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Zäsur bei Wertbau

Auf dem Weg zur europäischen Fenster AG

Der Bauausrüster AFG Arbonia-Forster-Holding AG übernimmt zum 01. Oktober 2015 (vorbehaltlich des Kartellentscheids) den Fensterhersteller Wertbau. Gleichzeitig scheidet der Gründer Rainer Taig aus dem operativen Geschäft aus. Die neue Wertbau-Führungsriege besteht künftig aus den Geschäftsführern Carsten und Stefan Taig sowie dem Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsleitung Marcel Frei. Zum AFG-Konzern (www.afg.ch) gehören bereits die drei Fensterhersteller EgoKiefer, Slovaktual und Dobroplast. Die AFG will durch den Umbau zum europäischen Marktführer im Fensterbau aufsteigen und den österreichischen Konkurrenten Internorm hinter sich lassen, wie der AFG-Chef Alexander von Witzleben auf einer Medienkonferenz Mitte August ausführte.

Wertbau-Firmengründer Rainer Taig zeigte sich auf der Pressekonferenz vom 14. August erleichtert und wehmütig zugleich: „Ich habe gestern den Firmenverkauf der Belegschaft mitgeteilt. Das Gute dabei ist die Tatsache, dass wir nicht verkünden müssen, dass wir Leute entlassen müssen. Im Gegenteil: Am Standort Langenwetzendorf könnten durch die neue Konstellation sogar bis zu 100 neue Arbeitsplätze entstehen. Auf der anderen Seite ist der Verlust unserer unternehmerischen Selbstständigkeit natürlich auch kein leichter Gang gewesen.“

Geplant sei, dass der Wertbau-Standort Langenwetzendorf zum Produktionszentrum für Holz- und Holz-Aluminium-Fenster der Division-Gebäudehülle des AFG-Konzerns ausgebaut werden solle. Die EgoKiefer-Fertigungsstätten in Altstätten und Villeneuve in der Schweiz sollen im Gegenzug komplett geschlossen werden. Damit produziert EgoKiefer selbst keine Fenster mehr. „Wir wollen den Holz- und Holz-Aluminumausstoß in Langenwetzendorf verdreifachen,“ so Rainer Taig gegenüber der GLASWELT, der nach der Wertbau-Integration in den AFG Konzern weiterhin als Berater die Geschicke des Unternehmens im Auge behalten will.

Marcel Frei erläuterte in der Pressekonferenz das Procedere der Umstrukturierung: „Schon jetzt liefert Wertbau Bauelemente für EgoKiefer. Anfang 2017 werden wir mit der physischen Umstrukturierung beginnen. Diesen Verlagerungsprozess werden wir dann innerhalb eines Jahres abschließen. In Zahlen ausgedrückt: Aktuell arbeiten bei Egokiefer in der Schweiz 850 Mitarbeiter. Geplant sei es, dort rund 500 Arbeitsplätze in Vertrieb, Marketing und Entwicklung zu erhalten. In Langenwetzendorf arbeiten aktuell rund 300 Angestellte, die 2014 einen (nicht konsolidierten) Umsatz von 35 Mio. Euro erwirtschaftet haben. „Für dieses Jahr gehen wir von mindestens der gleichen Menge aus,“ so Carsten Taig, der jetzige und künftige Vertriebs-Geschäftsführer. „In den letzten Jahren haben wir auch ungewöhnliche Zustände hinnehmen müssen: War man aus der Geschichte eigentlich immer nur gewohnt, dass die Umsätze stetig stiegen, haben wir in den letzten drei Jahren auch lernen müssen, dass Umsätze stagnieren oder sogar zurückgehen können.“ Ob Wertbau auch in Zukunft Kunststofffenster produzieren werde, würde momentan noch geprüft werden.

Die AFG AG ist ein Bauausrüstungskonzern mit Hauptsitz in Arbon (Schweiz). Die Business Units bieten Produkte für Außenhülle und Innenraum von Gebäuden. Aktuell berichtet der Konzern über ein enttäuschendes Halbjahresergebnis: Der organische Umsatz sei um 4.6 % auf 425,1 Mio. Schweizer Franken (ca. 392 Mio. Euro) gesunken. Man schreibe einen operativen Verlust (EBIT) vor Sondereffekten von 2,9 Mio. SFR und berichtet von starkem Gegenwind beim Geschäft mit der Gebäudehülle. Eine Kapitalerhöhung in Höhe von 200 Mio. Franken sei vereinbart worden und nicht selbst genutzte Immobilien in Höhe von 50 Mio. Franken sollen auf den Markt gebracht werden. Der Turn-Around solle bis 2018 geschafft sein. Dann wolle man wieder schwarze Zahlen schreiben. Teil des Plans sei es, Produktionen ins europäische Ausland zu verlagern. Das solle die langfristige Wettbewerbsfähigkeit in Europa sichern. Mit dem Kauf des deutschen Fensterherstellers Wertbau mache man einen wichtigen Schritt zu einem führenden Fensteranbieter in Europa, dank des Zugangs zum größtem europäischen Fenstermarkt sowie zusätzlicher Produktionskapazität in Ostdeutschland. EgoKiefer bleibe mit 500 Mitarbeitenden der führende Schweizer Fensteranbieter.

Daniel Mund

387 Kastenfenster für das Berliner Schloss

Wertbau liefert aktuell 387 Kastenfenster für das neue Berliner Schloss (die GLASWELT wird über die Produktion und Montage der Fenster im XXL-Format in einer ihrer nächsten Ausgabe exklusiv berichten). Am Firmenstandort in Langenwetzendorf wurden zur Pressekonferenz die ersten fertiggestellten Fenster, die in ihrer Größe, Qualität und Sicherheit alle bisher bekannten Dimensionen übertreffen, gezeigt. Das größte der Holzkastenfenster erreicht eine Höhe von über 6,60 m und misst in der Breite mehr als 2,83 m und wiegt allein 700 kg. Produziert und geliefert werden außerdem das Eingangsportal, Kastenverkleidungen und zahlreiche Sonderanfertigungen. Der Auftrag umfasst ein Volumen von ca. 3,5 Mio. Euro, davon etwa 2,1 Mio. allein für Fenster (ohne Glas) und etwa 1,5 Mio. für Zusatzaufträge wie Holzverkleidungen. Der Einbau am Schloss startet im September 2015.

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