_ Wie sieht die Fensterzukunft aus, wenn man sie aus der Sicht von Verarbeitern und Monteuren betrachtet? Klebetechnologie, alternative Werkstoffe, neue Montagekonzepte oder Vakuumglas? Was kann die Lösung sein? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Kunststoff-Profilhersteller aluplast auf seinem Innovationstag in Eisenach. „Wir sind als Innovationsführer bekannt und machen uns fortwährend Gedanken darüber, wie die Zukunft der Fensterherstellung und die Fenstermontage aussehen wird. Dabei schauen wir auch über den Tellerrand hinaus. […] Es ist uns wichtig Impulse und Denkanstöße zu geben, wie sich unser Markt entwickelt und welche Chancen und Möglichkeiten daraus resultieren“, erklärt aluplast-Geschäftsführer Patrick Seitz zum Start.
Renaissance des VIG
Damit in der Zukunft wieder einmal „echte Innovationen“ stattfinden, wurde auf der Veranstaltung das Vakuumisolierglas (VIG) durch Beiträge von Peter Schober von der Holzforschung Austria und Ralf Greiner von Guardian thematisiert.
Die Vorteile von VIG liegen auf der Hand: exzellente U-Werte, hohe statische Tragkraft und ein geringes Gewicht. Ralf Greiner, Leiter der Anwendungstechnik vom Glashersteller Guardian Glass, stellte die Vakuumverglasung Vacuum IG vor. Hier kommen vorgespannte Gläser mit einer Low-E Beschichtung zum Einsatz, die ein bleifreies Glaslot haben. Je nach Ausführung können so Ug-Werte bis zu 0,45 erreicht werden – wobei die Grenzen noch nicht erreicht seien, wie Greiner betonte. Ein weiterer Aspekt ist das Gewicht. Vakuumgläser sind bis zu 75 Prozent dünner und 33 Prozent leichter als die handelsübliche Dreifachverglasung.
Wenn die Vorteile so auf der Hand liegen, warum verwenden Verarbeiter nicht einfach Vakuumglas anstelle von herkömmlichem Isolierglas? „Mit Vakuumglas ist ein höherer Glaseinstand notwendig. Wir brauchen neue Konstruktionen, um Vakuumglas effektiv nutzen zu können“, erklärte Peter Schober, Leiter des Fachbereichs Fenster der Holzforschung Österreich (HFA), in seinem Vortrag. Im Rahmen eines Forschungsprojektes hat er sich mit der technischen Integration von Vakuumglas-Elementen in Fenstersystemen beschäftigt (die GLASWELT hatte bereits berichtet).
Dass es schon heute möglich ist, Fenster mit geringerem Gewicht zu bauen, zeigt die Firma Fenstertechnik brand: Im Unternehmen wird seit Jahren schon ein stringentes Fertigungskonzept mit der vollintegrierten Klebetechnik gefahren.Das Konzept „energeto“ ermöglicht es mit den Technologien bonding inside (Klebetechnik) und powerdur inside (glasfaserverstärkte Kunststoffstege), hochwärmedämmende Fenster ohne die Wärmebrücke Stahl zu fertigen. So lassen sich einige Kilogramm einsparen: „Der Vorteil, den wir über die stahllosen Systeme generieren können, fällt bei unseren Handelskunden und unseren Monteuren stark ins Gewicht“, erklärt Geschäftsführerin Birgit Brand. „Sie wissen es sehr zu schätzen, wenn eine Balkontür bei der Montage 10 bis 12 Kilogramm leichter ist.“
Nach der Vortragsagenda hatten alle 150 Tagungsteilnehmer die Gelegenheit, in den hochmodernen Fensterbetrieb von brand reinzuschnuppern. Mehr als 70 000 Fenstereinheiten und 6000 Haustüren werden hier pro Jahr produziert. Dabei bringt es Geschäftsführer Tobias Voigt bei der Unternehmensvorstellung und Darstellung der energeto-Profilverarbeitung auf den Punkt: „Entweder man führt die Klebetechnik durchgängig ein oder man lässt es.“ Ein bisschen Klebetechnik im Produktionsprozess zu integrieren würde die Vorteile, die sich aus der Klebetechnik ergeben wieder zunichtemachen.—
GLASWELT Chefredakteur Daniel Mund hat aluplast-Vertriebsleiter Jürgen Huber auf dem Innovationstag ein paar Fragen gestellt:
GLASWELT – Herr Huber, hier auf dem Innovationstag haben Sie das Vakuumglas thematisiert. Darüber redet die Branche aber doch schon jahrzehntelang. Warum kommt das bei Ihnen jetzt wieder auf die Tagungsordnung?
Jürgen Huber – Die demografische Entwicklung wird die Thematik, dass wir bereits heute schon zu wenig Monteure und zukünftig auch noch weniger Lkw-Fahrer haben, weiter verschärfen. Tiefere Bautiefen und schwerere Fenstersysteme sind aus unserer Sicht nicht die Lösung. Im Gegenteil: Die körperliche Belastung der Monteure wird weiter zunehmen und auch das zu transportierende Volumen nimmt bei gleichbleibender Stückzahl durch den Bautiefensprung um 20 Prozent zu. Eine Lösung dieser Herausforderungen am Markt kann aus unserer Sicht nur in der Reduzierung der Glasstärken und Glasgewichte liegen, da wir als Branche sonst Gefahr laufen, den Markt durch die vorher genannten Einschränkungen nicht ausreichend bedienen zu können. Deshalb ist es für uns wichtig, die Thematik für die Branche wieder auf die Agenda zu rufen, um gemeinsam Druck aufzubauen, dass die Entwicklung für leichtere Glaslösungen unabdingbar ist. Mit dem Bau des ersten europäischen Glaswerks für Vakuumglas wurde jetzt auch ein erster Schritt seitens der Glasindustrie getan.
GLASWELT – aluplast ist bekannt als Innovationstreiber. Der letzte große Wurf war der Multifalz und aluskin function, ein System das ganz auf den Einsatz von Aludeckschalen abzielt. Beide Profile sind 2017 auf dem Markt gekommen. Wann dürfen Ihre Kunden wieder mit pfiffigen Produktideen aus Ihrem Haus rechnen?
Jürgen Huber – Wir haben schon vor mehreren Jahren begonnen, mit einer strategischen Innovationsroadmap zu arbeiten, über die wir versuchen Trends und Markteinflüsse frühzeitig zu erkennen. Dabei haben wir im Laufe der letzten Jahre unsere Sichtweise auf das Thema Innovation angepasst. Wir fokussieren uns dabei nicht mehr ausschließlich auf das Produkt, sondern arbeiten zunehmend technologie- bzw. prozessorientiert. Aktuell beschäftigen wir uns sehr intensiv mit der Weiterentwicklung von zwei erfolgreichen Technologien, die wir dann voraussichtlich auf der FENSTERBAU FRONTALE einem breiteren Publikum vorstellen werden.
GLASWELT – Die Klebetechnologie liegt Ihnen als Systemgeber am Herzen. Warum eigentlich und wie hoch ist der Anteil bei Ihren Kunden, die die Klebetechnik einsetzen?
Huber – Aufgrund der Weiterentwicklung auf den Multifalz können wir nur schwer ermitteln, wie viele Profilmeter geklebt oder konventionell verstärkt werden, da beides mit den gleichen Flügelprofilen möglich ist. Um Ihnen einen Eindruck für die Akzeptanz der Technologie bei unseren Kunden zu geben, können wir aber sagen, dass auf unsere Kunden bezogen 62 Prozent unseres Verkaufsvolumens in Deutschland für die automatisierte Verklebung eingerichtet ist. Berücksichtigen wir zusätzlich die manuellen Klebepumpen, sind wir sogar bei rund 73 Prozent.
GLASWELT – Sie haben Ihren Verarbeitern angeboten, ganz individuell die Wirtschaftlichkeit des Klebesystems energeto im Vergleich zu herkömmlichen Systemen zu überprüfen. Sind Sie sich sicher, dass die Ergebnisse dabei immer für energeto sprechen?
Huber – Unser Ziel ist es nicht mit energeto eine günstigere Lösung zu den bestehenden Stahlsystemen am Markt anzubieten. Wir wollen unseren Kunden viel mehr einen Mehrwert bieten, mit dem sie sich im Wettbewerb differenzieren können. Da der Produktmix und die Gegebenheiten bei den Verarbeitern sehr individuell sind, möchten wir keine Pauschalaussagen treffen, sondern mit unserem Kalkulationstool auf die individuellen Anforderungen der Kunden eingehen. Aber wenn man sich die Vorteile anschaut, die eine größtenteils stahllose Fertigung mit sich bringt, konnten wir bei vielen unserer Kunden die Wirtschaftlichkeit nachhaltig bestätigen.
GLASWELT – Was zeichnet das Unternehmen Fenstertechnik Brand hier in Ifta aus, das wir besichtigt haben? Was setzen die Fenstermacher besonders gut um?
Huber – Der Grundgedanke, den Stefan Brand immer angetrieben hat und auch heute noch das Unternehmen prägt, ist offen für Neues zu sein, sich gegenüber Marktbegleitern zu differenzieren und nie stehen zu bleiben. Auch intern arbeitet die ganze Mannschaft von der Brand Fenstertechnik permanent an Weiterentwicklungen und Verbesserungen. Neben innovativen Produkten hat die Firma auch laufend in moderne Fertigungstechnik und Infrastruktur investiert, um neben dem Anspruch an hohe Qualität den Anforderungen an kurze Lieferzeiten gerecht zu werden.—