Malermeister Baumer aus Regensburg schreibt in seinem Blog auf seiner Website:
"Was ist nur aus unserem Handwerk geworden?"
Und gleich zu Beginn beschreibt er eine alltägliche Situation:
"Ich komme gerade von einem Besichtigungstermin. Ein renommierter Professor aus Regensburg möchte seine Praxis gestrichen haben. Mit einer freundlichen Empfangsdame werden alle zu bearbeitenden Zimmer besichtigt, aufgemessen und die anstehenden Arbeiten detailliert besprochen. Nach ca. 1 Stunde ist alles aufgenommen und es kommt zu einem typischen Dialog:
Kunde: Was kostet es denn ungefähr?
Alex Baumer: Das kann ich Ihnen noch nicht genau sagen, dafür muss ich das Aufmaß erst ausarbeiten und die einzelne Positionen kalkulieren.
Kunde: Ja wissen Sie, wir haben nämlich schon 2 Angebote und der Professor will den Auftrag an den günstigsten vergeben!
Baumer: Dann kann ich mir wohl die Arbeit sparen, da wir selten die Günstigsten sind aber wenn ich fragen darf, wo liegt denn aktuell der günstigste Preis?
Kunde: Warten Sie ich schau mal nach….
Die nette Dame geht also zurück in ihr Büro und ich habe ein paar Momente für mich. Ich überlege. 12 Zimmer, Küche, Empfangsbereich, Toiletten, ein großer Gang, teilweise stark verschmutzt, alles möbliert und vereinzelt Teppichböden was das Abdecken erschwert bzw. ein noch saubereres Arbeiten voraussetzt. Ich kalkuliere also im Kopf mal meine Kosten durch und rechne zusammen. Ich komme auf ca. 7 bis 8.000,- € netto. Kaum bin ich fertig mit meiner groben Kostenschätzung, kommt auch schon die nette Dame mit dem Angebot des „Mitbewerbers“!
Was ich dann sehe, ist leider immer wieder traurige Realität.
Kunde: Herr Baumer können Sie da drunter anbieten, machen Sie uns einen guten Preis?
Baumer: Liebe Frau K. für wen einen guten Preis? Für Ihren Chef oder für mich? Selbst wenn ich könnte, würde ich das nicht tun. Wie ist es denn bei Ihrem Chef. Ich möchte ausschließlich Chefarztbehandlung aber nur den Praktikanten zahlen, geht das?
Kunde: Natürlich nicht.
Baumer: Na sehen Sie, wenn Ihr Professor meine Qualität wertschätzen würde, würde er nicht so mit meiner Zeit umgehen. Für so jemanden will ich nicht arbeiten. Auf Wiedersehen."
Weiter schreibt Baumer in seinem Blog:
Mit das Schlimmste an dieser Situation ist für ihn aber folgendes.
"Genau dieser Malerkollege und auch viele andere, sitzen dann beim Großhändler beim Kaffee trinken und jammern und meckern… „wieder nix verdient!“ „ich arbeite und reiß mir den Ar.. auf und es bleibt nix über!“ „die Kunden zahlen immer weniger und schlechter!“
Anstatt zu überlegen was der Grund dafür ist, wird nur gemeckert und das nächste Mal wieder günstiger angeboten. Man braucht ja Arbeit. Schwachsinn! Es ist genügend Arbeit da. Überall boomt die Bauwirtschaft. Alle verdienen sich daran eine goldene Nase, nur nicht wir Handwerker die diese ganzen Projekte erst möglich machen."
Erste Reaktion eines Fensterbauers
In dem Blog beschreibt Glasermeister Volker Hanold seine Meinung dazu:
"Es ist richtig das wir uns teilweise selbst abschaffen. Und ich gebe auch Herrn Baumer in großen Teilen recht.
Aber das Hauptproblem ist, dass es unseren Lieferanten egal ist, an wen Sie verkaufen. Hier wird an den Baumarkt ebenso verkauft wie an Gewerkfremde und Ungelernte. Die Industrie standardisiert viele Produkte, um möglichst viele Kunden zu erreichen - sowohl Handwerker wie auch Ungelernte und Laien.
Auch wurde uns vom Gesetzgeber ein Bärendienst erwiesen, als der bei vielen Handwerksberufen die Meisterpflicht aufgehoben hat (wo waren da die ganzen Verbände und Kammern und Innungen?).
Dann gibt es auch viele Kollegen, die verzweifelt an Ihren Betriebsgrößen oder Umsatzzahlen festhalten. Das führt dazu, dass viele Arbeiten auch zu Preisen abgewickelt werden, die nicht (vorsichtig ausgedrückt) kostendeckend sind.
Ich selbst habe vor 20 Jahren den Schnitt von einem 25 Mann zu einem 4 Mann Betrieb gemacht. Es war nicht schön und schmerzlich. Aber hätte ich es nicht gemacht, ich denke es gäbe uns heute nicht mehr.
Auch ich kenne die Kommentare von Kollegen, alles schlechte Preise, alle Zahlen schlecht, ich muss 70 Stunden arbeiten, ich verdiene nix.
Ich sage selber Schuld, nicht für jeden Preis, nicht für Generalunternehmer arbeiten. Nicht LV´s ausfüllen die aus 40 Seiten Vorbemerkungen und 3 Seiten Leistung bestehen. Nicht jede Arbeit, die der GU oder Bauträger vorgibt, so ausführen obwohl es noch so verkehrt ist (aber man bekommt ja sonst keinen Auftrag mehr). Und vor allem Lernen NEIN zu sagen.
Ich weiß, es ist schwer und auch ich komme manchmal ins Zweifeln, ob das alles so richtig ist, aber die Ergebnisse geben mir jährlich recht.
Und es wäre noch einfacher wenn sich alle daran beteiligen und vor allem auch gewerkfremde Unternehmer gnadenlos aussteigen lassen und nicht noch für diese als Subunternehmer arbeiten. Ein Fass ohne Boden, woran der einzelne nichts ändern kann.
Es sind zu viele Faktoren die diese Situation herbeigeführt haben. Ich habe mich so gut wie möglich ausgeklinkt, denn ich Lebe nicht um zu Arbeiten, sondern ich Arbeite um zu Leben."
Ihre Meinung ist gefragt:
Sehen Sie das ähnlich - oder haben Sie dazu eine ganz andere Sichtweise? Wir würden das gerne von Ihnen erfahren und darüber auch berichten.
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