_ Ausschreibungen sind eine heikle Angelegenheit und unter den Handwerkern viel und vor allem heiß diskutiert. Einem hohen Zeitaufwand beim Ausfüllen der Ausschreibung stehen oft sehr geringe Chancen gegenüber, den Auftrag überhaupt zu erhalten, weil Mitbewerber in vielen Fällen vollkommen absurde Preise abgeben. Aber auch juristische Fallstricke, in den vielen Seiten starken Unterlagen, bergen mitunter große Gefahren, wenn der Auftrag kommt. In vielen Fällen wandern die Unterlagen deshalb sofort in die Ablage P (Papierkorb), und so sind viele Chancen vertan, Arbeit zu beschaffen.
Submissonstermine beobachten
Hat man sich aber die Arbeit gemacht, sollte man auch die Submissionstermine beobachten, um nicht nur zu sehen wo man preislich liegt, sondern ob andere Angebote reell sein können. Sehr oft liegen da die Angebotspreise anderer Bieter unter dem eigenen Einkaufspreis. Bei der Vergabe der Aufträge komme es aber nicht nur auf den niedrigsten Preis an, sondern auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieters, so die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (Arge Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV). Was nütze schließlich eine preiswerte Offerte, wenn der Auftragnehmer auf halber Strecke Insolvenz anmeldet? Um Pleiten dieser Art auszuschließen, sollten Auftraggeber eigentlich prüfen, ob die Bieter für den Auftrag geeignet sind. Jeder Bieter kann bei einer Ausschreibung Einspruch einlegen, wenn er den begründeten Verdacht hat, dass die Angebotsabgabe so nicht geleistet werden kann.
Bonität ist gefragt
Aber wo bekommt der Auftraggeber verlässliche Daten über den Bieter? Und reicht schon die schlechte Prognose einer Wirtschaftsauskunftsdatei, um den Bieter aus dem Rennen zu werfen?
Nein, urteilt der Bundesgerichtshof (BGH), denn allein die Bewertung einer solchen Agentur reicht dazu nicht aus. Eignungsentscheidungen brauchen gesicherte Grundlagen. Die muss sich der Auftraggeber außerdem selbst verschaffen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes: vgl. BGH, Urteil vom 26.10.1999 - X ZR 30/98 und BGH, Urteil vom 24.05.2005 - X ZR 243/02). Die Vergabestelle muss dazu die Umstände des Einzelfalls umfassend prüfen, abwägen und selbst eine Prognose vornehmen, ob der Bieter gerade die ausgeschriebenen und von ihm angebotenen Leistungen vertragsgerecht erbringen kann. Pauschale Schlussfolgerungen zur mangelnden Leistungsfähigkeit sind also tabu. Ebenso wie die ungeprüfte Übernahme einer Bonitätsauskunft einer Wirtschaftsauskunftsdatei.
Diese Grundsätze schließen allerdings die Verwertung von Bonitätsbewertungen im Vergabeverfahren nicht grundsätzlich aus. Der Auftraggeber muss aber sicherstellen, dass er diese Angaben inhaltlich überprüft – und er muss dem Bieter die Möglichkeit geben, die Darstellung der Wirtschaftsauskunftsdatei zu korrigieren. Im Zweifel sollten sich Auftraggeber von einem Baurechtsanwalt beraten lassen. Sonst kann es zu erfolgreichen Nachprüfungsverfahren wie kürzlich im Verfahren vor der Vergabekammer Baden-Württemberg, Az: 1 VK 27/13, kommen.
VOB, BGB und sonstige Regelungen
Besonders interessant wird es für einen selbst, wenn man Auftrag erhalten hat. Da gilt es überhaupt erstmal zu prüfen, wer Auftraggeber ist und was es z. B. mit einer originären Vollmacht des Architekten als Ansprechpartner auf sich hat. Auch die Klaviatur der VOB sollte beherrscht werden, um zum richtigen Zeitpunkt Bedenken anzuzeigen oder Behinderungsmeldungen abzugeben. Kurzum, es ist nicht damit getan nur eine Ausschreibung abzugeben, sondern sich sehr genau mit dem Prozedere auseinanderzusetzen, um keine bösen Überraschungen bei geforderten Leistungen, Abrechnungen oder Gewährleistungsfällen zu erleben. Sonst kann z.B. eine Mängelanzeige nach VOB sehr schnell die Chance für ein langes Miteinander bieten.—