_ Auf der am Vorabend des Branchentreffs anberaumten Pressekonferenz gab es vom neuen Vorstandsvorsitzenden Bernhard Helbing nach den obligatorischen Dankesworten an seine Vorgänger im Amt, Alfons Schneider und Erich Losch, klare Ansagen: „Wir müssen beim ift die mittlere Führungsebene stärker in die Verantwortung nehmen.“ Im Zuge dessen habe man auch den Vertrag des technischen Geschäftsführers Dr. Martin H. Spitzner zum 11. Oktober 2013 aufgehoben. Die bisher von ihm betreuten Aufgaben würden die jeweiligen Bereichsleiter übernehmen. Was die thematische Ausrichtung des Institutes angehe, strebe Helbing ebenfalls eine gewisse Kurskorrektur an: Die Energieeffizienz der Bauelemente sei schon auf einem sehr hohen Niveau – jetzt müsse man sich viel eher auch anderen Themen wie der Automation, der Vernetzung der Elemente innerhalb der Gebäudehülle widmen. „Dieser Herausforderung muss sich auch das Institut stellen.“ Das ift sei und solle in Zukunft noch stärker das Dienstleistungsinstitut in Deutschland und Europa sein. Das Sortiment müsse verfeinert werden und neue Themenfelder gelte es zu besetzen.
Fenster zu groß, um sie zu prüfen
Institutsleiter Prof. Ulrich Sieberath ging im Anschluss noch weiter ins Detail und berichtete, dass das ift bereits umgebaut und aufgerüstet habe, weil Bauelemente immer größer werden und mit den bisherigen Platzverhältnissen Bauteilprüfungen zum Teil gar nicht mehr möglich seien. Auch er konstatierte, dass man im Bereich der Systemabstimmung noch viel Unterstützungsarbeit seitens des Fensterinstitutes leisten könne. Und Komfort-Themen würden immer wichtiger werden, besonders die, die unter dem Aspekt des Sicherheitsbedürfnisses zu sehen seien. Was das Energy Label angeht, so zeigte sich Sieberath erfreut, dass hier mittlerweile 8000 Zugriffe auf der ift-Internetseite zu verzeichnen seien. Zugleich verriet er, dass das Ziel verfolgt werde, in der EnEV 2016 dieses Energy Label zu integrieren (im vereinfachten Verfahren der Anlage 3).
Sorgenkind Montage
Das Megathema schlechthin – und für ihn immer wieder überraschend – sei aber nach wie vor die Montage. „Was die Schadensfälle angeht, ist dies das Highlight im negativen Sinne. Wie viele Informationen müssen wir eigentlich noch bringen, dass die Montage in der Branche verstanden wird?“, so sein fast schon flehentlicher Aufruf. Nach wie vor werden von vielen Akteuren die getrennt voneinander zu betrachtenden Aspekte Befestigung und Abdichtung nicht hinreichend berücksichtigt. Moderne, schwere Fensterelemente würden höhere Lasten in die Wand einleiten – gleichzeitig aber verschlechtern sich die Verankerungsmöglichkeiten in der Wand. Deshalb dränge er darauf, neue Bemessungsansätze für die Fenstermontage zu definieren.
Prof. Sieberath ging dann vor den 950 Teilnehmern in seinem Einführungsvortrag darauf ein, warum man in diesem Jahr sich auf die Themen Sicherheit und Komfort konzentriere: „Denken Sie an die Sicherheit und die Komfort-Thematik – das ist wichtiger als die U-Wert-Diskussion.“
Diese „neuen“ Eigenschaften sollen nun durch ein EU-Mandat in die Produktnorm für Fenster einfließen. „Auch hier muss die Branche lernen und den Nutzen durch die Themen wie mehr Tageslicht, besserer Schallschutz, Kindersicherheit (unbeabsichtiges Öffnen, Splitterschutz, Quetschgefahr), Tauwasserfreiheit, Einbruchhemmung und Nachhaltigkeit darstellen.
Gerade was die Einbruchhemmung angehe, hätten Fensterbauer die Lösungen ja im Angebot – nur würden diese noch viel zu wenig offensiv vermarktet. „Wenn mehr geschützte Elemente eingebaut werden würden, dann hätten Einbrecher auch sehr viel weniger Erfolg,“ ist er überzeugt.
„Einbauküche oder neue Fenster?”
Diese Frage, nach den richtigen Argumenten zur Kaufentscheidung eines Fenster, wurde in den einzelnen Themenblöcken weitergeführt: Christin Wetzel von der Universität Stuttgart beispielsweise stellte die Frage in den Raum: „Einbauküche oder Wärmedämmung?“ – nach wie vor würden hier doch mehr Personen glücklicher mit einer neuen Küchenzeile werden. Und was den Aktionismus im Bereich der Energiespar-Sanierungen angeht, so bezog er eindeutig Stellung: „Eine Passivhaus-Sanierung ist eigentlich nicht besonders sinnvoll – besser wäre es, wenn 10 Gebäude von einem ganz schlechten auf ein Niedrigenergieniveau gebracht werden würden.“
Was die Amortisationszeiten angeht, so hätte man beim Fenstertausch alle Argumente auf seiner Seite. Oft rechne sich hier schon eine Sanierung in neun Jahren – wenn man diese Maßnahme innerhalb anderer Vorhaben einbette. „Und nach dieser Zeit ist der Profit einer Sanierungsmaßnahme ja nicht abgeschlossen!“ Schon mit Fenstern, die aufgrund ihrer Konstruktion gerade die Anforderungen der EnEV erfüllen, wäre der Verbraucher am besten bedient. Denn: Diese stellten ein wirtschaftliches Optimum dar und seien relativ günstig zu haben.
Ulrich Tschorn als VFF-Geschäftführer vertrat naturgemäß in seinem Vortrag eine etwas andere Position: Die Entscheidung zum Fenstertausch werde viel zu häufig nur mittels Amortisationsberechnungen getroffen. Dabei ließen sich soviel andere Argumente ins Spiel bringen: Beispielsweise bei der eigengenutzten Immobilie das Motto „man gönnt sich ja sonst nichts.“ Und bei der vermieteten Einheit die Erkenntnis: Die Immobilie wird sich besser vermieten lassen und das Niveau der Mieter steigt. Sein Schlusswort: „Wir bauen Häuser, um darin zu wohnen und nicht der Wirtschaftlichkeit willen.“
Professor Dr.-Ing. Ulrich Bogenstätter von der Fachhochschule Mainz hielt kurz danach in seinem Beitrag dagegen: Die Wohnungswirtschaft will Fenster, die keinen Ärger machen. Sie mache sich weniger Gedanken um energetische Effizienz oder Komfort. Vielmehr müsse man mit den Elementen lange vor Instandsetzungskosten oder gar Mietausfällen gefeit sein. Als Tipp gab er der Zuhörerschaft mit: „Lesen Sie die Geschäftsberichte der Wohnungswirtschaft. Da steht drin, was die in den nächsten Jahren vorhaben und ob eine Sanierung ansteht.“
100 Tage BauPVo
GLASWELT-Chefredakteur Matthias Rehberger hat die Session zur Bauproduktenverordnung – 100 Tage Praxistest beobachtet: Prof. Sieberath und der Rechtsspezialist Prof. Christian Niemöller diskutierten Erkenntnisse aus der kürzlich eingeführten Bauproduktenverordnung und parierten den Fragen des Publikums.
Dabei ging es beispielsweise um die Aufbewahrungsfristen für die technischen Unterlagen und die Leistungserklärung. Niemöller: „Sie müssen diese Unterlagen für 10 Jahre ab Inverkehrbringen des entsprechenden Bauproduktes bereithalten.“ Auch eine elektronische Datensicherung dürfte möglich sein, „stellen Sie dabei aber sicher, dass diese Dokumente auch in 10 Jahren noch abrufbar sind.“
Weiter wiesen die Professoren Sieberath und Niemöller darauf hin, dass es vorkomme, dass Wettbewerber der Behörde einen Hinweis geben. Diesen Anzeigen müsse die Behörde dann natürlich nachgehen.
Interessant war auch die Meinung des Rechtsanwalts zur Frage, wer denn für die Produktdeklaration zuständig sei, wenn der Fensterbauer die Fenster ohne Glas fertigt, diese auf die Baustelle liefert. „In diesem Fall derjenige, der als letzter auf der Baustelle Hand an das Fenster anlegt – also der verglasende Handwerker.“ Anders sehe es allerdings aus, wenn der Verglasende beim Glaseinbau von seinem Auftraggeber (dem Fensterbauer) kontrolliert/überwacht wird. Dann sei er der Hersteller und „in Verkehrbringer“, und als solcher müsse er dann wiederum die Deklaration verantworten. Noch einen Tipp gaben Niemöller und Sieberath den Teilnehmern auf den Weg: „Unfertige Bauelemente (z. B. unverglaste Fenster beim Transport auf die Baustelle) dürfen nicht gekennzeichnet sein, da es sich dabei nur um Halbzeuge und damit nicht um fertige Bauprodukte handelt“, so die Referenten. Komme es zu einer Kontrolle, müsse der Fahrer des Transporters keine Unterlagen vorlegen. Einige Fensterbauer fahren aus diesem Grund zweimal eine Baustelle an: Einmal mit dem Flügel und einmal mit den Blendrahmen. —