_ Die Energiepreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen: Strom kostete 2012 rund 30 % mehr als 2005 und Erdgas war – bei Abgabe an die Industrie – sogar um 73 % teurer (Zahlen für Deutschland)1. Der ökologische Umbau in Deutschland in Sachen Energiegewinnung wird diese Preise trotz Industriesubventionen weiter steigen lassen. Das werden auch die Unternehmen aus der Fenster- und Glasbranche zu spüren bekommen. Die Glasindustrie ist eine extrem energieintensive Branche. Der Anteil der Energiekosten bei der Floatglasherstellung liegt bei 13,9 %, bei der Flachglasveredlung bei etwa 4,0 %.
Gleichzeitig ist das Energiesparpotenzial in der Glasveredelung sehr hoch. Durch moderne Optimierungs- und Automationsmethoden kann dort viel Glas eingespart werden – und die beste Energiebilanz hat immer noch das Glas, das gar nicht produziert beziehungsweise veredelt werden muss!
Gerade in Bezug auf fehlerhafte Scheiben, die nicht eingebaut werden können, besteht Handlungsbedarf. Hier sind die Glasveredler, vor allem aber deren Maschinen- und Softwarepartner gefordert, um durch intelligente Lösungen zur Einsparung von Energie und Material beizutragen. In diesem Zusammenhang ist die frühzeitige Eliminierung der Fehlerstellen im Basisglas ein spannendes und vor allem auch ein kostenrelevantes Thema für den Glasverarbeiter.
Frühe Fehlererkennung spart auch Energiekosten
So sieht der Alltag aus: Eine Scheibe, in der eine Fehlerstelle liegt, wird bisher im günstigsten Fall am Brechtisch erkannt, weggeworfen und nachproduziert. Pech, wenn es ausgerechnet eine der größten Scheiben auf der Lagerplatte war, in jedem Fall ist es für den Verarbeiter ärgerlich und teuer.
Im schlimmeren Fall wird die Scheibe aber beim Brechen nicht als Schlechtscheibe erkannt und weiterverarbeitet – zu Isolierglas oder anderen veredelten Glasprodukten. Die Folge: deutlich steigende „Fehlerkosten“.
Im schlechtesten Fall wird der Fehler im ISO erst bei der Endabnahme des eingebauten Fensters durch den Bauherrn erkannt oder wenn der Endkunde seinen neuen Glastisch zusammenbaut – dumm gelaufen.
Was dann an Folgekosten, darunter natürlich auch reichlich Energiekosten, auf den Glasveredler zukommt, summiert sich zu beachtlichen Beträgen: Wohl dem, der wenigstens einen der sehr zuverlässigen Qualitätsscanner für Isolierglas nutzt und die Fehlerstelle vor dem Zusammenbau der ISO-Einheit erkennt.
Weit besser ist es allerdings, Defekte bereits schon vor dem Zuschnitt zu erkennen und, falls möglich, zu eliminieren: Mit einer neuen, intelligenten Optimierungssoftware, die modernste Detektionssysteme nutzt, ist das nun möglich: Hightech Zeilenkameras und Inspektionssysteme, z.B. der Viprotron Jumbo-Scanner, werden direkt nach dem Kipptisch vor der Schneidanlage installiert.
Das Inspektions-System erkennt relevante Defekte und sendet die Koordinaten direkt zum A+W Defect-Optimizer, einer völlig neu entwickelten Echtzeit-Optimierungssoftware.
Schnellsparprogramm
Das Programm re-optimiert dann den Zuschnitt: Der A+W Defect-Optimizer analysiert während des Transportes und noch während die Tafel am Schneidtisch ausgerichtet wird blitzschnell die Inspektionsdaten des Jumbo Scanners. Das System erkennt automatisch die betroffenen Scheiben bzw. Fehlerstellen auf der Scheibe und markiert diese in der Brechbildanzeige (Bild 01).
Nun modifiziert der Defect-Optimizer das Schnittbild – sofern die verbleibende Zeit es zulässt. Der Defekt wird möglichst in den Verschnitt gelegt. Wenn das nicht möglich ist, versucht die Software ihn in die kleinstmögliche Scheibe zu verschieben (Bilder 02 und 03). Verbleibende Defekte werden markiert und in den Bruchpool gestellt.
Bei der Re-Optimierung des Schneidplans in Echtzeit werden stets Reihenfolgen und Abstellplatzzuordnungen beachtet; die Produktionssteuerung werde so nicht beeinträchtigt.
Dazu Dr. Klaus Mühlhans, Spezialist bei A+W für Optimierungslösungen: „Bei der Entwicklung des Algorithmus für unseren Defect Optimizer konnten wir auf unsere Erfahrungen mit Echtzeitoptimierungen wie dem A+W Realtime Optimizer und A+W DynOpt zurückgreifen, die inzwischen in der Branche gut etabliert sind. Sie ermöglichen schnelle Reaktionen auf veränderte Produktionssituationen, die zeitnahe Einsteuerung von Bruchscheiben und Eilaufträgen sowie eine bessere Ausbeute. Mit dem Defect Optimizer sparen Glasverarbeiter Energie-, Material- und Prozesskosten und verbessern nochmals ihren CO2 Footprint. Zudem liefern sie Spitzenqualität und vermeiden lästige Reklamationsprozesse.“
Einsparpotenziale in der Praxis
Zum Test wurde die Software mit 1000 Schnittmustern eines Glasverarbeiters (Ausbeute 90 bis 96 %, ca. 16 000 Scheiben) gefüttert. Das entspricht etwa dem normalen Mix eines durchschnittlichen Isolierglasbetriebs.
Es wurde mit der Annahme „ein Fehler pro Platte” gearbeitet, also 1 % statt der tatsächlichen 0,6 % (im statistischen Schnitt), um den Algorithmus stärker zu fordern. Denn je mehr Fehler pro Lagerplatte vorhanden sind, desto schwieriger wird es für das Programm, ein gutes Ergebnis zu erreichen.
Klaus Mühlhans: „Die Ergebnisse sind erstaunlich gut, insbesondere wenn man bedenkt, dass viel mehr Fehler simuliert wurden als im Alltag des Verarbeiters auftreten. Wenn der Algorithmus häufig sogar zwei Fehler pro Scheibe wegbekommt – wie viel besser gelingt das dann mit nur einem?“
Die prozentuale Verbesserung bei nur 0,6 Fehlern pro Platte sollte also größer als 50 % sein, ebenso die Verbesserung in der Fläche. —
Fußnoten
1 Zahlen nach Dispan, Jürgen: Glasindustrie in Deutschland. Branchenreport 2013, Informationsdienst des IMU Instituts – Heft 3/2013
Vergleichszahlen vor und nach der Umstellung
Das leistet der Optimizer:
- Reduktion des Abfalls und der Produktionskosten
- Erhebliche Energieeinsparung über die gesamte Wertschöpfungskette
- Erhöhung der effektiv produzierten Menge
- Verbesserte Qualität für die Endkunden
- Weniger interne und externe Reklamationen
Situation vor der Re-Optimierung:
- 844 defekte Scheiben
- 998 m² betroffene Scheibenfläche
Situation nach der Re-Optimierung mit dem A+W Defect-Optimizer:
- 418 defekte Scheiben => mehr als 50 % Reduktion!
- 307 m² betroffene Scheibenfläche => mehr als 70 % Reduktion!