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Handicap auf der Zielgeraden zur „perfekten Montageausführung“

Bauanschlussfugen und der verkannte Dämmeffekt

In den Fenster- und Türenwerkstätten ist es offensichtlich immer noch nicht in den Verantwortungsbereich eingedrungen, dass Außenbauteile – mit oder ohne bewegliche Flügel – erst dann „gebrauchstauglich“ sind, wenn die Einbauarbeit abgeschlossen ist.

Natürlich ist es am einfachsten, die lästige Montage mit all ihren Risiken und Eventualitäten auf der Baustelle, aus der eigenen Fertigung auszulagern. Man muss sich nur fragen, ob die hochwertigen Qualitätsfenster ebenso präzise nach Verlassen des Verantwortungsbereichs auf ihrem Leidensweg, ab Verladerampe zur Baustelle und in die Bauöffnung, bearbeitet werden.

Das Fertigen und Montieren liegt leider immer seltener in einer Hand. Einerlei ob die Einbauleistung von einem Subunternehmer, einem Montage-Spezialunternehmen oder gar im Rahmen einer getrennt vergebenen Leistungs-Position abgewickelt wird: Das mechanische Befestigen in der Bauwerks-Flanke, das Abdichten und Dämmen ist für den Auftraggeber eine technisch und funktionsbezogene, zum Gesamtfenster gehörende Leistung. Baurechtlich hat dies die VOB/C ATV so beschrieben:

„Ein ‚FENSTER‘ ist die gebrauchstaugliche Schließung einer Rohbauöffnung – bis zu den begrenzenden, ungeputzten, ungedämmten bzw. nicht bekleideten Bauteilen (des Rohbaus).

Die ‚FUGE‘ ist ein beabsichtigter oder toleranzbedingter Raum zwischen Bauteilen (DIN 52460).“

Fachexperten aus der Fensterbau-Branche schütteln angesichts solcher „Reglementierungen“ erfahrungsgemäß den Kopf. Natürlich verbergen sich hinter Formulierungen dieser Art Binsenweisheiten, die überflüssig zu sein scheinen.

Es stecken jedoch zwischen diesen Zeilen schwerwiegende Pflichtzuweisungen, die speziell in Sachen „Montage / Bauanschluss“ bei demjenigen Auftragnehmer landen, der die Einbauarbeit vertraglich abwickelt.

Die besonders sorgfältige Ausführung der Fuge zwischen der Blendrahmen-Außenkante und dem Mauerwerk setzt voraus, dass der Montierende erstens Kenntnis über die hohen Anforderungen an den Dicht- und Dämmwert der Außenfuge hat, und zweitens, dass die Dämm- und Dichtbewertung nicht am Blendrahmen, sondern an der Oberfläche der Mauerwerks-Bauöffnung endet.

Der Wärmedurchgangkoeffizient UW bezieht sich somit auf die Bauöffnung einschließlich Fuge. Glasfalz + Flügelfalz + Bauanschluss sind bekanntlich die besonders kritischen Bereiche eines jeden Außenbauteils mit beweglichem, verglasten (transparenten) Flügel.

Die hiermit verbundenen Leistungs-Merkmale sind in Europanormen als bauaufsichtlich eingeführte, verbindliche Forderungen festgelegt. D. h.: Auch ohne Erwähnen in der LB müssen diese genormten Leistungseigenschaften erfüllt und auf Anforderung nachgewiesen werden.

An dieser Stelle findet man das Prinzip der „Funktionalen Leistungsbeschreibung“ wieder. Es werden zukünftig immer weniger konstruktive und ausführungstechnische Einzelheiten in den Ausschreibungen beschrieben. Stattdessen werden Wärmedämmwerte, Dichtigkeitseigenschaften, Durchbiegegrenzwerte usw. beschrieben (wie z.B. in den EN-Produktnormen).Der Weg, der zur Erfüllung dieser Forderungen führt, ist dem Auftragnehmer frei überlassen: „…es zählt das ERGEBNIS“.

So ist es zu verstehen, dass sich bauplanende und ausschreibende Stellen auf die Standard-Formulierung zurückziehen: „…Fenstereinbau nach dem Stand der Technik“. Nun ist es Aufgabe des jeweiligen Monteurs, diesen „Stand der Technik“ zu kennen und in seine Arbeit umzusetzen.

Bauanschluss und Fugen sorgfältig planen

Es gehört heute noch zu den außergewöhnlich, seltenen Bauobjekten, bei denen schon im ersten Planungsgespräch der Fenster- und Türenhersteller mitarbeiten „darf“. Architekten lassen bekanntlich niemanden gern an ihre „Heilige Kuh“ – das ist ihre Baukunst und Gestaltung.

Dabei ist es bei allem Respekt vor dem Bauentwurf sehr wichtig, nicht erst wenn die Wände mit ihren Bauöffnungen stehen, die Position und Einbautiefe der Fenster auf die Dämm-Technik, die Witterungs-Belastungen usw. baulich abzustimmen. Somit kann sich der Montage-Verantwortliche nur noch auf seine Erfüllungspflicht zurückziehen, die er jedoch sehr sorgfältig befolgen und nutzen sollte: Der Auftragnehmer muss die baulichen Voraussetzungen für die einwandfreie Abwicklung seiner Arbeiten vor Beginn der Arbeiten prüfen.

Werden Maßunstimmigkeiten, überschrittene Toleranzen, unfestes, fürs Dübeln zu weiches Mauerwerk usw. festgestellt, so müssen „…Bedenken geltend gemacht werden“ (schriftlich und vor Beginn der Arbeiten = VOB/B DIN 1961 § 4).

Spätestens an dieser Stelle wird mancher Leser kopfschüttelnd das Buch zuklappen mit dem Kommentar: „–wer diesen Artikel verfasst hat, weiß nicht, wie es auf Baustellen hergeht.“ Aber gerade weil der Autor jahrzehntelang Montagen ausgeführt, z.T. geleitet, und später dazu Bauschadensfälle bzw. Reklamationen auf den Tisch bekommen hat, gehört dieses Thema zu einem besonderen Anliegen der Branche. Denn auch das steht in der VOB: „…ohne ‚funktionsfähige Bauanschlussfuge‘ ist ein Fenster nicht gebrauchstauglich = mangelhaft.“

In jeder Bauanschlussfuge ist Bewegung

Üblicherweise bekommt der Montage-Auftragnehmer eine zeichnerische Übersicht mit Rohbau-Lichtmaßen der Bauöffnungen. Und es fehlt nicht der zwar unbeliebte, aber zur Erfüllungspflicht gehörende Stempel: „Maße sind am Bau zu nehmen.“ Das sollte möglichst noch vor Beginn der Fertigung erfolgen, denn die Maßhaltigkeit ist selbst bei Beton-Fertigwänden nicht immer die Regel.

Sofern das Prüfen der Bauöffnungsmaße zu Beginn der Fenster- bzw. Türfertigung wegen des Baufortschritts noch nicht möglich ist, sind die Maße aus den Zeichnungen maßgeblich und verbindlich. Stimmen diese Abmessungen aus der Planungszeichnung später nicht mit den tatsächlichen lichten Mauerwerks-Maßen überein, steht dem Auftragnehmer (hier dem Fensterhersteller) der Mehraufwand für das passgerechte Korrigieren der Blendrahmenaußenmaße zu.

Die Fuge sollte jedoch nicht zu schmal gestaltet sein, um die verwendeten Dicht- und Dämmstoffe (die Dicht- und Dämmstoffhersteller geben hierzu Fugenabmessungen in Relation zur Elementlänge an) in ausreichender Menge in die Fuge einbringen zu können. Hierbei muss beachtet werden:

1. Die Fugenausbildung (stumpfer Anschlag / Innenanschlag)

2. Die zu erwartende Bewegung aus dem Baukörper (Architekt)

3. Die thermisch bedingten Bewegungen aus dem Fensterrahmen:

  • Kunststoff-Fenster weiß 1,6 mm/m
  • Kunststoff-Fenster dunkel 2,4 mm/m
  • Aluminium-Fenster 1,2 mm/m
  • Holz-Fenster ca. 0,4 mm/m

(jeweils bei den zu erwartenden Temperaturen)

Die Fugen-Mindestbreite „b“ sollte 10 mm (z. B. Elementlänge = 1,50 m) nicht unterschreiten.

Die Fugen-Maximalbreite „b“ sollte 25 mm (z. B. PVC-Fenster = Elementlänge 4,50 m) nicht überschreiten.

Dichten und Dämmen im Zusammenspiel

Warum wird eigentlich um diese kleine, unscheinbare Fugenbreite ein derart umfangreicher Forschungs-, Informations- und Ausführungsaufwand betrieben? Selbst erfahrene Fachleute weisen darauf hin, dass jene Fenster, die im Nachkriegs-Bauboom mit Mörtel „verzwickt“ (das ist ein inzwischen vergessener Begriff für den Mörtelschlag in der Bauanschlussfuge, ausgeführt speziell im norddeutschen Raum) wurden, eventuell außen und innen verleistet „in Ordnung“ sind. Sie sind es jedoch nicht!

Bezogen auf die heutigen, erheblich größeren Fenster-Elemente, und angesichts der gestiegenen Anforderungen und Erwartungen an die Dichtung und Dämmung von Außenbauteilen, sind die etwa 2,2 Mrd. laufende Meter Fenster-Bauanschluss im Baubestand nicht „in Ordnung“. Kritisch betrachtet sind diese Althausfenster-Fugen große Energiefresser.

Es ist zwar zu begrüßen, wenn vorhandene, in der Rahmensubstanz einwandfreie Fenster von ihren 40 – 50 Jahre alten, legendären „Thermopane-Scheiben“ befreit, und die alten 3,0 W/m²K-Gläser durch Warmglas 1,1 W/²K ersetzt werden. Macht man sich dann jedoch die Mühe, seinen Finger zur Oberflächen-Temperaturkontrolle bei außen -5º C auf die Innenseite der Bauanschlussfuge zu legen, kann es passieren, dass der Finger einen Frostschaden erleidet. Dämmtechnisch müssen Fugen zwischen Außen- und Innentemperatur als „offen“ eingestuft werden. Ähnlich kalt kann es sich auf der Innenfensterbank anfühlen.

Insgesamt sind von 540 Mio. Fenster in Deutschland ca. 500 Mio. mangelhaft gedämmt und gedichtet. Das entspricht in etwas 2,5 Mrd. m Fugenlänge!)

Neben dem weiterhin zurückgehenden Neubau, wird sich die Althaus-Fenstersanierung zu einem wichtigen – fast einem Jahrhundertauftrag – entwickeln. Die fachgerechte Einbau- Dicht- und Dämmtechnik – speziell die Bauanschlussfuge wird dabei im Vordergrund stehen.

In Montage-Reportagen „vor Ort“, stellt Ihnen die GLASWELT in den nächsten Ausgaben, das fachgerechte Einbauen, Dichten und Dämmen zuerst an Neubauten, und folgend die besonders kritische, jedoch fach- und normgerechte Altbau-Fenstermontage vor. |

Jürgen Estrich

Info

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Bildung von Schwitzwasser

Oberflächentemperaturen niedriger als 9 ºC strahlen nicht nur kalte Luft ab, sondern lösen Konvektionsströmungen aus. Kalte Luft ist schwer. Im normal geheizten Raum bewegt sich die Luft, der Thermik folgend, wieder nach oben und strömt - wie in der Natur von „Warm“ nach „Kalt“. In Fensternähe empfindet man Zugluft, welche jedoch nicht von Undichtigkeiten, sondern von kalten, raumbegrenzenden Flächen (u. a. Montage-Fuge) herrührt.

Sobald eine raumbegrenzende Fläche kälter als 9 ºC ist, und mit 20 ºC warmer Raumluft zusammentrifft, beginnt die gefürchtete Schwitzwasser-Bildung. Auf der Fuge und weitergehend an der inneren Fensterlaibung kann sich Schwarz-Schimmelpilz bilden. Fenster und Außentüren, die nach den heutigen Montageregeln eingesetzt, gedichtet und gedämmt sind, schließen Mängel dieser Art zuverlässig aus.

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