Mund: Das kommt häufiger in unserer Branche vor: Auf Tagungen begrüßen Redner ihr Publikum mit „Meine liebe Dame und Herren“, denn nicht selten beträgt die Männerquote annähernd 100 Prozent. Bei börsennotierten Unternehmen, die in der öffentlichen Wahrnehmung mehr im Fokus stehen, regt sich die Politik schon über eine magere Frauenquote von 8 Prozent auf – und kam deshalb auf die Idee der Flexiquote: Künftig sollen diese Konzerne eigene Zielvorgaben für ihren Frauenanteil in den Führungsetagen machen. Den Sinn oder Unsinn eines solchen Gesetzes möchte ich hier gar nicht diskutieren, aber offensichtlich haben viele Unternehmen der Glas- und Fensterbranche das weibliche Fach- und Führungskräftepotenzial noch nicht ausgeschöpft, oder?
Rehberger: Meiner Ansicht nach brauchen wir in allen Unternehmen einen ausgewogeneren Anteil an Frauen und an Männern und zwar auf allen Ebenen, das schließt unsere Branche mit ein. Alleine schon aus der Überlegung heraus, dass wir Produkte entwickeln und vermarkten, die jeden ansprechen sollen und müssen. Und es ist ja nichts Neues, dass Männer und Frauen verschieden ticken und unterschiedliche Bedürfnisse haben.
Mund: Und du glaubst, dass Produkte am Ende des Entwicklungsprozesses anders funktionieren und anders aussehen, wenn mehr Frauen am Entstehungsprozess beteiligt waren?
Rehberger: Auf alle Fälle, denn Frauen nutzen und bewerten viele Dinge anders als Männer. Nehmen wir die Entwicklung einer Haustür, eine Frau wird eher bedenken, wie man mit einem Kinderwagen durchkommt. Zudem sollte man als Verkäufer nicht vergessen, dass vielfach die Frau die Entscheidung trifft, wenn es um Gestaltung geht: Ich habe schon öfter von Handwerkern gehört, dass bei der Renovierung, etwa beim Fenstertausch oder der Badsanierung, die Frau des Hauses entscheidet, was für ein Material, welche Farbe und bei den Bauelementen welcher Beschlag genommen wird. Führt das Kundengespräch dann eine Fenster- oder Glasberaterin, bringt das Vorteile.
Mund: Ein anderer Aspekt ist vielleicht noch entscheidender: Die Geschlechterfrage rückt in vielen Positionen angesichts des drohenden Fachkräftemangels eher in den Hintergrund. Unternehmen sind gezwungen, sich bei der Personalfrage breiter aufzustellen, wenn eine Region von annähernder Vollbeschäftigung geprägt ist. Jetzt gilt es nur, die potenziellen Mitarbeiterinnen für die Herstellung und den Verkauf von Bauelementen zu interessieren, denn die haben unserer Branche bislang leider viel zu häufig die kalte Schulter gezeigt.
Rehberger: Eine gute Möglichkeit als Unternehmen auf sich aufmerksam zu machen ist beispielsweise der Girls’Day. Hierbei öffnen Firmen ihr Haus speziell für Schülerinnen, um sich und ihre Branche ansprechend zu präsentieren, um so neue Fachkräfte zu gewinnen.
Mund: Und mit gutem Beispiel voran geht auch der Bundesverband Rollladen und Sonnenschutz: In deren Imagefilm kommen die Geschlechterrollen mit Humor auf den Prüfstand. Mein Urteil „prädikat sehenswert“. Jetzt aber viel Lesespaß mit der – wie ich meine – lesenswerten Maiausgabe!