Mund: Tübingens OB Boris Palmer wirbt mit einer Prämie für den Kühlschrank-Tausch und auch in Stuttgart ist die Abwrackprämie für Kühlgeräte wieder aufgelegt worden. Jetzt kommt auch Frau Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin aus der Deckung und postuliert eine Abwrackprämie für alte Ölheizungen. Eine prima Sache, wenn es denn der Umwelt dient! Prima wäre es auch, wenn das Bewusstsein in der Bevölkerung stärker geweckt würde, dass auch mit neuen Fenstern und intelligenten Verschattungssystemen viel Geld und CO2 einzusparen ist – sommers wie winters – und wahrscheinlich deutlich mehr als durch einen Kühlschrank-Austausch. VFF-Geschäftsführer Frank Lange sagt dazu (im Interview ab S. 98): „In der allgemeinen Diskussion sind das Energiesparpotenzial und der Klimaschutz in der Gebäudesanierunglange Zeit viel zu wenig berücksichtigt worden.“ Ist es also Zeit für eine Abwrackprämie für alte Fenster und Rollläden?
Vögele: Abwrackprämien sind verdeckte Subventionen mit einem kurzfristigen Erfolg, der fast allein durch das direkte Einsparungspotenzial für den Nutzer beim Kauf funktioniert. Klar schaut er dann nach A+++, und vergisst die eigentliche Intention gleich wieder. Der Verbraucher wird hier mit einfachsten Mitteln geködert, nämlich da wo er am schnellsten den Sinn erkennt. Fenster und Sonnenschutz fallen da unter den Tisch, leider. Aber woran liegt das? Zu wenig Lobbyarbeit durch Verbände & Co? Zu wenig Aufklärung durch die Fachbetriebe? Nicht ausreichend ausgebildete Architekten? Die Liste ist lang. Es gab um das 17. /18. Jahrhundert schon einmal ein Zeitalter der Aufklärung. Die wichtigsten Punkte waren die Abkehr von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen und Ideologien, die vor allem gegen den Widerstand von Tradition und Gewohnheitsrecht erfolgte. Und da müssen wir wieder hin. Oder findest Du die jetzigen Bestrebungen in der Lobbyarbeit ausreichend?
Mund: Du hast dich zwar um eine klare Antwort zur Abwrackprämie herumgemogelt, ich will aber gleich auf die politische Einflussnahme zu sprechen kommen: Ich hoffe einerseits, dass die Verbände noch mehr Gehör finden bei den politischen Entscheidungsträgern, weiß aber auch, dass der Fensterverband hier schon an „vielen Brettern gebohrt“ hat und diese Aktivitäten ja noch ausbauen möchte. Andererseits müssen sich auch die Unternehmen der Branchen an die eigene Nase fassen: Die Industrie hat „es in den letzten beiden Jahren nicht geschafft, eine Bewegung in Gang zu setzen, die das Thema Energieeffizienz nach vorne gebracht hat,“ um bei den Worten von Frank Lange zu bleiben. Außerdem gilt es ja dem Thema ein modernes Antlitz zu geben, schließlich lassen sich mit den dynamischen Bauteilen in der Gebäudehülle Energie sparen und viel Komfort hinzugewinnen. Das muss intensiv kommuniziert werden.
Vögele: Nochmal zu den Abwrackprämien, es ist der Weg der kommen wird, aber nicht der richtige, denn er ist nicht nachhaltig. Aber nicht nur die Industrie hat es nicht fertiggebracht den Verbraucher aufzuklären, ebenso die Fachbetriebe, aber vor allem nicht die Verbände, die sich lieber in Zuständigkeiten verbrauchen, als gemeinsam erfolgreich zu agieren. Da werden stolz Artikel und Millionenauflagen gezeigt, aber wo kommt es an? Hier muss ein neuer gemeinsamer Weg gefunden werden, zusammen mit Profis die Marketing können. Wir werden sehen, was es im Herbst bei den Tagungen zu berichten gibt. Wie informieren Sie ausführlich darüber und jetzt viel Spaß mit der Septemberausgabe der GLASWELT.