_ Gerade einmal 47 MitarbeiterInnen sind in den luftigen Hallen und Büros im Werk der von Euw Fenster AG im schweizerischen Rothenthurm tätig. Und das, obwohl die gesamte Produktionskette im Werk angesiedelt ist. Vom Rohholzlager über den Zuschnitt der Kanteln bis zur Oberfläche befinden sich alle Prozessschritte unter einem Dach. Ebenfalls integriert ist die Metallbearbeitung für die selbst entwickelten Holz-Alu-Systeme, die mittlerweile einen Anteil von rund 80 Prozent am Gesamtausstoß von ca. 8000 Fenstereinheiten (oder ca. 30 000 m² Fensterflächen) pro Jahr haben.
Alles aus einer Hand
Den direkten Zugriff auf jede Fertigungsetappe haben zu können, ist eine der Maximen von Geschäftsführer Adi von Euw. Maximale Produktionstiefe ist für ihn unabdingbar, um hohe Qualität zu produzieren. Dass dies mit einer verhältnismäßig kleinen Mannschaft gelingt, liegt hauptsächlich am hohen Automatisierungsgrad der Fertigung. Seit der Übernahme des Betriebes im Jahr 1997 hat Adi von Euw konsequent diese Entwicklung vorangetrieben. Von Beginn an war Weinig für ihn dabei ein ganz wichtiger Partner. „Wir besaßen 18 Jahre lang eine UC-Matic-Anlage und waren sehr zufrieden damit“, betont der Geschäftsführer. Als der Markt sich immer stärker hin zu den 3-fach-Verglasungen veränderte, wurde es allerdings Zeit für eine Modernisierung. Die wachsende Profilvielfalt war nicht mehr wirtschaftlich zu fertigen, die Breite der Profile mit den vielen Bohrungen verlangte eine angepasste Technologie. Neben die Qualität trat die Flexibilität als zentrales Merkmal, um auch in Zukunft auf dem Fenstermarkt mitspielen zu können.
Da sei das Conturex-Konzept zur rechten Zeit auf den Markt gekommen. „Das hat mich auf Anhieb fasziniert“, gesteht Adi von Euw. Das System, mit Komplettbearbeitung selbst komplexer Profile in einer Aufspannung, erlaubt den Wechsel von einem Auftrag zum anderen ohne Umstellung. Zudem handelt es sich um ein modulares Konzept, das maßgeschneiderte Lösungen für jede Anforderung ermöglicht. Letztlich sorgte das Baukastensystem dafür, dass die Anlage überhaupt in die Halle passte. Dies war die entscheidende Anforderung der Schweizer Fenstermacher. Darüber hinaus stand ein maximaler Ausstoß von zwei Teilen/min im Lastenheft.
Betriebsbereit innerhalb eines Monats
In mehrjähriger Zusammenarbeit zwischen den Weinig-Spezialisten und dem Fensterbauer entstand ein tragfähiges, bis ins Detail abgestimmtes Konzept. Maßgeblich daran beteiligt war Linus Oehen von der Firma Tre Innova, der von Adi von Euw für die betriebswirtschaftliche Beratung hinzugezogen worden war. Bei der Installation der Anlage zeigte Weinig dann noch einmal seine große Kompetenz: Es galt, den Produktionsausfall so kurz wie möglich zu halten. Und dies unter erschwerten Bedingungen, denn aufgrund des großen Gewichtes der neuen Anlage musste ein neues Fundament gegossen werden. 17 Sattelschlepper brachten die Maschinenteile dann nach Rothenthurm.
Nach den Vorarbeiten und der Anlieferung am 5. Januar gelang es, die Maschine bis Anfang Februar 2015 in Betrieb zu nehmen. „Respekt für diese Leistung von Weinig“, kommentiert von Euw im Rückblick.
Imposanter Teilepuffer
Die Anlage besteht in der Hauptsache aus einer Hobelmaschine, einem Automaten zur Oberflächenoptimierung, einer CNC-Sägestation sowie drei unabhängigen Conturex-Arbeitsbereichen. Anfangs werden die Kantel auf dem 6-spindligen Powermat 1200 formatiert und mit einer hochwertigen Oberfläche versehen. Dieser Bearbeitungsschritt legt die Basis für die spätere Produktqualität. Es folgt ein Feinstschleifvorgang, bei dem rotierende, automatisch zustellende Werkzeuge eingesetzt werden. Damit werde bei hoher Werkzeugstandzeit eine hochwertige Oberfläche auch bei keilgezinkten Kanteln erzielt. Ein Lackzwischenschliff könne meist entfallen, da bei der Imprägnierung oder der Grundierung keine Fasern mehr aufstehen. Nach dem Schleifen werden die Profile einem Puffer zugeführt, der 200 bis 250 Teile fasst. Der Puffer kompensiert auftragsbezogen den Durchlauf-Unterschied zwischen Hobelmaschine und Conturex und gibt dem Anlagenbediener mehr Freiraum.
König der Konturen fährt zweigleisig
Vor dem Conturex ist noch ein CNC-gesteuertes Sägeportal positioniert. Hier wird bereits die Endteillänge hergestellt, die bei von Euw bis zu 5 m beträgt. Im gleichen Arbeitsgang wird anschließend der Conturex beschickt. Das dreigliedrige System umfasst insgesamt sechs Portale mit sieben Hauptspindeln und drei Universalspindeln sowie Bohr- und Ritzaggregate. Die Bearbeitung erfolgt parallel auf zwei Laufbahnspuren, die mit 16 Tischen ausgestattet sind. Vier davon versorgen die Bearbeitungsaggregate im Wechsel mit Fensterteilen. Zunächst erfolgt die Endenbearbeitung. Dann kommen ein Mehrspindelbohrkopf und eine Universalspindel zum Einsatz, die alle CNC-Bohr- und Fräsarbeiten erledigen. „Wir haben uns aus Qualitätsgründen bewusst für Schlitz-Zapfen -Verbindungen entschieden“, sagt Adi von Euw. Allerdings könne das Conturex-System jederzeit auch Dübelverbindungen oder jede andere der gängigen Eckverbindungen herstellen, wenn es der Markt erfordere, erläutert Weinig Verkaufs- und Projektleiter Fenster Dieter van Dyck vor Ort.
Nach den Bohr- und Fräsarbeiten durchlaufen die permanent aufgespannten Profile die abschließende Längsbearbeitung.
Das Profil-Splitting mit ein und derselben Werkzeugkonfiguration sorgt für einen hohen Durchlauf, in den auch Tauchfunktionen integriert werden können. Im Auslauf werden die fertigen Teile auf Qualität kontrolliert und dann an die Rahmenpresse übergeben.
Bei von Euw läuft inzwischen das komplette Produktspektrum über die neue Anlage. Darin eingeschlossen sind Rundbogenfertigung, schräger Zusammenbau von Fenster- und Hebe-Schiebetürelementen sowie Schrägfensterkonstruktionen mit Winkeln von ± 75°. Die geforderten zwei Teile/Minute konnten mühelos realisiert werden. „Grundsätzlich ermöglicht das Konzept sogar Leistungen von über drei Teilen pro Minute“, ergänzt von Dyck.
Den hohen Ausstoß liefert das vollautomatische System mit Ein-Mann-Bedienung und in exzellenter Qualität. „Durch die Zangentisch-Technologie in Verbindung mit hochpräziser CNC-Steuerungstechnologie übertrifft der Conturex in der Präzision sogar die schon sehr gute UC-Matic“, urteilt der Schweizer Präzisionsfensterhersteller von Euw. Auch von der Flexibilität ist der Geschäftsführer überzeugt: „Schräge und gerade Wangen oder Rundbögen können ohne Umstellung jederzeit realisiert werden“, sagt er. Für den derzeit harten Preiskampf in der Schweiz sieht er sich bestens gerüstet: „Ich möchte gar nicht größer werden, aber mit der Anlage sind wir noch besser in der Lage, fast jeden Kundenwusch mit geringem Aufwand zu realisieren.“—
Von Euw Fenster AG
Tradition und High-Tech: Die von Euw Fenster AG in Rothenthurm im Kanton Schwyz besteht seit 1919 und wird heute in der dritten Generation von Adi von Euw geführt. 47 MitarbeiterInnen stellen Fenster und Hebe-/Schiebetüren aus Holz und Holz/Alu Holz her. Die Produktionsleistung beträgt rund 8000 Einheiten pro Jahr; der Kundenkreis besteht aus 65 % Architektenund Bauträger (Neubau), 35 % Direktverkauf an Privat (Sanierung) in der Schweiz. Die meisten der hier produzierten Fenster werden auch selbst montiert. Der durchschnittliche Jahresumsatz betrug in den letzten fünf Jahren 14 Mio. CHF.