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GLASWELT verliert Redakteure?

Mund: Jetzt geht es los: Fenster lassen sich doch ganz prima im Internet verkaufen. Damit werden die breiten Vertriebswege angezapft und was mit dem Produkt hinterher geschieht, braucht den Verkäufer nicht mehr zu interessieren. Eine feine Sache, oder? In der E-Mail eines Anbieters, die Du mir weitergeleitet hast, steht sogar: „Heimwerker entdecken Einsparpotenziale beim Fensterkauf im Internet.“ Wozu brauchen wir also noch qualifizierte Fachbetriebe?

Rehberger: Die Frage ist von Dir doch nicht ernst gemeint, oder? Aber stellen wir uns einmal vor, wie das aussieht, wenn das große Paket via Internetversand vor der Tür steht. Der Kunde fängt an auszupacken und verzweifelt. Ich meine, das kennt doch jeder, man kauft ein Schränkchen beim schwedischen Möbelhaus und versucht es mit der Anleitung und dem Inbusschlüssel zusammenzubauen – irgendwas geht doch immer schief. So, und jetzt soll ein Nichtfachmann seine Fenster „fachgerecht“ mit einer Anschlussfuge „innen dichter als außen“ montieren. Kann das funktionieren?

Mund: Ich habe mir die Mail deshalb auch mal etwas genauer angesehen. Auf der Homepage der „Do it youselfer“ zeigt eine Dame mit tiefem Dekolleté und langen Zöpfen dem Heimwerker wie es geht: Das Fenster ist in 19 Schritten fix und fertig montiert. Sieht eigentlich ganz einfach aus – ein bisschen Bauschaum in die Fuge, fertig. Wozu brauchen wir noch Montage- oder Güterichtlinien? Wozu ­brauchen wir auch noch Fachzeitschriften, die immer wieder auf den Stand der Technik hinweisen? Wir haben ­schließlich Sachverständige, die sich mit immer haarsträubenderen Schadensfällen (lesen Sie z.B. den Bericht im Heft auf ­ S. 14) beschäftigen können. Matthias, ich glaube ich lass mich umschulen – denen gehört die Zukunft!

Rehberger: Halt mal, Umschulen geht auf keinen Fall! Die GLASWELT-Leser brauchen Dich, Du bist hier schließlich der Fensterfachmann. Aber wir sollten uns vielleicht Gedanken machen, wen denn solche Internetangebote ansprechen. Das sind bestimmt nicht gut informierte Verbraucher, denn die wüssten, was ihnen blüht. Dann gibt es bestimmt die Unbelehrbaren, für die nur der Preis zählt. Und die Gruppe der Unwissenden – und über die müsste sich eigentlich jeder Handwerker freuen, denn diese kann er als potenzielle Kunden betrachten. Diese Gruppe kann man mit Informationen und Know-how überzeugen, was eigentlich Handwerksqualität ausmacht. Oder, was meinst Du.

Mund: Hmm, bin mir da nicht so sicher. Ich befürchte, dass „Unwissende“ nicht unbedingt auf die Idee kommen, sich das Fenster im Internet zu bestellen und bei sich einzubauen. Schließlich muss man diese Einkaufsmöglichkeit erstmal finden. Vielleicht ist es ja auch so, dass die Fachkompetenz beim Handwerker immer mehr angezweifelt wird. Rufschädigende Schadensfälle haben schließlich auch ihre Wirkung beim Verbraucher, und nicht nur in der Fachzeitschrift. Und wenn diese Verbraucher mitbekommen, dass selbst der Meister einfachste Regeln wie „innen dichter als außen“ nicht beherrscht, denkt er sich doch: „Das kann ich auch“.

Rehberger: Aber wir beide wissen, ebenso wie unsere Leser, dass man ohne Know-how keine Qualität schaffen kann. Deshalb werden wir auch in Zukunft wie gewohnt alle wichtigen Fachthemen in der GLASWELT behandeln und vertiefen. Darauf können sich unsere Leser verlassen. Und schon im nächsten Heft werden wir gleich auf die Montage besonders eingehen. Aber noch mal eine Frage, Daniel: „Wo kann man sich umschulen lassen?“

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