VFF-Präsident Bernhard Helbing benutzte in seiner Begrüßung das „kölsche Grundgesetz“, um auf die Situation der Branche aufmerksam zu machen: „Et bliev nix wie et wor“* zitierte er das kölsche Grundgesetz um aufzuzeigen, dass die RAL Gütegemeinschaft ihre Anforderungen für die Zertifizierung zum GZ 695 angepasst hat. Ohne die Bezeichnung der Typen bei den Wandungsstärken der Profilsysteme genau zu benennen, kündigte er an, dass künftig bei den RAL-Anforderungen allein die Qualitätsabfrage in Prüfungen das Maß aller Dinge sei. Ein PVC-Profil mit geringer Wandungsstärke sei dann nicht automatisch von der Güteklasse ausgenommen – die Eignung würde sich in den Prüfungen ergeben. „Künftig müssen die Fenster ihre Eignung auf dem Prüfstand beweisen.“
Zuvor hatte bereits Jörn Lass vom ift in seinem Vortrag auf die neuen Prüfanordnungen des GZ 695 hingewiesen. Unter anderen führte Lass aus, dass künftig die angegebenen maximalen Flügelgewichte abgeprüft werden. „Wenn der Hersteller sagt, das Fenster hält 130 kg aus, dann wird es jetzt auch entsprechend geprüft.“ Angepasst wurden die Prüfbestimmungen u.a. auch bei der Beschlagsbefestigung und der Schweißverbindung.
Die Zukunft des Kunststofffensters
Helmut Hilzinger hatte die Aufgabe, den Zuhörern seine Sicht bezüglich der Anforderungen auf die Kunststofffenster der Zukunft zu schildern. Dies absolvierte er, indem er zunächst den Siegeszug dieses Produktes aufzeigte. Gestartet war man 1970 mit einem Marktanteil von 8 Prozent – jetzt dominiere das Material mit Marktanteilen von 56 Prozent. Dabei hätte man aber auch Fehler gemacht: Allzu häufig wurden Elemente zu groß dimensioniert bzw. statisch unterdimensioniert. Aber auch bei der Einfärbung seien anfangs noch viele Probleme entstanden. Die Zukunft des PVC-Profiles sieht er u.a. in Verbindung mit gedämmten Profilen (ausgeschäumt, Verwendung von Einschieblingen, Einbringung von Granulaten) und in der Scheibenverklebung, denn man müsse „weg von den thermisch ungünstigen Stahleinlagen“. In seinem Vortrag appellierte er an die Herstellerkollegen und Systemgeber: „Ehrlichkeit ist gefragt: In den Prüflaboren bitte nicht die optimalsten Rahmenwerte herauskitzeln, die in der Realität keinen Bestand hätten.“
Augen auf beim Holzimport
In der Holzsession wies Eicke Gehrts vom VFF darauf hin, dass es für Fensterholz, welches aus dem nichteuropäischen Ausland eingeführt wird, aktuell zwei parallele Zertifizierungssysteme gebe. Das mache die Arbeit für den Fensterbauer komplizierter. Er wies darauf hin, dass die aktuellen EU-Regelungen in Kürze geändert würden, um zu erreichen, dass in die EU kein illegales, d.h. nicht zertifiziertes Holz, mehr eingeführt werden könne.
Interessiert verfolgten die Zuhörer den Beitrag von Andreas Landgraf von den Heinrich Meyer Werken, Breloh. Er stellte ein Fenstersystem vor, bei dem die Eckverbindungen des Fensters im Flügelbereich ebenso wie im Blendrahmen verschraubt werden. Die Umstellung der Fertigung habe es ermöglicht, die Durchlaufzeiten in der Fertigung um rund 50 Prozent zu senken.
„Die Fugen sind die Schwachstellen – die meisten Schäden am Holzfenster entstehen aufgrund von Undichtigkeiten der Fensterkonstruktion bei den Fugen“, so das Resümee von Dr. Odett Moarcas vom ift. Bei den mechanischen Rahmeneckverbindungen von Holzfenstern habe die Rohdichte des Holzes einen maßgeblichen Einfluss auf die Verbindung – insbesondere bei der mittleren Lamelle, in der der mechanische Verbinder sitzt. Bei solchen Verbindungssystemen hätten mit dem Rahmen verklebte ISO Scheiben positive Einwirkungen.
Österreich: Stark bei Holz-Alu
Dr. Wolfgang Marka von der Haas Group erläuterte, warum in Österreich Holz-Alu und Holzfenster deutlich höhere Marktanteile als in Deutschland aufweisen: In der Alpenrepublik habe das Produkt ein wesentlich besseres Image als hierzulande. 90 Prozent der österreichischen Passivhausfenster seien aus Holz oder Holz-Alu. Es sei gelungen, den Wartungsvorteil des Holz-Alu-Fensters dem Kunden zu kommunizieren. Auch dort liegen die Preise für Holz-Alu (Marktanteil rund 20 %, Deutschland 8 %) etwa 30 Prozent über denen von anderen Systemen. Er machte aber auch deutschen Herstellern Hoffnung: Gerade die ökologischen Qualitäten des Holzfensters werden seiner Aussage nach in Zukunft deutlich stärker in die Verkaufsargumentation mit eingehen.
EnEV-Verschärfungen noch unklar
Hans-Dieter Hegner vom Bundesbauministerium referiere vor dem Plenum über die energetischen Ziele der Bundesregierung. Zur Nivellierung der EnEV 2012 meinte er: „Wir wissen aktuell noch nicht, wie wir für die nächste EnEV die Anforderungen verschärfen können, da wir nicht wissen, was sich gegenwärtig wirtschaftlich umsetzen lässt.“ Im Neubau sei es Ziel des Bundes, ab 2018 nur noch Null-Energie-Häuser oder Plus-Energiehäuser zu bauen. Hegner stellte noch die Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ vor. Hier werden Projekte 50/50 gefördert, d.h. die beteiligten Firmen übernehmen 50 Prozent der Forschungskosten, den Rest der Staat. „Reichen sie Ihre Produktideen ein, und bei erfolgreicher Anerkennung übernehmen wir 50 Prozent ihrer Forschungskosten. Sind Sie ein kleiner Hersteller, verbünden Sie sich mit ihren Kollegen zu gemeinsamen Forschungsteams“, ermutigte er auch kleine Fensterbauunternehmen.
ift-Institutsleiter Ulrich Sieberath erläuterte in seinem Beitrag, dass es in Zukunft auch für Fenster ein Energielabel, vergleichbar mit dem für Elektrogeräte (weiße Ware) geben werde. Dies sei von der EU beschlossen und solle im Dezember eingeführt werden. Damit dieses Label aussagekräftige Werte beinhalte und nicht ausschließlich die Transmission berücksichtige, arbeite das ift aktuell an einem Konzept, das auch weitere Kriterien, etwa die Anzahl der Heiz- und Kühltage, mit berücksichtigt. Auf den Rosenheimer Fenstertagen soll ein entsprechender Entwurf vorgestellt werden. Das Fenster könne mehr als nur einen guten U-Wert liefern. Das Bauteil entwickle sich immer mehr von der Einzellösung hin zu einem mechatronischen Element, das sich mit anderen Fassadenbauteilen vernetzen lasse.
Aufruf zu mehr Marketing
Auch Ulrich Tschorn sprach anschließend das „intelligente Fenster“ an. Mittels Automatisierung lasse sich nicht nur Energie sparen, sondern auch der Nutzerkomfort steigern. „Der Kunde will es auch bequem haben. Bieten sie diese Bequemlichkeit ihren Kunden an.“ Bei einem rückläufigen Marktvolumen müsse der Verarbeiter die Gewinnspanne beim einzelnen Produkt erhöhen. Mit der Individualisierung der Produkte – etwa durch Zusatznutzen und bessere Ausstattung – könne der Fensterbauer die eigenen Margen ausbauen.
In seinem Beitrag beleuchtete Tschorn auch die Entwicklungen des Marktes: Der Zuwachs des letzten Jahres sowie das prognostizierte Ergebnis für 2010 von 4,1 Prozent, sei eindeutig auf das Konjunkturpaket 2 und auf die KfW-Förderung zurückzuführen. Er richtete seinen Appell an die Anwesenden: „Achtung: wo kommen die Umsätze in 2011 und in den Folgejahren her, wenn die Förderung wegfällt. Investieren Sie in Ihr Marketing, bewerben Sie ihre Produkte für die energetische Sanierung bei Ihren Kunden, denn wer heute den Kopf in den Sand steckt, knirscht morgen mit den Zähnen.“
Von VFF-Präsident Helbing wurde Petra Hautau stellvertretend für das ganze Unternehmen Hautau für das 100-jährige Bestehen des Unternehmens geehrt. In ihrer Dankesrede konnte sie sich einen Fingerzeig auf die fehlende personelle Unterstützung der Branche für den Marketingausschuss nicht verkneifen. „Es reicht nicht immer, nur Geld dem Ausschuss zu spenden. Personelle Unterstützung ist genauso wichtig.“
Mehr als jede andere Situation bot der Jahreskongress Gelegenheit, wertvolle Branchenkontakte zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen. Helbing formulierte das nach § 10 des kölschen Grundgesetzes: „Drinkste ene met“.
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Daniel Mund und Matthias Rehberger
* Übersetzt: Es bleibt nichts wie es war. Frei übersetzt: Sei offen für Neuerungen