_ Eine gewaltige Explosion erschütterte im vergangenen September nicht nur eine Fabrik in China, die alleine 60 000 t Isocyanat/MDI im Jahr herstellt, sondern den gesamten Markt. Denn Isocyanat/MDI ist einer der Hauptbestandteile von PU-Schaumprodukten. Kurz darauf hatten weitere Rohstoffhersteller andere Schwierigkeiten. „In 2016 wurden am Ende insgesamt 350 000 t weniger als zuvor produziert“, fasst Luc Thys, Presse- und Marketing-Director des Gesamtunternehmens, die Lage zusammen. Die Situation auf dem PU-Schaummarkt sei weiter sehr angespannt. Die Produktpreise sind gestiegen und die Lieferfähigkeit könne bei einigen Anbietern nur noch eingeschränkt gewährleistet werden. Derzeit sei nicht abzusehen, ob und wann sich die Lage auf dem Rohstoffmarkt entspannen wird. Die steigenden Marktpreise betreffen auch die Rohstoffe für die Herstellung von Acrylaten und Silikonen.
Klimmzüge und utopische Preise
Die Verfügbarkeit erklärte Thys jedoch als oberste Prämisse für Soudal. „Wir haben einige Klimmzüge unternommen und teils utopische Preise bezahlt, um der Knappheit zu begegnen und die Verfügbarkeit zu gewähren“, erklärt er und rechtfertigt auch die Preisanstiege, „die wir leider auch weitergeben mussten.“
Trotz dieser Widrigkeiten verkündete Harald Lüdtke, Geschäftsführer Soudal Deutschland, ein „Umsatzwachstum im hohen einstelligen Bereich“. Für das erste Halbjahr 2017 verzeichnete das Unternehmen sogar „ein deutlich zweistelliges Wachstum“, wie Lüdtke zufrieden preisgab, „und zwar um 15 Prozent.“
Ermöglicht hat das insbesondere der Vertrieb, der sich in drei Bereiche unterteilt. Da wäre einmal der Industriebereich, der auch personell verstärkt wurde. „Da sehen wir uns gut aufgestellt, haben in 2016 bereits ein einstelliges Wachstum erzielt.“ Der zweite Bereich betrifft die Baumärkte. Auch hier bilanziert Lüdtke ein „gutes Jahr. Wir haben mit den Bestandskunden ein ordentliches Wachstum erzielt.“
Im Fachhandel und professionellen Bereich zahle sich die vor knapp vier Jahren eingeleitete Neuausrichtung allmählich aus. „Wir gehen auch direkt auf die Baustelle und zeigen da unsere Innovationen“, so der Deutschland-Chef. Das mache sich nun in einem „deutlich zweistelligen Wachstum bemerkbar“, zudem habe man die Vertriebsmannschaft auf 16 Mitarbeiter verdoppelt, dazu noch zwei Regionalleiter integriert. Insbesondere im Fensterbereich sei man aktuell besonders stark unterwegs. „Wir können Fenster“, betonte Lüdtke. War man da bislang vorrangig im Bereich der Dichtung gefragter Partner, sei man jetzt auch immer mehr im Bereich der Isolierglasisolation unterwegs. „Unser Anspruch für die Zukunft: sämtliches Kleben und Dichten am Fenster aus einer Hand“, so Lüdtke, was auch die Verträglichkeit der Produkte untereinander sichere.
In organisches Wachstum habe das Unternehmen 2016 investiert, erklärte Thys. Unter anderem habe man eine neue Anlage für die Silikon-Fertigung errichtet und auch am Stammsitz in Belgien eine 15 500 m² große Halle gebaut. Da wurden jetzt erst einmal 50 Jahre Soudal in Belgien gefeiert, ab September wird die Halle als Lagerhalle genutzt.
Auch ein paar Neuheiten hatte Soudal im Gepäck. Zum einen präsentierte man ein neues Ventil. Zwei Jahre lang sei das entwickelt worden. Der Clou: Es verhindert den Treibgas-Verlust. So soll bis zu zwei Jahre lang die volle Ausbeute des Inhaltes gewährleistet sein.
Ansonsten fieberte man bei Soudal am Vorabend des 20. Geburtstages von Soudal Deutschland dem Start der Tour de France entgegen, wo man gemeinsam mit Lotto ein eigenes Team im Rennen hat. So kamen auch um die 80 geladene Gäste in den Genuss, sich besondere Produkte noch einmal vorführen zu lassen, bevor am Abend in den Geburtstag gefeiert wurde.—
Prüfmethoden für PU-Schäume
Die Arbeitsgruppe „PU-Schäume“ der Association of the European Adhesive & Sealant Industry (FEICA), hat es sich zum Ziel gemacht, Prüfmethoden auf europäischer Norm als offiziellen Standard auszuarbeiten. Nun liegen Datenblätter vor, die von den Mitgliedern der FEICA, und somit von nahezu jedem PU-Schaum-Hersteller, als Vorgabe eingesetzt werden. „Für Handwerker und Endverbraucher stellen diese Datenblätter eine deutliche Erleichterung dar“, sagt Luc Thys, Vorsitzender der Arbeitsgruppe. „Sie ermöglichen erstmals eine direkte Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Produkte und Hersteller.“ Einheitliche Bewertungsmaßstäbe geben Auskunft über Volumen, Haftung sowie Schrumpf- und Schnittverhalten der PU-Schäume. Da die Produkte auf Temperatur und Feuchtigkeit empfindlich reagieren, ist es entscheidend, diese Kennzahlen nach einheitlichen Prüfmethoden zu messen. Die Prüfmethoden gelten für sogenannte One Component Foams (OCF) – also im Prinzip für alle gängigen Bau- und Montageschäume, die direkt aus der Dose verarbeitet werden können. Als nächsten Schritt strebt die FEICA an, die neuen Prüfmethoden in die Europäische Norm zu überführen. Gleichzeitig arbeitet die Gruppe um Thys an den Mindestanforderungen für PU-Schäume, sodass auch eine CE-Kennzeichnung möglich wird. Diese müsste jedoch von der Europäischen Kommission initiiert werden. Bisher gab es für PU-Schäume keine genormten Vorgaben für die Kennzeichnung der Produktkennziffern, weshalb jeder Hersteller diesbezüglich freie Hand hatte. Dadurch ließen sich die verschiedenen Fabrikate oft nur unzureichend miteinander vergleichen.
Soudal
Das Unternehmen mit Stammsitz im belgischen Turnhout erhöhte sein Umsatzplus um 6,3 % auf 670 Mio. Euro. Neben Deutschland, Österreich, Großbritannien und Frankreich ist Soudal mit eigenen Verkaufsbüros und Logistikzentren in mehr als 40 weiteren Ländern vertreten. Das Unternehmen unterhält 16 Produktionsstätten auf vier Kontinenten und beschäftigt weltweit circa 2600 Mitarbeiter.