherters.

Smartphone mit Infos über Maschinenzustände

Und was das Zusammenspiel von Branchensoftware und CNC-Programmiersystem woodWop angeht, so hat das Reicherter-Team auf einen weiteren Erfolgsbaustein gesetzt – schließlich funktioniere die Kommunikation zwischen CNC-Anlage und Klaes-Fensterbauprogramm einwandfrei. Mit der CNC-Betriebssoftware werde werkstattorientiertes Programmieren tatsächlich möglich gemacht, schnell könne man auf der Anlage auch mal ganz andere Teile einfach umsetzen. Begeistert spricht Jürgen Reicherter auch von der cloudbasierten Plattform Tapio, in der für jeden Bediener sichtbar Maschinenzustände und notwendige Serviceaktionen angezeigt werden. Der Maschinenbediener wird so z. B. umgehend informiert, wenn der Puffer der Anlage abgearbeitet ist und neu beschickt werden könnte. So kommt man auch einer echten „Geisterschicht“ immer näher, der Maschinenbediener kann sich die Zustandsmeldungen auch nach Hause senden lassen und muss nur dann eingreifen, wenn der Nachschub in den Puffer eingelegt werden kann.

Aber auch ein ganz anderer Aspekt hat im Nachhinein die Investitionsentscheidung pro Homag beeinflusst: „Die Hotline in Schopfloch ist immer kompetent besetzt, da wird einem sofort geholfen. Wenn einmal etwas ist, können die sich per Ferndiagnose-Tool die Anlage ganz genau anschauen und haben gleich analysiert, wo es gerade klemmt.“

Keine Verleimpresse mehr nötig

Nachdem also Anlage, Werkzeug und Software bestimmt war, ging es in die akribische Umsetzungsplanung: Dabei gab man gleichzeitig den Startschuss für ein ganz neues Verbindungskonzept mit nahezu unbegrenzten Gestaltungsmöglichkeiten: Die sogenannte Prüller-Ecke mit angefrästen Rundzapfen und einer Führungsnut mit Konterfeder macht die Verleimpresse überflüssig; simple Schrauben sorgen dafür, dass die Rahmen ausreichend zusammengezogen werden und eine nötige Anfangsfestigkeit aufweisen. Weiterer Vorteil: die Passgenauigkeit ist sehr hoch, die Eckenfestigkeit ebenfalls und ein aufwendiges Eintreiben von Verbindungsdübeln entfällt. In den Augen der Entwickler – das sind der Fensterbauer Prüller und Werkzeuganbieter Zuani – hat man dadurch die Vorteile der Schlitz-Zapfen-Verbindung und der Dübel-Eckverbindung in einer neuen Ecke vereint und die Nachteile eliminiert. Und bei der Holz-Aluminium-Fensterecke sorgt eine Gehrungsfräsung für noch mehr Stabilität, ein schickes Eckendesign und schlussendlich auch für ein klares Alleinstellungsmerkmal.

Umstellungsstress hielt sich in Grenzen

Im vorletzten Jahr schließlich wurde es dann konkret: Die Anlage wurde in Schopfloch programmiert, eingefahren und abgenommen und in den Betriebsferien im Sommer in Reutlingen aufgestellt. Nach vier Wochen war der Umstellungsstress vorbei. Abschließend freut sich Jürgen Reicherter, dass tatsächlich keine bösen Überraschungen aufgetreten sind und der Kostenrahmen von insgesamt rund 800 000 Euro auch noch eingehalten wurde. Und sein Bruder Jean liefert einen weiteren Aspekt, denn schließlich sei das Unternehmen um einige Alleinstellungsmerkmale reicher geworden: „Ich brauche mir keine Sorgen mehr zu machen, wenn mal wieder eine Sonderanfertigung auf uns zukommt. Das lässt sich mit unseren Möglichkeiten leicht abbilden. Und auch wenn wir ausgelastet sind, haben wir jetzt Möglichkeiten, einen dringenden Auftrag dazwischen durchzuziehen.“

Handelsgeschäft intensivieren

Auf die Frage aus dem Kollegenkreis, wann man denn von einer Amortisierung der Anlage sprechen könne, gibt Reicherter eine klare Antwort: „Das neue Fertigungskonzept spart im Prinzip zwei Mitarbeiter ein. Sie müsste sich also amortisieren, bevor sie abgezahlt ist.“ Und dabei geht es in dem Betrieb nicht darum, Personal zu substituieren – im Gegenteil: auch hier ist man auf der Suche nach Fachkräften, die das sich bestens entwickelnde Geschäft umsetzen können. So sind sich die beiden Geschäftsführer sicher, dass sie die richtige Entscheidung für die betriebliche Zukunft gefällt haben.

Der Kundenkreis hat sich bereits mit der Investition deutlich ausgeweitet: War man früher fast ausschließlich im Endkunden-Geschäft mit eigener Montage tätig, so sind mittlerweile auch viele Fensterhändler auf den Betrieb aufmerksam geworden: Schließlich wissen die Branchenkollegen das interessante Portfolio, die Flexibilität, die Liefertreue und nicht zuletzt die hohe Qualität der Produkte zu schätzen. So berichtet Jürgen Reicherter von einigen Neukunden, die auf der Suche nach einem zuverlässigen Zulieferer im Holz- und Holz-Aluminium-Segment waren. Sein Bruder Jean ergänzt, dass es auch Kollegen gebe, die ihre Fertigung noch nicht ganz aufgeben wollten. „Diese bekommen von uns dann einen Fenster-Bausatz mit fix und fertigen Rahmenhölzern. Verleimen, Anschlagen und alle weiteren Arbeitsschritte möchten diese Betriebe dann noch selbst tätigen.“—

Daniel Mund

So wird bei Reicherter Produziert

Auf einer Centateq S-925 mit zwei Bearbeitungstischen und zwei unabhängigen Aggregaten auf beiden Portalseiten werden Fenster, Türen und mehr hochautomatisiert produziert. Bis zu ca. 25 Fenstereinheiten erledigt die Maschine pro Schicht – mit 3-stündiger Geisterschicht können es auch schon mal 35 FE werden. Weitere Fertigungsspezifika:

  • Autonomer Betrieb der Maschine bis 4 Stunden
  • Fertigung von Wetterschenkel
  • Fertigung von aufgeklebten Sprossen
  • Markierung von Beschlagplatten
  • Montagebohrungen
  • Die Programmierung von Vollblatttüren wurde durch Fa. Reicherter über woodWOP selbst übernommen.
  • Die Maschine wurde von Homag komplett programmiert und eingefahren.
  • Eckverbindung: Prüller Ecke und Konter/Dübel
  • Softwareanbindung mittels Klaes
  • Fenstersysteme: Holzfenster IV 80/92, Denkmalschutz IV 68, Holz/Alu Fenster IV 80/92, Holz/Alu Fenster „light“ IV 80/92, Holz-und Holz-Alu-Haustüre IV 80/92 (auch flächenbündig), Holz/Alu Hebe- Schiebetüre IV 80, Raumteiler IV 92, Pfosten/Riegel
  • Beschlaglieferant: Roto

www.reicherter-fenster.de

Experten-Frage

GLASWELT – Reicherter nutzt das CNC-Programmiersystem woodWop und auch die Cloud-Plattform Tapio. Was wurde hier realisiert und was wäre darüber hinaus noch möglich?“

Thorsten Linke – Reicherter setzt als ERP Klaes ein, welches uns PRJx Dateien übergibt. Mittels dieser Datei werden mehrere MPR Programme (Profilfräsungen, Bohrungen etc.) zu einem Hauptprogramm zusammengesetzt – fast wie ein Legobaukasten. Dieses Programm wird dann an die woodFlex Anlagensteuerung übergeben und entsprechend abgearbeitet. Spannend dabei ist auch die auf den Daten basierende Plausibilitätskontrolle, durch welche wir eine hohe Prozesssicherheit erreichen und dem Bediener Sicherheit geben. Neben dieser Lösung, welche eine extreme Flexibilität bei der Profilerstellung bietet, setzt Reicherter auf die Tapio machineBoard App. Diese App ermöglicht es dem Maschinenbediener, die Maschinenzustände zu überwachen, auch wenn er sich nicht in unmittelbare Nähe der Anlage befindet. Er erhält Pushnachrichten über den Status und kann so schnell und gezielt reagieren. Darüber hinaus verwenden viele unserer Kunden diese App für eine „Geisterschicht“ – also eine mannarme Schicht – um so den Pikettdienst zu aktivieren. Tapio ist somit auch die perfekte Lösung für automatisierte Lösungen bzw. Anlagen.

www.homag.de Halle 14

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