_ Mit knapp 20 Millionen produzierten Fenstereinheiten ist die Internorm International GmbH Europas größte Fenstermarke. Allein für die Fertigung der 3000 Kunststofffenster werden täglich 20 000 Haupt- und 30 000 Nebenprofile zugeschnitten. Martin Peer, Leitung Industrial Engineering bei Internorm: „Ohne modernste Fertigungstechnologien und automatisierte Logistiksysteme ist dieser hohe Output gar nicht zu meistern.“ Genau aus diesem Grund integrierte das Unternehmen bereits 1994 ein vollautomatisches Langgutlager der Friedrich Remmert GmbH. Es gewährleiste die platz- und zeitsparende Bevorratung von 200 unterschiedlichen Hauptprofilen am Produktionsstandort Sarleinsbach in Österreich. Nach über 80 000 Arbeitsstunden im 3-Schicht-Betrieb und über 1,5 Mio. Ein- und Auslagerungen wurde das System nun vollständig modernisiert.
Anforderung: Alles neu in 2 Wochen
Das Anforderungsprofil für das Retrofit (Anm. d. Red.: Darunter wird die Modernisierung oder der Ausbau bestehender Anlagen und Betriebsmittel verstanden) hatte man klar definiert: Remmert sollte das Lagersystem auf den neuesten Stand der Technik bringen, die höchstmögliche Ersatzteil- und Anlagenverfügbarkeit garantieren und die Systemleistung spürbar steigern.
Diese Ziele erforderten neben dem Austausch, der Modernisierung und dem Umbau diverser Anlagenkomponenten auch die Optimierung des bisherigen Materialflusses. „Eine weitere Herausforderung bestand in dem extrem knapp bemessenen Zeitfenster von nur zwei Wochen für die gesamte Modernisierung inklusive Testlauf“, berichtet Peer. Um den termingerechten Produktionsstart nicht zu gefährden, baute Remmert alle Komponenten vorab in der eigenen Produktionshalle auf und überprüfte die Systeme. Die Modernisierungsexperten testeten vor dem eigentlichen Retrofit auch das Update des Warehouse-Management-Systems PRO WMS, das die neue Materialflussstrategie im Lager unterstützt. „Wir haben für Internorm ein Lagerhaltungskonzept entwickelt, durch das wir die Anlagenleistung von 24 Doppelspielen pro Stunde auf bis zu 42 erhöhen konnten“, so Geschäftsführer Matthias Remmert.
Zugleich wurde ein neues Materialflusskonzept eingeführt. Es unterstützt vor allem den zügigen Zugriff auf 30 Schnelldreher, die bei Internorm heute rund die Hälfte der zu bearbeitenden Materialien ausmachen: Sie erhielten Festplätze und werden ausschließlich durch Unterfahrwagen zu den Stationen bewegt bzw. zurückgelagert. Die übrigen 185 verschiedenen Materialsorten, die auf den verbleibenden Lagerplätzen nach dem dynamischen Lagerprinzip bevorratet werden, transportiert heute das Regalbediengerät (RBG) zu den Sägestationen und wieder zurück. „Neben diesen Optimierungen wurden auch die Leerfahrten spürbar reduziert. Sowohl das RBG als auch der Unterfahrwagen realisieren heute fast ausschließlich produktive Doppelspiele“, resümiert Peer.
Den Austausch und die Modernisierung der einzelnen Lagerkomponenten realisierte Remmert während der zweiwöchigen Betriebsferien bei Internorm. In einer spektakulären Aktion wurde die Gebäudeverkleidung der Produktionshalle geöffnet, das alte RBG in rund 20 m Höhe demontiert und das neue, tonnenschwere Bediengerät integriert. Auch der Unterfahrwagen wurde komplett ausgetauscht. Das neue Gerät ist breiter konstruiert, sodass es sich über beide Bahnen der Ein- und Auslagerstationen erstreckt. Dies ermöglicht die parallele Aufnahme einer neuen Kassette zur Einlagerung und einer leeren Kassette zur Auslagerung zwecks Neubefüllung.
Die Datenübertragung zwischen den Bediengeräten und dem Lagerrechner erfolgt über eine Datenlichtschranke. Ein Lasermesssystem gewährleistet die punktgenaue Fahrwerkspositionierung. Das neue Sicherheitskonzept für das modernisierte Lager beinhaltete zusätzlich den Umbau der Lagerstationen.
Mehr Auslastung erreicht
Pünktlich zum Produktionsstart nach der Sommerpause ging das Lagersystem wieder in Betrieb – mit durchschlagendem Erfolg: Der um bis zu 75 Prozent erhöhte Warendurchsatz verbesserte die Auslastung der nachgelagerten Bearbeitungszentren und Sägen spürbar. „Vor dem Retrofit haben unsere Maschinenbediener öfter den Vermerk ‚Hochregal zu langsam‘ in die Logbücher der Bearbeitungsautomaten geschrieben. Seit der Modernisierung im Sommer letzten Jahres ist dieser Eintrag kein einziges Mal wiederaufgetaucht“, berichtet Peer. Zusätzliches Bonbon: Der vereinbarte Budgetrahmen konnte nicht nur gehalten, sondern sogar noch unterschritten werden. —