Mund: 12 Jahre ist es nun her: Damals wurde unter der Rot-Grünen Schröder-Regierung die Meisterpflicht für 53 Handwerksberufe abgeschafft. 2014 gab es dann Befürchtungen, dass man den Meisterbrief und die duale Ausbildung weiter beschränken wolle, denn die EU-Kommission hatte damals geprüft, wie der Zugang zu reglementierten Berufen in den Ländern erleichtert werden kann. Jetzt die Rolle rückwärts – zumindest bei der CDU auf ihrem Parteitag: Die spricht sich für die Wiedereinführung der Meisterpflicht für neu gegründete Betriebe aus und möchte diesen als erkennbares Qualitätsmerkmal etablieren. Ein Schritt in die richtige Richtung, oder?
Vögele: Interessante Frage mit einem Ja und Nein als Antwort. Der Markt ist durch den Wegfall des Meisterbriefes nachhaltig gestört. Machen wir mal das Gedankenspiel und alle Berufe bekommen wieder die Meisterpflicht. Glaubt die Politik, damit wäre es getan? Tausende Ausnahmegenehmigungen müssten ausgestellt werden, Bestandsschutz bei existierenden Betrieben ausgesprochen werden, etc., etc. Auch die Berufe selbst müssten vielfach ihre Meisterkurse wieder zum Laufen bekommen, um eine höhere Anzahl an Anwärtern durchzuschleusen. Also alles nicht so einfach. Ein Qualitätsmerkmal wird der Meisterberuf erst durch die Leistung des Betriebes selbst, nicht per order mufti. Und da wären wir bei der stetigen Weiterbildung der Fachbetriebe. Ist diese für dich gegeben?
Mund: Gegeben ist die schon, denn Weiterbildungsangebote gibt es reichlich und an ganz verschiedenen Stellen: Zu nennen sind da beispielsweise die berufsständigen Institutionen, Verbände und die freien Bildungsinstitute. Aber auch die größeren Zulieferer haben die Notwendigkeit der intensiven Kunden-Weiterbildung erkannt und sogar zum Teil einen eigenen Campus eingerichtet. Die Frage ist nur, ob die Verantwortlichen in einem Fachbetrieb diese Angebote auch wirklich wahrnehmen und sich für die Weiterbildung jenseits des Tagesgeschäfts auch wirklich Zeit nehmen.
Vögele: Ja, und da sind wir beim Kernproblem Zeit und der Wertigkeit des Wissens. Fachtagungen und Branchentreffs wie Messen gehören nun mal auch zur Weiterbildung. Spätestens beim Streitfall kommt dann die Erkenntnis, dass das Wissen gefehlt hat. Die einen ergänzen es dann, die anderen nicht – mangels Zeit! Lernen müssen da erstmal noch viele Fachbetriebe, dass Wissens- und Zeitmanagement miteinander einhergehen müssen, wenn man seine Fehlerraten senken will. Oder man bezahlt sie teuer. Was siehst du noch als wichtigste Informationsquelle an?
Mund: Natürlich das Lesen einer wissensvermittelnden Fachzeitschrift, die dem Leser den Stand der Technik näherbringt. Und aus meiner und der Sicht vieler Branchenexperten muss da die GLASWELT ganz oben auf dem Stapel liegen. Übrigens erwartet der Kunde auch von einem Fachbetrieb, dass er weiß, was „up to date“ ist in seinem Fach. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen perfekten Jahresstart, viel Erfolg für die kommenden Monate und immer auch genügend Zeit für Ihre Weiterbildung und das Studium Ihrer Fachzeitung.