_ Zügig und exakt zieht Anwendungstechniker Oliver Vogler mit der Airbrush-Farbsprühpistole einen grauen Farbstreifen über die „Schattenfuge“ der Eck-Schweißnaht der Hebe-/Schiebetür. Dann folgt die äußere Seite der Ecke und noch einmal über die Schweißnaht. Kurz gewartet – fertig. Mit dem Finger prüft er den Farbstreifen und zeigt den beiden Mitarbeitern der Firma Schmidt in Delbrück-Boke, dass die Farbe trocken ist. „So schnell geht das tatsächlich“, sagt Vogler. Das sei keine Hexerei, sondern nach kurzer Übung einfach und präzise zu handhaben.
Die eigentliche Kernkompetenz der Firma Vogler liegt in der hochwertigen Beschichtung von Kunststoffteilen für die Automobil- und Elektroindustrie. Der Qualitätsanspruch dieser Branchen ist sehr hoch: Ein Pickel auf dem Lack und der Kunde verliert das Vertrauen in „seine“ Marke. Dieses Niveau lasse sich aber auch auf Produkte der Fensterindustrie übertragen, bemerkt Henning Mühlhaus, Vertriebsleiter bei Vogler. Mit diesem hohen Anspruch nahm Vogler Kontakt mit der Fensterbranche auf, um sein Geschäft zu diversifizieren. Mühlhaus, Schulfreund vom geschäftsführenden Gesellschafter Ingo Vogler und erfahren in der Fensterbranche, stellte die Kontakte her.
Das Applikationsverfahren ist der Clou
Neu ist bei der Beschichtung nicht der Lack, sondern das für die Fensterbranche größtenteils unübliche Verfahren. Lackiert werden die Kunststoffprofile nämlich mit UV-härtenden Lacken, die sich durch eine besondere Oberflächenhärte auszeichnen. Außerdem können sie zügig weiter verarbeitet werden, weil sie schneller trocknen und aushärten als andere Lacke (siehe Infokasten). Dabei arbeitet Vogler mit vollautomatischen Flächenlackieranlagen mit zwei- oder dreikomponentigen Misch- und Dosieranlagen, die jederzeit reproduzierbare Ergebnisse liefern und innerhalb weniger Minuten versandbereit sind.
In der Regel liefern Profilhersteller bzw. Systemgeber die meist sechs Meter langen PVC-Profile direkt nach Lüdenscheid. Dort werden diese lackiert und nach fünf bis sieben Tagen an den Fensterbaubetrieb geliefert, der daraus die späteren Fenster herstellt – oder Firma Schmidt bekommt die Profile und stellt daraus Hebe- und Schiebetüren her, die dann schlussendlich an den Fensterbaubetrieb geliefert werden.
Dazu Günter Kordsmeier, Geschäftsführer Schmidt GmbH: „Wir sind einer der führenden Hersteller von Hebe- und Schiebetüren im deutschsprachigen Raum sowie in den Beneluxstaaten. Die neuen lackierten Oberflächen von Vogler haben uns überzeugt und wir sind sehr gespannt, was unsere Kunden auf der Messe dazu sagen werden.“
Oberflächengüte wird ganz groß geschrieben
„Mit unseren hochwertigen Produkten wollen wir ganz klar den anspruchsvollen Kunden erreichen, der großen Wert auf Individualität und Qualität setzt“, betont Henning Mühlhaus. Anders als bei den bekannten Farblösungen auf dem Markt ließe sich mit dieser Lösung eine ungleich farbenreichere Auswahl treffen und zum Beispiel jede RAL-Farbe aufs Profil bringen.
„Die Lieblingsfarbe der Ehefrau, der Farbton des neuen Autos – alles kein Problem mit unserer Lösung“, sagt Mühlhaus. Auch der Glanzgrad sei wählbar: Ob hochglänzend, seidenmatt oder mit einer Strukturlackoberfläche. Zudem betont er immer wieder die hohe Kratzfestigkeit der Oberfläche: „Der Kunde bekommt dieselbe Oberflächengüte und -härte, die auch bei Lackierungen im Kraftfahrzeug-Innenraum üblich sind.“ Außerdem sei die fertig lackierte Fläche nicht überstreichfähig, was sie sozusagen resistent gegen Graffiti mache.
Nachträglich aufgebrachte Verschmutzungen, also auch Verunreinigungen aus der Farbsprühdose, ließen sich mit handelsüblichen Mikrofasertüchern – ohne Reinigungsmittel – wieder abwischen.
Farbe durchgehend – auch in den Ecken
Damit die hohe Oberflächenqualität auch die Schweißnähte bei der Eckverbindung abdeckt, hat sich Vogler etwas Besonderes ausgedacht. Da dem Unternehmen die bisherige Lösung mit Farbstiften nicht hochwertig genug erschien, wurde eine Lösung mit Airbrush-Pistole erarbeitet. Eine Demonstration vor den Augen der GLASWELT-Redaktion in der Schmidt-Fertigung stieß auf großes Interesse der dortigen Mitarbeiter. Nach kurzer Einweisung und einigen Probeläufen hatte der Mitarbeiter seine eigene Schweißnaht lackiert.
Damit sich diese Lackierung nicht vom restlichen Profil unterscheidet und der Kunde keine Lackierkabine anschaffen muss, hat Vogler eine besondere, wiederverschließbare Kartusche entwickelt. In dieser Kartusche werden der Grundlack und ein Härter automatisch im richtigen Verhältnis gemischt. Die Farbe sprüht man anschließend mit der Airbrush-Pistole auf und in einer Minute ist die Lackierung trocken. Hiermit sei eine Farbechtheit und langjährige UV-Stabilität gegeben. Das bisherige Nachlackieren mit oftmals nicht UV-stabilen Acyllacken entfällt. Eine Kartusche reiche für 50 bis 60 Ecken, gibt Vogler an. Die Kartuschen und das Airbrush-Kit kann der Kunde bei Vogler beziehen.
Den gesamten Arbeitsgang von der Aktivierung der PVC-Fensterprofile über die Applikation bis hin zur forcierten Trocknung hat Vogler zum Patent angemeldet.
Günter Kordsmeier und die Firma Schmidt sehen diese Oberflächengestaltung positiv: „Wir haben ein lange Tradition und sind heute noch ein Familienbetrieb. Unsere Hebe-/Schiebetüren sind eigene Entwicklungen – wir sind also Systemgeber gegenüber unseren Kunden. Da können wir uns keine schlechte Qualität und Ausreißer leisten. Die Vogler-Lackierungen passen gut zu unseren anspruchsvollen Lösungen. Ich bin gespannt, was unsere Besucher auf der Messe in Nürnberg dazu sagen.“
Mitte 2014 wird Vogler in eine neue innovative und effiziente Lackieranlage investieren, die zukünftig 360° Rundumlackierungen erlaubt. Hier erfolgt der Einsatz von umweltfreundlichen Wasserlacken. Recyclingfähig sind die Kunststoff-Fenster nach Aussagen von Henning Mühlhaus sowieso: „Ich bin gespannt, welcher Profilhersteller zuerst auf die Idee kommt, 100-prozentige Recyclingprofile zu produzieren, die wir dann mit einer Lackierung versehen. Den Nachteil durch verschiedenfarbiges Regranulat können wir dann einfach überlackieren.“—
UV-härtende Lacke
UV-härtende Lacke zeichnen sich vor allem durch ihre Oberflächenhärte und die schnelle Weiterverarbeitung aus. Vogler verwendet entweder ein- oder zweischichtige UV-Lacke. Bei der einschichtigen Variante wird das PVC-Profil nur einmal lackiert, anschließend mit UV-Licht forciert getrocknet und ist innerhalb von ein bis zwei Minuten danach verpackungsfertig oder weiter verarbeitbar. Es können nicht alle Farbtöne dargestellt werden.
Beim zweischichtigen Aufbau wird zunächst die farbgebende Schicht aufgebracht (base coat) und mit Infrarotstrahlen getrocknet. Danach wird ein UV-Klarlack aufgebracht, der seinerseits mit UV-Licht getrocknet wird. Hier können alle Farben dargestellt werden. Diese Lackierung benötigt etwas mehr Zeit, zehn bis zwölf Minuten von der Applikation bis zur Verpackung.
Die Oberflächenhärte ist bei beiden Aufbauten so hoch, dass keine weiteren Chemikalien oder Schmutz haften bleiben. Ein weiteres Überlackieren ist nicht möglich. Im Gegensatz dazu brauchen konventionelle Lacksysteme (mit niedermolekularen Pigmenten) fünf bis zwölf Stunden, bis sie verpackungsbereit sind.
Halle 5 Stand 252
Auf der fensterbau/frontale zu sehen:
Die Firmen Schmidt aus Delbrück-Boke und Vogler aus Lüdenscheid stellen jeweils auf eigenen Messeständen auf der „fensterbau/frontale“ in Nürnberg die hochglänzenden Hebe-/Schiebetüren aus. Neu ist dabei nicht der Lackauftrag auf dem PVC-Profil an sich, sondern die Art und Weise und die damit verbundene Kratzfestigkeit. Auch weitere Vorteile gegenüber folierten Profilen oder Alternativen mit Alu-Vorsatzschale möchten die beiden Unternehmen dabei herausstellen.
Halle 6 Stand 129