_ Als Cybertecture sieht der Architekt James Law sein revolutionäres Konzept, das eine symbiotische Beziehung zwischen dem Stadtgefüge und der Technologie bieten soll. Seit 2001 leistet sein Büro Pionierarbeit und schmiedet sowohl aus Hardware wie Beton, Stahl und Glas als auch aus Software-Systemen und Technologien neue Gebäudeformen aus der Mikro- zur Makroskala der Entwicklung.
Das Ergebnis der Cybertecture soll eine Reaktion auf die Fortschritte des Menschen sein, die sich im 21. Jahrhundert den neuen Anforderungen an Arbeits- und Lebensumgebungen anpassen und weiterentwickeln müssen, um vor allem die Herausforderungen des modernen Arbeitslebens zu bewältigen. Eine wesentliche Rolle bei dieser Entwicklung spielen Sensibilisierung bei der Nutzung des Gebäudes bis hin zur Konnektivität, um eine nahtlose Integration von Technologien zu erreichen.
Gerade Fassaden bekommen in diesem Kontext ganz neue Aufgaben, weil Licht und Transparenz vollkommen natürliche Lebensbedingungen im Gebäude schaffen sollen. Erreicht werden sollen solche kontinuierlichen Innovationsprozesse und die Entwicklung von Design und Technologie auch durch neue Materialien. Viel Zeit wird deshalb auch in die Suche von neuen Materialien oder Materialmixe investiert. Gerade im Bereich der transparenten Bausteine sieht Law noch viel Entwicklungspotenzial für neue Werkstoffe.
Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht immer der Mensch, weil nur für ihn die Gebäude gebaut werden. „Könnten alle Arbeiten mit Computern erledigt werden, bräuchten wir keine transparenten Flächen, letztlich könnte dann alles in monotonen Räumen ohne Licht und mit engen Platzverhältnissen installiert werden, so James Law, „aber der Mensch ist der kreative Baustein auf der Erde, er braucht gute Lebensbedingungen, wie Sonne, Licht und Raum und angenehme Temperaturen.“ Genau deshalb ist bei Cybertecture die logische Folge die Weiterentwicklung des Gebäudedesigns und der Technologie. Beeinflusst werden diese Komponenten natürlich auch durch lokale Anforderungen und Kulturen.
Cybertecture Egg
Das Konzept für das „Cybertecture Egg“ wurde wie eine sich selbst erhaltende Welt mit einem eigenen nachhaltigen Ökosystem geplant, in dem Leben unter guten Konditionen stattfinden, wachsen und sich entwickeln kann. Das Design des Gebäudes soll den Energieeintrag durch das passive Solardesign verringern und die Kühlung des Gebäudes durch Thermolyse (chemische Reaktion, bei der ein Ausgangsstoff durch Erhitzen in mehrere Produkte) und die Umsetzung von Photovoltaik-Panels und Windkraftanlagen auf dem Dach realisiert werden. Das Konzept soll damit über das Null-Energie-Gebäude hinausgehen und zusätzliche Energie generieren, die z. B. für die Aufladung von Elektro-Autos genutzt werden kann.
Basis für die Struktur des Cybertecture Egg ist ein Exo-Skelett, das als starres Struktursystem mit großen stützenfreien Bodenplatten und hohen Räumen für Flexibilität sorgen soll. Durch diese Form werden die eingesetzten Baustoffe effektiv um ca. 15 % gegenüber einem normal geplanten Gebäude reduziert und haben damit auch einen positiven Effekt auf die Nachhaltigkeit des Gebäudes.
Der wesentliche Faktor beim Gebäude ist damit die transparente und „intelligente“ Fassade, die auch die grünen Faktoren wie die Sky Gardens begünstigt. Gerade die grünen Bereiche des Gebäudes bieten Sonnenschutz, sorgen mit dem Pflanzenbewuchs für Sauerstoffnachschub, und bieten Rückzugsgebiete für die Menschen. Feuchtfilterbetten in diesen Bereichen sorgen dabei gleichzeitig für das Wasserrecycling.
Die Fassade wird interaktiv
Parinee Tower ist ein Leuchtturmprojekt im Zentrum der indischen Filmproduktionsfläche in Bollywood, Mumbai. Das Gebäudekonzept wurde von James Law deshalb auf die Belange der indischen Filmbranche abgestimmt. So wurde der 160 m hohe Turm entwickelt, um moderne Büroräume für eine breite Palette von Unternehmen zu schaffen, die vornehmlich aus dem Bereich der Filmindustrie kommen. Der internationale Fassadenspezialist Arup, der in Hongkong direkt neben dem Büro von Cybertecture sitzt, liefert dabei die Fassadentechnik sowie die Multimedia- und Beleuchtungsberatungsdienstleistungen. In die Fassade des Gebäudes werden LED-Bildschirme und verschiedene Lichtfunktionen für Multimedia-Displays integriert. 15 große LED-Displays, die in sechs Gruppen auf verschiedenen Ebenen angeordnet sind, erlauben es einzelne oder kombinierte visuelle Inhalte zu zeigen. Das transparente Display-Setup lässt zudem das Sonnenlicht in das Gebäude und reduziert so auch den Bedarf an Innenbeleuchtung. Ein ausgeklügeltes automatisches Kamerasystem soll die Überwachung und Verwaltung der Anzeigesysteme in der Fassade unterstützen und auch verwendet werden können, um Live-Bilder von Filmarbeiten oder Shows in Echtzeit auf die Fassade zu projizieren. Mit seinem futuristischen Aussehen soll die multimediale Fassade die Skyline der Stadt dominieren und so die Aufgabe der Integration von optimalen Lebensbedingungen im Gebäude und der Übermittlung von Botschaften der Filmproduktionen und Kreativwirtschaft auf der Außenhülle erfüllen.
Weltweit unterwegs
James Law ist Mitglied des Royal Institute of Architects und Professor an dem Korean Advance-Institut für Wissenschaft und Technologie. Als Vorstandsmitglied des Hong Kong Design Centre und als Berater von einigen Regierungen arbeitet er weltweit und hält Vorträge auf internationalen Foren und Versammlungen, einschließlich der Asia Society in New York und dem World Economic Forum. Sein Augenmerk legt er aber auch auf den Nachwuchs und hat dazu das „Young Architec Program“ ins Leben gerufen, bei dem bereits Schüler in seinem Architekturbüro in Hongkong regelmäßig mit dem Thema Menschen, Lebensräume und Gebäudeplanung in der Zukunft in Berührung kommen. —