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Strom aus der Fassade

Photovoltaik: Baustoff der Zukunft?

Grundsätzlich kann man den gesamten Markt nach Einsatzgebieten in drei Sektoren einteilen:

  • Freiflächen: Dieser Sektor beschert der PV durch die hohe Leistungsdichte die größten Zuwachszahlen.
  • Aufdachanlagen: Diese Art von Anlagen ermöglicht Privaten den Zugang zum Stromsektor- ob zur Versorgung des eigenen Haushaltes mit Strom oder zum Beitrag der Stromversorgung ganzer Gemeinden. Vor allem auf großen Hallen- und Stalldächern produzieren etwa in Deutschland viele Landwirte einen nicht unerheblichen Anteil an Solarstrom.
  • Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV): ­Diese Art der Stromgewinnung fügt sich elegant in vorhandene Ortsbilder und Bau­weisen ­ein. Großes Potenzial hat die gebäudeintegrierte Photovoltaik im Fassadenbereich bei Hochhäusern. GIPV ist heute nicht mehr nur dem Neubausektor vorbehalten, sondern wird auch erfolgreich in der Sanierung älterer Gebäude eingesetzt. 2007 wurde z.B. die Hauptschule im oberösterreichischen Schwanenstadt auf Passivhaus-Standard saniert und im Zuge dieser Aktion mit einer PV Fassade ausgestattet.

Was ist gebäudeintegrierte Photovoltaik?

GIPV bezeichnet Solarstromanlagen, die durch ihre Einbindung in die Außenhülle eines Gebäudes andere Baustoffe ersetzen und deren Funktion ­ im Wand- bzw. Dachaufbau übernehmen. Zusätzlich produzieren diese Anlagen Strom wie jede andere PV-Anlage. Aus diesen beiden Funktionen, die die PV-Anlage erfüllt, ergibt sich ein spezielles Anforderungsprofil, dem in der Planung und Ausführung von GIPV-Anlagen Rechnung getragen werden muss. Neben dem Strom produziert eine PV-Anlage auch Abwärme. Die entstandene Abwärme kann entweder abgeführt oder zur Erwärmung der Raumluft im Gebäudeinneren genutzt werden. Dieses System kam bei der Bibliothek „Pompeu Fabra“ im spanischen Mataró zum Einsatz. Über Lüftungsklappen kann die Luft entweder nach außen geleitet oder bei Bedarf, der Haustechnik des Gebäudes zur Verfügung gestellt werden.

Fassadenintegrierte PV-Anlagen müssen als Außenhülle die Tragkonstruktion vor Feuchtigkeit und anderen Witterungseinflüssen schützen. Besonders im Fensterbereich, wo die Photovoltaik ­ als alleinige Schicht zwischen innen und außen fungiert, kommt der PV eine elementare Rolle zu. Andererseits stellt sie auch gewisse Ansprüche an ihre Unterkonstruktion bezüglich Ausrichtung, Neigung und Temperatur. Die Neigung der Module sollte in etwa dem Breitengrad des Standortes entsprechen und das gesamte Gebäude sollte möglichst direkt zum Äquator ausgerichtet sein. Bedingung für optimale Ertragswerte ist eine schattenfreie Fassade. Besonders bei tief stehender Sonne während der Wintermonate ist diese Voraussetzung nicht immer erfüllt. Mittels Sonnenbahnindikatoren kann der ganzjährige Sonnenverlauf mit einem Blick abgeklärt werden.

Moderne Architektur zeichnet sich besonders an der Südseite durch großzügige Glasflächen aus. Genau dort ist das potenziell günstigste Einsatzgebiet für Strom aus der Fassade. Üblicher­weise wird versucht, das Licht der Sonne durch spezielle Glasbeschichtungen oder aufwendige Sonnenschutzkonstruktionen entweder selektiv in das Gebäude zu lassen oder gänzlich ­auszuschließen. All das kann Photovoltaik auch. Doppelglasmodule gehören mittlerweile zum Stand der Technik und werden von unterschiedlichen Produzenten serienmäßig hergestellt. Dabei kommen sowohl kristalline Zellen als auch Dünnschichtzellen zum Einsatz. Ausgehend von einer herkömmlichen Glasfassade können so durch geringe Anpassungen unterschiedliche Typen von Solarfassaden gestaltet werden.

Ein Paradebeispiel für den Einsatz von kristallinen Doppelglasmodulen etwa ist die Fortbildungs­akademie des Landes Nordrhein-Westfalen in Herne. Das lichtdurchlässige Dach schließt die komplett aus Glas ausgeführte Klimahülle nach oben hin ab. Innerhalb der Klimahülle herrscht durch diese Konstruktion ganzjährig Mittelmeerklima. PV Module wurden dort am Dach sowie in der Fassade eingesetzt. Durch wechselnde Zell­abstände in den PV Modulen wird ein unterschiedlich starker Sonnenschutz erzielt. In Bereichen, in denen Gebäude innerhalb der Glashülle stehen, ist die Abschattung stärker ausgeführt um den Bauwerken zusätzlichen Schutz vor Überwärmung zu bieten.

Mit Dünnschichtmodulen lassen sich vollkommen homogen wirkende PV-Fassaden realisieren. Am Beispiel des Telecom Towers in Karthoum (Sudan) haben die österreichischen GIPV-Spezialisten der ertex solar GmbH demonstriert, wie das gemacht wird.

Pro Geschoss kommen ein opakes und ein semitransparentes PV Modul zum Einsatz. Das lichtdurchlässige Modul ist in Fensterhöhe montiert. Durch ein feines Streifengitter, das mit Laser in das Beschichtungsmaterial gebrannt wurde, kann Licht in den Raum dringen, von außen sieht man allerdings nicht hindurch.

Durch den Einsatz von Dünnschichtmodulen wird Photovoltaik erschwinglich und vor allem wirtschaftlich. Gegenüber kristallinen Modulen ist die Dünnschichttechnologie besonders im Fassadenbereich im Vorteil. Es gibt unterschiedliche Halbleitermaterialien, die in Dünnschichtmodulen eingesetzt werden. Im Hinblick auf fassadenintegrierte Anlagen ist in erster Linie amorphes Silizium (a-Si) zu nennen. Da Silizium das zweithäufigste Element in der Erdkruste ist, ist es sehr leicht zugänglich. Im Vergleich zu kristallinen Zellen ist der Materialverbrauch und somit die Produktionskosten um ein Vielfaches geringer. Im Vergleich zu anderen Halbleitern, die mittels Dünnschichttechnologie verarbeitet werden, kann amorphes Silizium vor allem durch jahrelange Erfahrung und Zuverlässigkeit im Betrieb punkten.—

Der Autor

Stefan Nagl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Holzforschung Austria. Energieeinsparung und Klimaschutz gehören mittlerweile zum täglichen Brot der Holzforschung Austria. Seit einiger Zeit zählt die Photovoltaik (PV) als zweite erneuerbare Energieform zu den Beschäftigungsfeldern der ÖGH-Tochter. Eines hatten Photovoltaik und die Holzforschung Austria immer schon gemeinsam: Beide starteten ihre Laufbahn im Jahr 1953.

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