_ Ortstermin beim Fensterbauer: Ich sitze in der kleinen Ausstellung der Firma Huber in der bayerischen Gemeinde Griesstätt ganz in der Nähe von Rosenheim zusammen mit dem Inhaber Thomas Huber, drei seiner Mitarbeiter und mit Vertretern der Firmen Meko Schweizer, Biesse, Leitz und ProLogic. Und es geht ans Eingemachte: Heute werden die Systemschnitte durchgesprochen und abgesegnet. Anfang 2015 soll die Theorie dann auch in Produkte umgesetzt und Fenster mit einer völlig neuen Produktionsanlage hergestellt werden.
Schon seit 1920 ist das Unternehmen vor Ort präsent, früher vor allem als Innenausbaubetrieb. Aber auch Fenster produziert man schon fast 30 Jahre lang. Und zwar mit einer Winkelanlage von Okoma. Jetzt allerdings wurde es mit der Ersatzteilversorgung immer schwieriger – gerade was die elektronischen Bauteilen angeht. Die Schaltmodule von Siemens sind einfach nicht mehr verfügbar.
Anlageninvestition aus Personalmangel
Für die Biesse-Anlage hat sich Huber schon länger interessiert, „aber erst als jetzt die Anlage auch ein umfangreiches Puffermagazin integriert hatte, habe ich zugeschlagen.“ Schließlich ist es für ihn besonders wichtig, dass die Maschine nach der Bestückung selbstständig Aufträge abarbeiten kann. Denn: In seiner Region herrscht quasi Vollbeschäftigung und es werde immer schwieriger, an gute Fachkräfte heranzukommen, die er eigentlich bräuchte. So soll die neue Anlage das Unternehmen in die Lage versetzen, auch mit fünf Mitarbeitern auf dem Markt bestehen zu können.
„Ich habe mir alle Angebote der deutschen Maschinenbauer angeschaut – die Aussagen, die auf der Messe getätigt wurden, waren mir aber zu schwammig.“ Letztlich sei die Beratungskompetenz von Biesse in Persona des Produktmanagers Markus Süß und das gemeinsame Netzwerk mit Meko, Prologic und Leitz das ausschlaggebende Kaufargument gewesen.
Ganz klar gesetzt war für ihn der Partner Meko. Hier habe er schon in der Vergangenheit seine guten Erfahrungen mit der Holz-Alu-Plattform machen können. Noch dazu unterstützt ihn der Schweizer Systemanbieter in anderen technischen Belangen und verschafft ihm kaufkräftige Kunden durch die Benennung auf der Meko-Homepage.
Operation am offenen (Produktions-)Herzen
Die Investitionssumme beziffert Huber in seinem Fall auf unter 350 000 Euro. Und gemeinsam ist man sich sicher: Die Maschine wird über den Jahreswechsel aufgebaut. Markus Süß hält dabei alle Fäden in der Hand. Es sagt: „Wir bauen gerade in der Niederlassung in Elchingen die Anlage zusammen und Prologic spielt die Software auf. Wenn alles steht, werden die Mitarbeiter von Huber bei uns umfassend mindestens eine Woche lang eingelernt.“
Was die Fertigung beim Schreinerbetrieb angeht, verdeutlicht Süß die Brisanz: „Wir machen sozusagen eine Operation am offenen Herzen.“ Geplant ist, dass Huber die Produktion Mitte Dezember einstellt und für drei bis vier Wochen keine Fenster hergestellt werden können. Nach dem Jahreswechsel soll dann der Hebel für die neue Produktion umgelegt werden.
Thomas Reuter, Verkaufsleiter Süd von Prologic, erläutert die Konsequenzen der Umstellung: „Herr Huber investiert nicht nur in eine neue Anlage, sondern in eine neue Philosophie.“ Das bedeutet: Die ganze Organisation im Betrieb werde auf die Einzelteilfertigung umgestellt. Der Fertigungsablauf wird dadurch völlig neu definiert. Für eine möglichst reibungslose Umstellung hat sich das Projektteam im Vorfeld bis ins Detail mit dem Unternehmen und seiner Produktion beschäftigt. Gemeinsam hat man sich den Betrieb angeschaut. „Dieses Wissen ist notwendig für den Projekterfolg,“ so Meko-Verkaufsberater Alfons Wachter. Thomas Huber hat seine Wünsche und Anforderungen definiert und dann wurden entsprechende Fensterschnitte angefertigt. „Am heutigen Tag werden schließlich alle Unklarheiten beseitigt und die Fensterschnitte durch den Auftraggeber bestätigt,“ ergänzt Werner Spohn, Meko-Verkaufsleiter für Deutschland.
Wichtig sei, dass alle Komponenten im Vorfeld abgestimmt sind, damit nachher alles rund laufe. Aber zugleich werde auch an die Zukunft gedacht: „Wenn Herr Huber später das Fertigungspaket noch an gewissen Stellen erweitern möchte – sei es in der Anlagentechnik oder der Software oder im Werkzeug – dann ist das problemlos machbar.“ Man hätte bewusst keine „Einbahnstraße“ verkauft, so Markus Süß.
Thomas Reuter (Prologic) verdeutlicht die Wichtigkeit der Abstimmung: „Wenn der Werkzeuglieferant Leitz nur eine kleine Schneide ändert, kann der Programmieraufwand wirklich sehr erheblich sein und uns einige Tage Zeit kosten.“
Plugtec-Innovation verhalf Leitz zum Auftrag
Auch die Fensterkonstruktion beim Schreiner Huber hat sich geändert: Statt wie früher mit Schlitz und Zapfen, werden jetzt die Einzelstäbe mit der speziellen Verbindung von Leitz zusammengefügt: „Die PlugTec-Verbindung war ein ausschlaggebendes Argument für die Werkzeugbestückung mit Leitz,“ verdeutlicht Thomas Huber. Martin Kenntner und Engelbert Tiefenthaler von Leitz erläutern die Vorteile: „Das Dübeln bei der Eckverbindung in Verbindung mit der CNC-Technik ist seit vielen Jahren in Verwendung,“ aber mit PlugTec könne man noch effizienter hohe Stabilität und kostengünstige Herstellung in Einklang bringen. Dabei werden am Fensterkantel Zapfen angefräst und gerundet. Langlöcher am Gegenstück ergeben eine exakte, stabile und formschlüssige Verbindung. Die Stabilität dieser Verbindung habe selbst die Konstrukteure überrascht, berichtet Kenntner: Produkttests am ift bestätigen eine Tragkraft für Flügelgewichte bis zu 150 kg schon bei einer Holzdicke von 68 mm. Damit weise die neue PlugTec-Eckverbindung eine bis dato unerreichte Stabilität auf und übertreffe sogar die Schlitz-Zapfen-Verbindung.
Die Verbindungsgeometrie von PlugTec erlaube eine passgenaue und kostengünstige Herstellung in einer Maschinenaufspannung – ohne zusätzlich benötigte Verbindungselemente. Durch die Vermeidung von Dübellochbohrungen, die Reduzierung des Materialverbrauchs und die Einsatzmöglichkeit kleiner Werkzeugdurchmesser sei eine wesentlich wirtschaftlichere Herstellung im Vergleich zu herkömmlichen Verbindungstechniken möglich.
Projektpartner bilden eine starke Gemeinschaft
Fenstermacher Huber hat ein Gesamtpaket gewünscht und wird es wohl auch erhalten. Er gibt freimütig zu: „Ich weiß gar nicht, wie teuer das Werkzeug oder die Software ist – ich habe mich auf den Gesamtpreis konzentriert.“ Ganz besonders wichtig ist ihm aber die Tatsache, dass alle Projektpartner miteinander reden und sich austauschen.
Martin Kenntner von Leitz meint abschließend: „Den Trend, dass kleinere Fensterhersteller ihre Produktion aufgeben und zum Händler mutieren, sehen wir nicht.” Denn am Beispiel der Firma Huber werde deutlich: Zahlungskräftige Kunden verlangen Handwerker, die beste Qualität und individuelle Lösungen anbieten können. Und der Fensterhersteller selbst scheint sich auf die Anlage und die Umstellungen nicht nur gut vorbereitet zu haben, er sieht auch der Zukunft gelassen entgegen und sagt: „Mit dieser Maschine möchte ich alt werden.“—
Die GLASWELT bleibt dran: Wir fragen nach Inbetriebnahme der Anlage bei der Fa. Huber nach, ob alle Versprechungen der Projektparner auch eingehalten werden konnten.
Huber bietet sich keinen Preiskampf
Die Fenstermacher aus Griesstätt sind Hölzerne durch und durch. Hier gibt es Fenster aus Fichte und Lärche, Eiche und auch aus europäischer Kiefer. Auf die Frage, ob man denn einem Kunden auch ein Kunststofffenster verkaufen würde, kommt die spontane Antwort: „Nur als Kellerfenster“ – und ist entsprechend abwertend gemeint. Huber hat aber auch eine ganz pragmatische Begründung: Selbst in seinem kleinen Ort Griesstätt gäbe es bereits vier „Alleinmeister“, wie er die Kleinstunternehmer nennt. Die würden als Fachhandelspartner der Kunststoffproduzenten auftreten und sich gegenseitig eine Preisschlacht bieten.Huber zielt dagegen auf eine ganz andere Klientel: „Wir waren von 2007 bis 2011 Aussteller auf der BAU in München. Dort haben uns Architekten aus dem Münchener Raum entdeckt, mit denen wir jetzt langfristige Geschäftsbeziehungen pflegen.“ Außerdem würden immer wieder auch Planer und Architekten durch die Erwähnung auf der Meko-Internetseite auf ihn aufmerksam gemacht werden.
Die Paket-Beteiligten
Eine Plattform, vielseitige Lösungen: Fensterbauer erhalten mit dieser Offerte die Möglichkeit, auf eine bewährte Paketlösung zurückzugreifen. Darin enthalten sind die Anlage selbst, die Software zur Fertigungssteuerung, ein Werkzeugsatz und die Fensterplattform von Meko. Großer Vorteil dabei: Es steht ein Ansprechpartner für die komplette Fertigungstechnik zur Verfügung. In der Paketlösung ist auch eine Bestückung der Anlagen mit Oertli-Werkzeugen wählbar.
Prologic
Der Softwareanbieter Prologic entwickelt seit 1985 modulare Software für den Fenster- und Türenbau. Das Unternehmen mit Firmensitz in Rottendorf bietet Lösungen für die Büroorganisation (FenOffice) und die Fertigung (FenDesign). Thomas Reuter von ProLogic gibt an, dass 3000 Lizenzen insgesamt, davon 1800 in Deutschland, verkauft sind.
Biesse
Der Anlagenbauer Biesse hat seinen Stammsitz in Pesaro/Italien. In Deutschland gibt es die Vertriebsniederlassungen in Elchingen und Löhne. Hier werden auch die Ersatzteilversorgung sowie der gesamte Servicebereich koordiniert. Das neue UniLine-Bearbeitungszentrum sei in der DACH-Region bislang 10-mal ausgeliefert worden, so Markus Süß. Die Anlage sei geeignet für kleine und mittelständische Betriebe. Die Maschine benötige nur ein paar Quadratmeter und produziere Standard- und Sonderfenster, während der Bediener andere Arbeiten durchführen könne.
https://www.biesse.com/de/holz/
Leitz
Die Leitz-Gruppe gehört zu den wichtigsten Herstellern von Präzisionswerkzeugen zur Holz- und Kunststoffbearbeitung. Das Unternehmen beschäftigt ca. 4300 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2013 einen Umsatz von 460 Mio. Euro. „50 Prozent der Holzfenster in Deutschland werden mit Werkzeugen von Leitz produziert,“ ist sich Martin Kenntner sicher. Dabei betont er: Der Fensterbau ist die Champions League in der Massivholzbearbeitung, denn Werkzeug und Anlagen sind zu 100 Prozent für die Eigenschaften des Endproduktes verantwortlich. Das sei beim Möbelbau anders.
Meko
Meko ist eine Marke der Ernst Schweizer AG. Die direkten Kunden dieses Holz/Metall-Systemgebers sind Fensterhersteller in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Der deutsche Markt wird von der Meko Verkaufsleitung Deutschland in Marbach / Neckar betreut. Bei den Holz/Metall-Systemen reicht ein einziger Werkzeugsatz aus, um sämtliche Holz- und Holz/Metall-Fenstertypen (Fenster- und Schiebetürsystem 32, Wohnbaufenster, Holzfenster, Sanierungsfenster, Renovationsfenster, Pfosten-Riegel-Systeme) herzustellen. Das spart Zeit und Kosten, die Umrüstzeiten werden kürzer und die Werkzeugkosten verringern sich deutlich.