Glaswelt – Herr Dr. Schoisswohl, wo drückt heute dem Glasverarbeiter der Schuh?
Dr. Markus Schoisswohl – (Isolier-)Glas war früher ein eher regionales Produkt. Das ändert sich zunehmend und verändert damit den Markt. Die Reichweite hat stark zugenommen und somit stehen Produzenten auf dem Heimmarkt in zunehmendem Maße in direkter Konkurrenz zu Importeuren. Dabei muss die Branche die steigenden Importe aus Osten als Fakt akzeptieren und sich teils ganz anders positionieren als bisher. Gerade in diesem Zusammenhang ist die Automation für die Hersteller ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Glas bietet zudem noch viele Potenziale, deshalb sollte der Verarbeiter hierzulande überlegen, was er mit Glas noch machen und anbieten kann und dies entsprechend gut vermarkten sowie mit dem Service punkten. Wir sehen eine zunehmende Konzentration am Markt, welche mit einem höheren Grad an Automation einhergeht.
Glaswelt – Sind dann für den Verarbeiter ein Mehr an Automatisierung sowie die entsprechenden Investitionen eine Überlebensfrage?
Dr. Schoisswohl – Ja. Ich sehe, dass die Automatisierung dazu dient Qualitätssprünge zu erreichen, die Mitarbeiter zu entlasten und kostenoptimiert zu produzieren. Gleichzeitig lässt sich die Produktion flexibler gestalten und kontrollieren. Die Automatisierung der Produktion ist nicht nur für große Produzenten von Bedeutung, sondern sie ist auch essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit von Nischenanbietern.
Glaswelt – Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Verarbeitungsbetrieb?
Dr. Schoisswohl – Ist ein gewisser Grad an Automation erreicht, bedeutet dies deutliche Veränderungen in der operativen Steuerung des Betriebs, in den Abläufen und den gewohnten Verarbeitungsstrukturen: Um hier die Übersicht zu haben, braucht es eine passende Software, welche dafür sorgt, dass die gesamte Produktionslogistik optimal läuft. Dies beginnt bei Auftragserfassung und Produktionsplanung, d. h. die Software muss den Verarbeiter über die gesamte Wertschöpfungskette vom Angebotsmanagement über die Produktion bis zur Lieferung begleiten.
Glaswelt – Welche Veränderungen bedeuten Automations-Investitionen für den Betrieb?
Dr. Schoisswohl – Ist die Entscheidung für eine Investition gefallen, muss bei der Planung der Produktionsfluss im Vordergrund stehen. Was, wie viel und wie will ich in Zukunft produzieren? Erst auf Basis dieser Überlegungen sollte der Maschinenpark geplant werden, ebenso die Entscheidung, welche bestehenden Maschinen weiter verwendet werden.
Und eines darf nicht vergessen werden: Selbst automatisierte Anlagen machen den Job nicht ohne den Bediener. Hier muss beim Investieren vielfach ein Umdenken stattfinden.
Eine Anlage hinzustellen, reicht heute nämlich nicht mehr aus. Alle Abläufe und die eigene Arbeitsweise, inklusive Hemmschwellen, müssen auf den Prüfstand gestellt und angepasst werden.
Glaswelt – Und was heißt das für die Mitarbeiter (in der Produktion)?
Dr. Schoisswohl – Wir sehen in unserer täglichen Praxis, dass der Übergang zu automatisierten Anlagen und Abläufen für die Mitarbeiter oft eine große Herausforderung darstellt. Diese Kollegen rechtzeitig zu begleiten, neue Prozesse zu definieren und intensiv zu schulen ist essenziell für den erfolgreichen Umstieg auf eine automatisierte Produktion.
Automatisierte Anlagen stellen zudem höhere Anforderungen an das Wartungspersonal, denn Fehler kommen nun auch aus der Verknüpfung von Anlagenteilen und können in der Summe große Auswirkung haben.
Glaswelt – Welche Verantwortung sehen Sie als Softwareanbieter gegenüber Ihren Kunden?
Dr. Schoisswohl – Das Zusammenspiel der Produktionsabläufe und der Anlagen muss stimmen. Dabei sehen wir unsere Verantwortung zweigeteilt: Zum einen wollen wir den gesamten Geschäfts- und Produktionsprozess unserer Kunden datentechnisch bestmöglich versorgen.
Zum anderen sehen wir unsere Aufgabe darin, Kunden zu unterstützen, ihre Produktionsabläufe kontinuierlich zu verbessern und damit die Produktivität zu steigern. Dabei muss die Software helfen, die Potenziale in der Produktion zu erheben, das ist ein ganz großes Thema.
Glaswelt – Und wie sieht das in der Praxis aus?
Dr. Schoisswohl – Hierfür haben wir eine zentrale Erfassung von Maschineninformationen namens LIS.assetcheck entwickelt. Damit sieht der Produktionsleiter die Prozessdaten und Meldungen aller angeschlossenen Maschinen. Auf einen Blick kann er so erfassen, ob diese laufen und falls nicht, welche Meldungen die Anlage gerade liefert. Die Auswertung der gesammelten Daten ist die Basis des innerbetrieblichen KVP.
Da wir selbst Glas verarbeiten, können wir in unserer Produktion solche Verarbeitungsprozesse auch live präsentieren. Wir laden Interessierte gerne dazu ein, unsere Anlagentechnik sowie die Steuerung im Echtzeit-Betrieb zu begutachten.
Glaswelt – Was kann der Glasverarbeiter noch von Ihnen an Unterstützung erwarten?
Dr. Schoisswohl – Hin und wieder ist es nützlich, wenn ein Betriebsfremder einen frischen Blick auf die Produktion wirft, hierfür haben wir qualifizierte Außendienstmitarbeiter. Weiter unterstützen wir unsere Kunden gerne bei Fragen der Produktions- und Prozessoptimierung.
Dazu kommt, dass unsere Software auch für die Anbindung von Anlagen anderer Anbieter offen ist, wir bieten die entsprechenden Schnittstellen für solche Maschinen.
Glaswelt – Was wünschen Sie der Glasbranche in Westeuropa?
Dr. Schoisswohl – Die gleichen Wachstumsraten wie in China. —
Die Fragen stellte Matthias Rehberger.