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Dünnglas im Bauwesen

Ist dünner besser?

_ Was ist Dünnglas? Gläser mit einer Dicke von maximal 2 mm werden als Dunnglas bezeichnet, es besteht üblicherweise aus Kalk-Natron-Glas oder Aluminium-Silikat-Glas. Wobei verschiedene Glasarten mit unterschiedlichen Materialkompositionen erhältlich sind. Um eine höhere Festigkeit zu erreichen, lassen sich diese Gläser thermisch oder chemisch vorspannen.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Flachgläsern (ab 4 mm) zeigt Dunnglas ein völlig neues Baustoffverhalten u. a. durch seine hohe Flexibilität. Dies eröffnet eine Vielzahl neuer Möglichkeiten etwa bei Anwendung bei Konstruktionselementen wie z. B. Stützen, Trägern oder speziellen Fassadensystemen.

Die Themen des Forschungsprojekts werden in fünf Arbeitspaketen bearbeitet: Diese umfassen die Bestimmung der Festigkeit, die Verwendung von unterschiedlichen Zwischenschichten aus Kunststoff, die Fügetechnik, mögliche Anwendungsgebiete für Dünnglas sowie eine Lebenszyklusbetrachtung.

Im Vergleich zu dickeren Gläsern zeigt sich, dass es signifikante Unterschiede bei den architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Gerade die hohe Flexibilität eröffnet eine breite Palette neuer Möglichkeiten für konstruktive Glasanwendungen.

Dennoch ist eine Belastungs- bzw. Festigkeitsgrenze, die sogenannte Biegezugfestigkeit, für eine konstruktive Bemessung gefordert. Diese Werte fehlen jedoch. Im Rahmen von Versuchsreihen wurde klar, dass die in den zuständigen Normen vorgeschriebenen Testszenarien bei solch dünnem Glas nicht anwendbar sind.

Die theoretische Biegezugfestigkeit für Glas wird mit bis zu 10 000 MPa in der Literatur angegeben. Im Gegensatz zu dieser theoretischen Festigkeit liegt die tatsächlich gemessene Biegezugfestigkeit von nicht vorgespanntem Glas im Bereich von 80 MPa.

Diese enorme Verringerung der Festigkeit ergibt sich z. B. durch Kratzer auf der Oberfläche oder Defekten in der Glasmatrix selbst.

Ziel des Projekts ist es weiter, neue Methoden und Prüfszenarien für die Erkennung und Bewertung von mikroskopischen Defekten in Glasscheiben und deren Einfluss auf die Biegezugfestigkeit zu entwickeln.

In vielen baupraktischen Anwendungen wird aus Sicherheitsgründen Verbundsicherheitsglas gefordert, d. h. aus mindestens zwei Gläsern und einer Zwischenlage aus Kunststoff (Folie). Solche Folien sind Polymere bzw. Thermoplaste, die eine ausgeprägte Zeit- und Temperaturabhängigkeit in den Materialeigenschaften wie Steifigkeit oder Festigkeit zeigen.

Diese Steifigkeit lässt sich mit dem zeit- und temperaturabhängigen Schubmodul beschreiben. Für ausgewählte Folienarten wird nun auch eine genaue Beschreibung des Schermoduls erarbeitet zur Qualifizierung beim Einsatz von Dünnglas.

Ein Weg dünnes Glas aufzulagern ist eine Verklebung mit der Unterkonstruktion. Aufgrund der Dickenverhältnisse in einem solchen Klebesystem (z. B. 2 mm Glas – 5 mm Klebematerial – 2 mm Stahl) ist eine genaue Beschreibung des mechanischen Verhaltens des Klebers erforderlich und wird beschrieben. Glas mit einer Dicke unter oder gleich 2 mm ist sehr anfällig für lokale Biegeeffekte. Um eine detaillierte Kenntnis des Klebesystems zu erhalten, wird dieser Einfluss in einem eigenen Arbeitspaket untersucht.

Designkonzepte und Prinzipien für neue Einsatzmöglichkeiten

Die Herstellung von Säulen und Trägern sowie spezielle Fassadensysteme aus Dünngläsern sind heute durchaus denkbar. Ziel des Projekts ist es, Designkonzepte bzw. konstruktive Prinzipien zu erarbeiten. Mit Hilfe dieser Prinzipien können dann die beteiligten Industriepartner neue Anwendungen und Produkte entwickeln.

Bewegliche bzw. adaptive Systeme, die sich an die Umweltbedingungen anpassen, sind beispielsweise ein neues und vielversprechendes Einsatzgebiet für Dünnglas.

Die Systemgrenzen umfassen alle Prozessschritte zur Herstellung von Glas, von der Gewinnung von Rohstoffen bis zur Auslieferung des Produkts an das Werkstor.

Ziel des Projektes ist es weiter, den Energiebedarf und die Umweltbeeinflussung für dünnes Glas zu untersuchen sowie dies in Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) zu dokumentiert—

Prof. DI Dr. Jürgen Neugebauer

Das Projekt und die beteiligten partner

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Josef Ressel Zentrum für Dünnglastechnik für Anwendungen im Bauwesen“ leitet Prof. DI Dr. Jürgen Neugebauer die Dünnglas-Projekte am Institut für Bauplanung und Bauwirtschaft.

  • Polymer Kompetenzzentrum Leoben (PCCL), Ass. Prof. Dr. Dr. Dieter P. Gruber
  • TU Darmstadt, Institut für Statik und Konstruktion, Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider
  • Universität von Cambridge, Dr. Mauro Overend
  • TU Delft, Ass. Prof. Dr. Christian Louter
  • SFL technologies GmbH, Hersteller von Glasprodukten, gebogenes Glas und innovatives Energieglas zur Stromerzeugung („Grätzel-Zelle“).
  • Lisec Austria GmbH als Maschinenhersteller und Produzent von Isolierglas

www.fh-joanneum.at

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