Mit einem völlig neuen Kongresskonzept überraschte der VFF auf seiner Jahrestagung. Offensichtlich hatte der Verband die Kritik nach der letzten Jahrestagung aufgegriffen und die Agenda sowie Inhalte neu konzipiert. Gleich zu Beginn wurden mit interessanten Podiums- und Plenumsdiskussionen der Rahmen gegenwärtiger Aufgabenstellungen abgesteckt. Erfahren Sie mehr über die Antworten auf drängende Branchen-Fragen.
Verband zeigt im Film attraktive Berufschancen auf
Der Verband startete den Kongress mit einem Paukenschlag in Sachen Nachwuchsförderung: Rechtzeitig zur Tagung wurde der neue Recruiting-Film des Verbands "abgedreht". Alle Teilnehmer hatten die Gelegenheit, der Uraufführung beizuwohnen. Der Film wird jetzt im Anschluss den VFF-Mitgliedern zur Verfügung gestellt - auch Kinoversionen sind erstellt, damit die Fensterbauer in den lokalen Kinosälen auf attraktive Berufschancen im eigenen Betrieb aufmerksam machen können. Damit das Paket rund wird, wurde gleich eine entsprechende Microsite (www.vff-karriere.de) und auch kurze - sehr unterhaltsame - Teaser für die Reichweitengenerierung auf Facebook und Co. beigesteuert.
Macht sich der Verband stark für die Montagezarge?
Diskutiert wurde dann im neuen Format: Nach kurzen, aber aussagekräftigen Impulsreferaten vom VFF-Präsidenten Detlef Timm („Erfolg durch abgestimmte Aufträge“) und Helmut Hilzinger („Baubarkeit als Maßstab des Bauens – Erfolgsfaktor Bauleitung“) waren die Teilnehmer gleich selbst gefragt: Wie gehen sie mit der Problematik um, dass Fenster viel zu früh eingebaut werden und dann durch den Dreck des Rohbaues in Mitleidenschaft gezogen werden? Das Bauelement Fenster oder Tür ist dann schon eingebaut, aber die Abnahme findet erst viel später statt. Joachim Oberrauch als Vertreter des Südtiroler Fensterbauers Finstral lieferte dazu den entsprechenden Kommentar mit Lösung: Ein Fenster werde in Norditalien nie ohne Montagezarge eingesetzt. Die Bauelemente kommen dann auf die Baustelle, wenn der Rohbau abgeschlossen sei.
BIM: alle haben davon gehört, keiner hat damit gebaut
Oliver Windeck (Metallbau Windeck GmbH; „BIM oder KlimBIM – auf dem Weg in unsere Branche“) bezog gleich zu Beginn seines Impulsreferates das Publikum mit ein: Viele der Teilnehmer bekundeten durch ihr Handzeichen zu wissen, was sich hinter BIM verbirgt. Aber keiner hat bislang mit BIM in Deutschland gearbeitet. Windeck ging weiter auf die Bedeutung, Chance und Risiken von „Building Information Modeling“ ein und auch er beklagte: „Wir liefern, ohne dass der Architekt oder Planer uns genauere Angaben macht, übernehmen dann sogar selbst die Planung und am Ende haften wir auch noch dafür.“ Ganz anders sei dabei das Selbstverständnis des Elektrikers auf der Baustelle: der macht nichts ohne konkrete Angaben des Architekten.
Zuviel Macht für die Gutachter?
Einen weiteren Kurzvortrag steuerte im Anschluss Prof. Christian Niemöller von der Frankfurter Baurechtskanzlei SMNG bei. Seine These: Gutachter übernehmen immer die Arbeit der Richter. Aber als Vertreter des Rechts sei das eine beklagenswerte Entwicklung – schließlich würde damit auch die geforderte Objektivität bzw. Neutralität auf dem Spiel stehen. Olaf Vögele aus den Reihen der Zuhörerschaft und selbst Sachverständiger empfahl allen Beteiligten, den Sachverständigen vor einer Gerichtsverhandlung zu prüfen – das werde viel zu selten gemacht. Auch beim Verband wäre eine Nachfrage sinnvoll, ob dieser gerichtsbeteiligte Sachverständige bekannt sei.
Nach einem interessanten und kurzweiligen Rundgang durch die historische Ulmer Innenstadt und einen schönen Netzwerk-Abend auf der Donau begann der zweite Kongresstag mit der Vorstellung des VFF-Arbeitsschwerpunktes „VOB und Recht“ durch Markus Christoffel, der diesen Schwerpunkt beim Verband betreut. Er erläuterte wesentliche Änderungen im Baurecht des BGB, auf die sich die Branche derzeit einstellen muss.
„Wie kommen wir in die Köpfe unserer Mitarbeiter – Motivation, ein Botenstoff für Erfolg“. Unter diesem Titel zeigte Marketingexperte Dr. Wolfgang Setzler anschließend die „weichen“ Erfolgsfaktoren auf. Angesichts wachsender Ansprüche in Planung, Produktion und Verkauf ist die Motivation ins Zentrum praktisch jedes Branchenunternehmens gerückt. Einer seiner Kernsätze: „Wir machen immer den Fehler, dass die guten Mitarbeiter mehr belastet werden und die schwächeren immer weniger. Und dann wundern wir uns, dass die guten Leute das Unternehmen verlassen oder eben an Motivation verlieren.“
Welche Aufgaben sich der Politik heute stellen, erörterte schließlich der Regensburger Volkwirtschaftler Prof. Dr. Wolfgang Wiegard. Der ehemalige Vorsitzende des „Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ sprach über „Konjunktur- und Wirtschaftspolitik in unsicheren Zeiten“. „Brexit“ und „Strafzölle“ waren aktuelle Stichworte für Professor Wiegards Vortrag. Gekonnt und für jedermann verständlich lieferte er die Argumente, warum man aktuell bei der politischen Entwicklung in Italien genau hinschauen sollte. Wenn die derzeitige Regierung tatsächlich das umsetzen würde, was sie angekündigt hatte, dann würden wir in eine neue Eurokrise schlittern. Ebenso gekonnte lieferte er den Teilnehmern noch gratis obendrauf einen simplen und neutralen Anlagetipp...
Keine DIN 18008-Diskussion
Was zum Schluss blieb, war ein Resümee vom Verbandspräsident Detlef Timm, dass die Podiumsdiskussionen und Impulsvorträge wohl viel Anklang gefunden hätten. Aus unserer Sicht kann man nur zustimmen – es gab aber auch die Teilnehmer, die bedauerten, dass mit diesen kurzen Beiträgen nur an der thematischen Oberfläche gekratzt wurde. Erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass der Verbandstag wichtige Themen in der Agenda ausgespart hatte: Beispielsweise wurde die Novellierung der Glas-DIN 18008 (frei und ohne Hilfsmittel zugängliche Vertikalverglasungen bis 0,80 m über Verkehrsflächesollen künftig aus Glas mit Sicherheitglas ausgeführt werden) und die laufende Einspruchsphase dieser Norm nicht im Fachprogramm integriert wurde. Darüber wurde freilich untereinander sich rege ausgetauscht.