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Branchentreff

Rosenheimer Fenstertage: Mittendrin in der Zäsur

Dass sich mit dem neuen Institutsleiter etwas ändern wird, wurde bereits in der Pressekonferenz vor den Fenstertagen angekündigt: „Wir wollen die Kommunikation mit unseren Partnern modernisieren und digitalisieren.“ Die Branche dürfe mit vielen Neuheiten in diesem Bereich rechnen, verspricht Prof. Lass am Rande der Tagung. Lass macht auch klar, worin er die Aufgabe des ift sieht: „Wir wollen weiter dafür sorgen, das Qualität und fairer Wettbewerb im Markt herrscht und mit gleichen Mitteln operiert wird.“ Aber gleichzeitig versicherte er, dass er auch nicht alles über den Haufen schmeißen werde. „Mir geht es auch um Kontinuität.“

Fenstertage neu gedacht

Ab 2020 ist Prof. Jörn P. Lass der neue Institutsleiter des ift Rosenheim - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Ab 2020 ist Prof. Jörn P. Lass der neue Institutsleiter des ift Rosenheim - Daniel Mund / GLASWELT
Modifizieren werde man aber das Konzept des Branchen-Treffpunkts „Fenstertage“ selbst. Hier sei der Vorstand mit der Geschäftsleitung bereits im engen Austausch. Dr. Peichel wies darauf hin, dass man zwar in Rosenheim bleiben werde. Künftig werde es die Branche aber mit einem „Green-Event“ zu tun haben. Ein Beispiel: Das Bahnfahren wurde schon jetzt durch Rabattierungen belohnt. Aber auch die Interaktivität solle deutlich gesteigert werden: „Wir planen kleinere Workshops und mehr Diskussionsrunden“, so Peichl. Zudem wolle man mit bestimmten Maßnahmen junge Führungskräfte nach Rosenheim locken. Und künftig darf es wieder heißen: „Die Kaffeepause wird ihnen schmackhaft gemacht von …“

Inhaltlich werde es eine Konzentration auf zwei Themenblöcke Fassade und Fenster geben.

Starker Schwund am zweiten Tag

Zum letzen Mal: Prof. Sieberath eröffnet als Institutsleiter die Fenstertage 2019 - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Zum letzen Mal: Prof. Sieberath eröffnet als Institutsleiter die Fenstertage 2019 - Daniel Mund / GLASWELT
Mit Blick auf die Besucherzahlen ist man in Rosenheim bescheiden geworden. Sieberath sagt dazu auf der Pressekonferenz sinngemäß, dass das ift sich nicht unbedingt durch Zahlenrekorde beim Umsatz oder der Teilnehmerzahl definieren müsse. „Wir haben einen Branchenauftrag zu erfüllen!“ Um aber dennoch eine Zahl zu nennen: Auf der Teilnehmerliste standen 620 Personen plus eine Hundertschaft an Mitarbeitern aus dem ift. Damit bewegt man sich auf knappem Vorjahresniveau. Mit einem Anteil von 30 Prozent Herstellern sei man recht zufrieden, fügt Sieberath hinzu. Was aber auch auffiel: der zweite Konferenztag war deutlich schwächer besucht. Über die Gründe kann man nur spekulieren: Vielleicht wollten doch viele nur noch mal Prof. Sieberath am Donnerstag erleben, vielleicht lockte aber auch das schöne Bayrische Herbstwetter am Freitag oder hatten es gar einige auf dem zünftigen Festabend übertrieben?

Stillgelegte Normungsprozesse

Eine Entwicklung prangert Sieberath in der Pressekonferenz und auch in seiner Begrüßungsansprache besonders an: „Es liegt momentan quasi jedes Normungsprojekt auf Eis.“ Hier geht nichts voran, beklagt er – verbunden mit der Hoffnung, dass mit Frau von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin der Normungsprozess wieder Fahrt aufnehmen könne. „Für die Hersteller ist dieser Zustand jedenfalls einfach nur schlimm. Die haben viel Geld investiert und wissen jetzt nicht, was passiert.“

Sieberath: Fenster for future

In seinen Ausführungen am Donnerstagmorgen ging Sieberath dann noch mal auf die Herausforderungen der Branche ein: Fachkräfte-, Rohstoff- und Baustoffmangel zwingen zum Handeln. Aber auch das Handeln selbst ist unkalkulierbarer geworden. Die politischen Ereignisse überschlagen sich und Prognosen daraus abzuleiten ist quasi Kaffeesatzlesen.

Das Montagezargenthema wurde in mehreren Vorträgen angesprochen und auch das Interesse bei den Teilnehmern wurde durch die interaktive online-Befragung aufgezeigt. - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Das Montagezargenthema wurde in mehreren Vorträgen angesprochen und auch das Interesse bei den Teilnehmern wurde durch die interaktive online-Befragung aufgezeigt. - Daniel Mund / GLASWELT
Was den Klimaschutz angeht, so konstatiert er, dass die Sanierungsquote bei uns natürlich eine „Katastrophe“ sei. Und auch unsere Vorreiterrolle – Stichwort Energiewende – haben wir völlig verspielt: Jetzt landet die Bundesrepublik beim Klimaschutzindex in Europa nur mehr auf den vorletzten Platz. Aber er machte auch Mut: „Wir stehen vor einer Renaissance alter Konstruktionen“, die an die heutigen Anforderungen angepasst werden können. Beispiel: Kasten- und Verbundfenster. Auch glaube er an die schaltbare Verglasungen, die in Zukunft kostengünstiger und besser integrierbarer sein werden. Summa summarum sieht er das Fenster als Energiemanager in der Fassade mit fortschrittlicher Glastechnik (Stichwort Dünnglastechnologie).

Insgesamt seien aber viele Fensterbauer alleine nicht stark genug, um Produktentwicklungen mitgehen oder gar anstoßen zu können. „Im Einzelkampf kommen nur die Großen voran.“ Deswegen gab es ein Appell vom scheidenden Institutsleiter: „Schließen Sie sich zu Netzwerken zusammen, dann können Sie auch viel bewegen!“

Nachhaltiges Wirtschaft ist rentabel

Die Themen der friday´s for future-Bewegung hat das ift aufgegriffen und ein entsprechendes Forum inmitten der Fenstertage geschaffen: “Thursday for future“. - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Die Themen der friday´s for future-Bewegung hat das ift aufgegriffen und ein entsprechendes Forum inmitten der Fenstertage geschaffen: “Thursday for future“. - Daniel Mund / GLASWELT
Während dieser kurzen Session wurde aufgezeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit schon viel länger in den Unternehmen beherzigt werde – vor allem bei familiengeführten Betrieben. Schließlich geht es dabei nicht nur um ein behutsames Umgehen mit den natürlichen Ressourcen dieser Erde, sondern auch um langfristiges Wirtschaften. Sowohl Pierre Schlosser von Technoform als auch Prof. Dr. Winfried Heusler von Schüco bekräftigten, dass am Ende auch daran verdient werden kann, wenn man den Nachhaltigkeitsgedanken im Unternehmen umsetzt. Dr. Heusler: „Man muss sich dazu eine Roadmap geben. Dabei ist es keine Schande, nicht am Ziel zu starten.“ Auch bei Schüco fing der Nachhaltigkeitsaspekt zunächst mit der simplen Mülltrennung an.

Es gibt Gewinner des Klimawandels

Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigte in Sachen Klimaschutz auf, “warum uns Nichtstun teuer zu stehen kommt“ - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigte in Sachen Klimaschutz auf, “warum uns Nichtstun teuer zu stehen kommt“ - Daniel Mund / GLASWELT
Ein mutmachendes Szenario zur Klimawende entwarf am Freitagvormittag Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf der Bühne. Ihr ging es darum, „Warum uns Nichtstun teuer zu stehen kommt“. Und weiter: „Die Jugendlichen haben Recht mit Ihren Demonstrationen“, denn die Fakten zeigen, dass sich das Klima schneller aufheizt als prognostiziert. Deutschland trägt eine große Verantwortung, weil die Pro-Kopf-Belastung bei uns überdurchschnittlich hoch ist und weil wir die Technologien zur Klimawende zur Verfügung haben. Anhand quantitativer, computerunterstützter Modelle lässt sich abschätzen, was Klimaschutz und Klimawandel, Energiepreis-Schwankungen oder nachhaltige Mobilität kosten. Wenn wir nichts tun, wird´s noch teurer als wenn wir uns um den Klimaschutz bemühen, so Kemfert. „Klimaschutz ist bezahlbar und schafft wirtschaftliche Chancen.“

Als mit der größte „Gewinner“ des Klimawandels zeichne sich die die Bauwirtschaft ab. Mit dem aktuellen Klimaprogramm der Bundesregierung sei aber eine Klimaneutralität 2050 nicht zu schaffen. Kemfert geht davon aus, dass die Regierung „nachjustieren“ werde. „Die Preise müssen die (Kosten-)Wahrheit implementieren.“ – Kohlesubventionen gehören in ihren Augen deshalb abgeschafft.

GLASWELT Redakteur Olaf Vögele nahm in Saal “Rosenheim“ in seinem Beitrag den Sonnenschutz in der Fassade unter die Lupe und zeigte Tücken bei der praktischen Nutzung. - Daniel Mund / GLASWELT - © Daniel Mund / GLASWELT
GLASWELT Redakteur Olaf Vögele nahm in Saal “Rosenheim“ in seinem Beitrag den Sonnenschutz in der Fassade unter die Lupe und zeigte Tücken bei der praktischen Nutzung. - Daniel Mund / GLASWELT
Daran im Anschluss teilte sich das Podium wieder auf in die Säle Bayern und Rosenheim: GLASWELT Redakteur Olaf Vögele nahm beispielsweise in „Rosenheim“ in seinem Beitrag den Sonnenschutz in der Fassade unter die Lupe und zeigte Tücken bei der praktischen Nutzung. Dass der Sonnenschutz in der Fassade eine unverzichtbare Komponente ist, machte der Sachverständige und Rollladen- und Jalousiebauermeister anhand praktischer Beispiele deutlich. Mit den steigenden Glasanteilen, die aus Sicht des Tageslichtanteils in Gebäuden zu begrüßen sind, wächst auch die Verantwortung, sich mit dem Thema Sonnenschutz enger zu befassen und es nicht als ein lästiges Anhängsel zu betrachten, das Geld kostet und einen erhöhten Planungsaufwand bedeutet. Sein Fazit: „Ohne Sonnenschutz geht es nicht. Für jedes Gebäude gibt es passende Lösungen!“

Montagezarge war durchgängiges Thema

Fenster sollten schon bei der Montage eigentlich wie Möbel behandelt werden – schließlich wäre es doch schade wenn das hohe Qualitätslevel aus der Produktion auf der Baustelle wieder durch nachgelagerte Gewerke zunichte gemacht wird. Diese Erkenntnis scheint sich jetzt immer mehr durchzusetzen – zumindest ist das Konzept der Montagezarge auf den Fenstertagen an vielen Stellen erörtert worden: Beispielsweise bei Prof. Sieberath oder auch durch Wolfgang Jehl, der am Freitagvormittag über dieses Thema referierte. Jehl ging auf die Vorteile dieser Einbauvariante aus technischer Sicht gegenüber einer herkömmlichen Montage ein. Auch die volkswirtschaftliche Sicht wurde betrachtet und dabei konstatiert, dass die nachhaltige Anwendung dem Endkunden nicht einfach zu vermitteln sei.

Ein Vor-Ort-Bericht von Daniel Mund