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Gitterelemente bieten Sonnenschutz und Optik

Der Fassade ein Gesicht geben

_ Die neue Médiathèque, die von Peripheriques Architects aus Paris realisiert wurde, beherbergt eine Bibliothek, ein Auditorium, ein Archiv, Studier-/Seminarräume und ein Restaurant. Der sechsgeschossige Baukörper ist aufgrund der flachen Bebauung weithin sichtbar und bildet eine neue Landmarke der Stadt Saint-Paul.

Aber nicht nur die Höhe des Gebäudes macht in seinem räumlichen Umfeld zu etwas Besonderen, auch die visuelle Wirkung der Fassade auf den Betrachter macht sehr schnell deutlich, dass der Architekt hier ganz besondere Anforderungen an das Design des Gebäudes gestellt hat. Als hätte ein Riese zwei Finger in das Gebäude gebohrt und gespreizt, zeigen sich an definierten Stellen große Öffnungen im Gebäude. Dahinter verbergen sich zurückliegende Terrassen oder Türen.

Durchdachter Sonnenschutz

Tropisches Klima, temporär hohe Niederschlagsmengen und eine beachtliche Anzahl an Sonnenstunden stellen hier ganz besondere Anforderungen an den Sonnenschutz. Keinen Winter auf La Réunion zu haben bedeutet aber auch, dass bei der Planung auf Faktoren, die den winterlichen Wärmeschutz betreffen, komplett verzichtet werden und eine Optimierung für den sommerlichen Sonnenschutz vorgenommen werden konnte.

Mit diesen Parametern haben die Pariser Architekten eine feststehende Lamellen-Konstruktion entworfen, die in einem definierten Abstand als umlaufende Riegel vor das Gebäude montiert wurde und es so ganzjährig vor Sonneneinstrahlung schützt. Die einzelnen starren Lamellenriegel wurden aus Gitterelementen gefertigt, die aus eloxiertem Aluminium bestehen. Die einzelnen Elemente sind 150 cm lang, 40 cm tief und unterschiedlich stark geschwungen. Der Abstand der umlaufenden und übereinander angeordneten Riegel in der Höhe bewegt sich im Bereich von ca. 30 cm, gerade Strecken gibt es dabei eher weniger. Bei den sich als Öffnungen darstellenden „Augen“ wurden die Riegel nicht unterbrochen, sondern nach oben und unten weggebogen. Dadurch sind die Elemente entsprechend stärker gebogen und die Abstände entsprechend geringer, was wiederum den dahinterliegenden Schatten für die örtliche Situation, wie z. B. die innen liegenden Terrassen, positiv beeinflusst.

Genau berechnet wurde auch der 65 cm Abstand der gesamten Sonnenschutzfassade vor der eigentlichen Gebäudehülle aus weißem Stahlbeton. Der Zwischenraum dient gleichzeitig als Versorgungs- und Reinigungsgang. Auch ein Lüftungskonzept wurde in Ergänzung zum Sonnenschutz geplant. Die raumhohen Verglasungen in der Pfosten-Riegel-Konstruktion bestehen bis auf wenige Festverglasungen aus in Aluminium gefassten Glaslamellen, die individuell geöffnet werden können. Damit kann für einen Luftaustausch gesorgt und zusammen mit dem Sonnenschutz ein optimales Klima im Gebäude erreicht werden.

Es gibt kein Ei des Kolumbus

Betrachtet man diese Fassadenkonstruktion mit ihren Detail, so kann man sehr schnell feststellen, dass eine solche Lösung in unseren Breitengraden allein wegen des unterschiedlichen Verlaufs des Sonnenstandes oder den Ansprüchen unseres Jahresklimas nicht unbedingt funktionieren würde. Deshalb müssen bei der Planung immer die Faktoren des Gebäudestandortes beachtet werden. Das kann z. B. auch die Höhe über dem Meeresspiegel oder die Höhe des Gebäudes selbst sein. Mit den heutigen Möglichkeiten kann man den Schatten und die solaren Einträge schon am Computer sehr zuverlässig über den Jahresverlauf berechnen. Damit sind böse Überraschungen ausgeschlossen und Gebäude werden wesentlich planbarer.—

Olaf Vögele

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