_ Wie lassen sich die Potenziale, die in der Logistik stecken, heben? Hier ist zuerst ein Blick auf die gängige Praxis nötig. Heute ist es üblich, dass die einzelnen Kunden des Glasverarbeiters/Isolierglasherstellers festen Tourengebieten zugeordnet sind, die teils seit Jahren an fixen Tagen angefahren werden.
Für die jeweiligen Tourentage werden zu Wochenbeginn die einzelnen Aufträge von der Dispo eingeplant. Ist dies erfolgt, werden die Lieferscheine gedruckt und die Disponenten sortieren händisch die einzelnen Lieferscheine mit den Adressen entsprechend den Liefertagen und der jeweiligen Abladereihenfolge zu. Anschließend werden die Touren an dem üblichen Tag abgefahren und die (Isolier-)Gläser ausgeliefert, beim Kunden abgeladen und der Lieferschein unterschrieben wieder zurückgebracht, teils auch noch leere Liefergestelle.
Das funktioniert ganz gut, wenn die Disponenten jahrelang im Betrieb sind, die Ladekapazitäten der Fahrzeuge kennen sowie die Wünsche der Kunde, um die Touren einigermaßen sinnvoll zu planen. Zunehmend werden dabei Tourenplaner wie Google Maps oder TomTom als Office Version eingesetzt: Hierbei muss der Disponent nur die Anschriften der Kunden eingeben und die Systeme errechnen die günstigste Fahrstrecke nach kürzestem Weg oder schnellster Strecke.
Aber bei dieser Arbeitsweise gibt es einen Pferdefuß: Selbst mithilfe der genannten Tools lassen sich keine optimierten Lkw-Touren planen, da keine flexible Lade-Kapazität berechnet werden kann. Kommen dazu noch Anlieferungen zu Baustellen, teils mit genauen Lieferzeitvorgaben, steigt die Anforderung an die Planung exponentiell an. Je nach Bestellmenge der Kunden zum Liefertermin, sind dann manche Tourengebiete und damit einige Lkw gut und andere weniger gut ausgelastet. Um solche Anforderungen optimiert umzusetzen, braucht es eine übergreifende Tourenplanung auf Softwarebasis.
Teure Leerfahren vermeiden
Der wichtigste Punkt für eine optimale Tourenplanung ist die Auslastung der Transportkapazitäten der Fahrzeuge. Warum? Die höchsten Kosten erzeugt ein leerer, nicht ausgelastet fahrender Transporter. Das Ziel des Glasverarbeiters muss es sein, Leerfahrten zu minimieren.
Bei der vorgestellten klassischen Planung liegt der durchschnittliche Auslastungskoeffizient der Transportflächen eines Lkws zwischen 70 und 80 % – wenn es gut läuft. Dieser Wert lässt sich jedoch noch leicht um bis zu 15 Prozent steigern.
Und das funktioniert so: Bei einem Tourenplanungs-Tool werden die eingangs beschriebenen festen Touren aufgelöst.
Das Logistik-System betrachtet übergreifend die gesamten auszuliefernden Aufträge des Betriebes pro Lieferdatum. Dies erfolgt im Verhältnis zu den Liefergebieten und der zur Verfügung stehenden Gesamtladefläche aller Transporter des Glasanbieters. Die Planung erfolgt nun „übergreifend“. Man spricht von einer dynamischen Belade- und Auslieferoptimierung.
Optimierte Auslastung erfordert weniger Frahrzeuge
Sind die bisherigen Ausliefergebiete nicht mehr begrenzt, lassen sich die Ladekapazitäten flexiblen nutzen, was leicht eine 10 bis 15 Prozent höhere Auslastung der Transportflächen bedeuten kann. Damit lässt sich wiederum die Zahl der Lieferfahrzeuge insgesamt verringern, was wiederum Transport- sowie Personalkosten senkt. Weiter werden die Spritkosten gesenkt, ebenso der CO2-Ausstoß.
Eine Amortisierung der Investitionskosten liegt bei einem Fuhrpark von 10 Lkw (und mehr) etwa bei rund 12 Monaten.
Gehen wir wieder zu unserem Disponenten: Muss er große Mengen an Scheiben verschicken, wird der „manuell“ arbeitende Disponent bei der Sortierung aller Lieferzettel stark gefordert. Denn diese Arbeitsweise ist extrem zeitaufwendig und birgt ein hohes Fehlerpotenzial.
Kommen jetzt neue Aufträge kurzfristig hinzu oder werden Lieferungen vom Kunden storniert oder verschoben, gerät die komplette Lieferplanung ins Schwimmen: Der Disponent muss mit der Wochenplanung wieder neu beginnen.
Anders bei einer dynamischen Tourenplanungs-Software: Kommt es zu Veränderungen der Auslieferbedingungen ist das System in der Lage, das komplette Auftragsvolumen aller Transporter eines Liefertages mit allen verfügbaren Ladeflächen komplett neu zu simulieren. Diese Berechnung dauert maximal vier bis fünf Minuten, dann steht die neue Tourenplanung wieder, und das gilt für den gesamten Fuhrpark.
Praktische Umsetzung
Eine flexible Kapazitätsplanung ist nur elektronisch möglich, da sich mit herkömmlichen Lieferpapieren solch ein Vorgang gar nicht abbilden, geschweige denn umsetzen lässt. Mithilfe des dynamischen Fuhrpark- und Liefermanagements werden die beladenen Fahrzeuge nach Verlassen des Werks von Abladestelle zu Abladestelle navigiert und das mit exakten Fahrt- bzw. Ankunftszeiten.
Über einen eingebauten GPS-Sender weiß der Glasverarbeiter immer genau, wo sich seine Fahrzeuge befinden. Über die Rückmeldung aus dem Lkw zum Werk weiß er immer genau, was abgeladen worden ist und wo (Stichwort: Baustelle).Die ausgelieferten Gestelle werden vorab mit Barcode versehen und bei der Übergabe durch den Fahrer gescannt, um die Auslieferung zu dokumentieren. Alle Lieferdaten werden digital auf Handheld-Geräten und mit elektronischer Unterschrift des Empfängers/Kunden auf dem Display bestätigt (wie beim Paketdienst). Dies erfolgt in Echtzeit, wobei die Ablieferung mittels GPS rechtssicher dokumentiert wird.
Für ein Nachweisfoto der übergebenen Gestelle ist dabei eine Kamera eingebaut sowie ein Scanner für die Buchung der jeweiligen Transportgestelle. Gescannt wird dann jeweils bei der Beladung, beim Abladen (Gestelle/Kisten), bei der Leergut-Annahme (leere Gestelle) auf der Rückfahrt sowie beim Abladen der Leergestelle in der eigenen Firma.
Lesen Sie in der nächsten GLASWELT, wie der Fensterbauer TMP ein solches Logistik-Konzept umgesetzt hat, inklusive Kostenrechnung.—
Eckpunkte für eine effiziente Logistik
Zu einer optimierten Logistik zählen neben einer versandorientierten Produktion:
- schnelle, flexible und vorausschauende Planung des gesamten Lieferprozesses mittels Packplanung der Scheiben auf Gestelle,
- LKW Ladeflächenplanung,
- Kundenorientierte Tourenplanung/Auslieferplanung (Baustellenlieferung just in time),
- Vollständigkeitskontrolle,
- Plausibilitätskontrolle – kommt die richtige Ware auch zum richtigen Abladeort,
- Transportmittel-/Gestellmanagement mit digitalem Lieferschein, der es ermöglicht, zeitnah die Daten der Ablieferung zu dokumentieren, dazu gehören, digitale Unterschrift des Glasempfängers, Kamera für das Nachweisfoto und Scanner für Buchung der Ablieferung der Ware/Leergutabholung.
Die Fahrzeugnavigation der Transporter sollte GPS basiert erfolgen, um eine permanente Fahrzeugortung zu erhalten. Nur so lassen sich dem Kunden zeitnahe Auskünfte über den Verbleib seiner Ware sicher geben.
pro Tour 55 Euro Kosteneinsparung
Pro Tagestour lassen sich ungefähr 55 Euro einsparen, gerechnet auf 250 Tage, gerechnet auf ein Fahrzeug, das mit vier Gestellen beladen werden kann und noch eine Anhänger mit ebenfalls vier Gestellen.
Das entspricht pro Liefer-Fahrzeug einem Wert von über 12 000 Euro pro Jahr.