Jahrestagung Bundesverband Wintergarten: Am 3. und 4. Mai trafen sich in München Wintergartenbauer und deren Zulieferer aus ganz Deutschland, um die wichtigen Weichenstellungen und richtigen Konzepte für den erfolgreichen Bau von Glasoasen mit den Referenten Prof. Dr. Maas, Ulrich Sieberath und Prof. Dr. Niemöller zu erörtern.
Den Reigen der Beiträge hochkarätiger Referenten eröffnete am Donnerstag Prof. Dr. Anton Maas von der Universität Kassel. Er überbrachte den Teilnehmern wichtige Informationen in Bezug auf die Neufassung der DIN 4108, die im Juli endgültig verabschiedet werden soll und auch Einblicke in die Neuauflage der EnEV 2012/2013.
Die DIN 4108 hätte aufgrund neue Klimadaten und erhöhten Temperaturen in Deutschland überarbeitet werden müssen. Die Überschreitungshäufigkeiten einer Außentemperatur von 25° C würden hierzulande zunehmen. Daraus abgeleitet würde eine neue Karte für Klimaregionen in der DIN verankert werden.
Auch das Problem, dass das vereinfachte Verfahren für die Auswertung der Sonneneintragskennwerte nicht mit der Simulation übereinstimmte, wollte man mit der Neufassung der DIN beseitigen. Was den sommerlichen Wärmeschutz im Wintergarten angeht, konnte er die Branche beruhigen: "Beim Wintergarten für Ein- und Zweifamilienhäusern wird in Verbindung mit einer Gebäudelüftung und vorhandenen Sonnenschutzelementen auf einen Nachweis verzichtet werden können.“ Geplant sei folgende Regelung: "Bei Ein- und Zweifamilienhäusern, deren Fenster in Ost-, Süd- oder Westorientierung mit außenliegenden Sonnenschutzvorrichtungen mit einem Abminderungsfaktor Fc ≤ 0,40 (Hinweis: in bisheriger Normenfassung ≤ 0,3) ausgestattet sind, kann auf einen Nachweis verzichtet werden."
Für den Wintergarten gelte dann folgendes: "Steht der für den Nachweis infrage kommende Raum oder Raumbereich in Verbindung mit unbeheizten Glasvorbauten und wird dieser Raum oder Raumbereich nur über den unbeheizten Glasvorbau belüftet, so gilt der Nachweis für den angrenzenden Raum als erfüllt, wenn der unbeheizte Glasvorbau einen Sonnenschutz mit einem Abminderungsfaktor Fc ≤ 0,40 (Hinweis: in bisheriger Normenfassung ≤ 0,3) und Lüftungsöffnungen im obersten und untersten Glasbereich hat, die zusammen mindestens 10 % der Glasfläche ausmachen."
Mit Spannung wurden seine Spekulationen um die Neufassung der EnEV verfolgt: Prof. Maas berichtete, dass es einen „Straßenbahnentwurf“ gebe, der aber auch noch innerhalb der unterschiedlichen Bundesministerien abgestimmt werden müsse. Hier gebe es noch „politischen Klärungsbedarf zum Ausmaß der Verschärfungen.“ Ein Inkrafttreten sei jedenfalls nicht vor Anfang 2013 zu erwarten. In dem noch unabgestimmten Entwurf würden für den Neubau Uw-Werte von 0,95 mit einem g-Wert von 0,6 angesetzt werden. Das brächte für das Gebäude mit verbesserter Kellerwand und Bodendecke eine Verbesserung von rund 7 Prozent, was auch politisch gefordert sei. Bei Nicht-Wohngebäuden würden aber deutlich höhere Verschärfungen von 20-30 Prozent angedacht werden.
Auch würde ein „EnEV-Easy“-Verfahren bei der Neuauflage verankert werden: Bei Einhaltung bestimmter Bedingungen könne man ohne rechnerischen Nachweis die EnEV als eingehalten annehmen. Dabei würden mittels 2 Tabellen in Abhängigkeit mit der Ausstattungsvariante der Heizung die erforderlichen U-Werte ermittelt.
Prof. Maas wies abschließend darauf hin, dass die übernächste EnEV schon dicht darauf folgen werde: Bereits 2015 od. 2016 müssten hier wieder die Anforderungen verschärft werden, um die Ziele bis 2020 erreichen zu können.
Die Teilnehmer hatten im Anschluss die Gelegenheit, diesen fachlich profunden Beitrag beim Besuch des BMW-Museums und der Besichtigung der spektakulären Glasfassadenkonstruktion sacken zu lassen.
Ulrich Sieberath vermittelte den Teilnehmern seine Gedanken zur Nachhaltigkeit: An dem weltweiten Megatrend der Ökobilanzierung gehe kein Weg vorbei und auch die Bauproduktenverordnung definiert als Grundanforderung die Nachhaltigkeit. Wichtig dabei: Die umweltrelevanten Wirkungen werden in der EPD (Environmental Product Declaration) durch den Hersteller bzw. Lieferanten erklärt. Der Architekt beschreibt die Nutzungsszenarien und der Zertifizierer definiert systemspezifische Anforderungen. Am Ende steht dann das Nachhaltigkeits-Zertifikat. Dabei sei für die Branche bereits wichtige Vorarbeit geleistet worden: Es gibt Durchschnitts-EPDs für Fenster, Außentüren, Fassaden und Glas. Aber keine EPDs für Wintergarten. Dabei stellte er die rhetorische Frage: „Brauchen wir diese überhaupt?“ Schließlich könne man den Wintergarten mit den Teilen zusammensetzen, von denen bereits EPDs zur Verfügung stehen. Dabei müsse man dann noch die Flächenanteile der Fenster, Fassaden und Türen bestimmen und hätte so die spezielle EPD für einen Wintergarten.
Passend zum Thema wurden im Anschluss zwei etablierte Materialrecyclingkreisläufe dargestellt. Walter Lonsinger als Vorsitzender der Initiative A/U/F warb für die Teilnahme am Recyclingkreislauf bei Aluminium. 113 Mitglieder hätte die Initiative bereits unter ihrem Dach versammelt – darunter auch viele Metallbauunternehmen. „Je früher Sie damit beginnen, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, desto mehr zeigen Sie ihrer Kundschaft, wie zukunftsorientiert sie handeln,“ so sein Credo. Und gerade bei Aluminium lohne sich jedes Kilo, dass eingesammelt werden kann: Schließlich würden nur 5 Prozent der Ursprungsenergie zur Herstellung von Aluminium notwendig sein, um wiederverwertetes Alu dem Prozess wieder zuzuordnen.
Auch Werner Preusker von der AGPU (Arbeitsgemeinschaft PVC und UMWELT e.V.) bat um die Unterstützung der Recyclinginitiative Prowindo: 2011 hätte man bereits 20.000 t Altfenster und 80.000 t Produktionsabfälle eingesammelt. Diese Quote wäre aber noch steigerungsfähig.
Interessante Einblicke in die Welt der Rechtssprechung im Bau im allgemeinen und im Wintergartenbau im besonderen vermittelte dagegen Prof. Dr. Christian Niemöller. Aber zunächst warnte er diejenigen, die es mit der CE-Kennzeichnungspflicht nicht allzu ernst nehmen würden: Das DIBT (Deutsche Institut für Bautechnik) würde sich jetzt verstärkt zur Aufgabe machen, ihre Marktüberwachungsprogramme zu aktivieren und auch Fenster würden bei denen auf der Liste stehen. „Richten Sie sich darauf ein: Das DIBT hat jetzt auch die Fenster und Türen im Fokus.“ Dazu komme: das Institut hätte auf seiner Homepage bereits „Kontaktstellen“ angegeben – hierhin könnte sich auch mal ein Wettbewerber wenden, wenn dieser bei einer Ausschreibung an 2. Stelle landete und der Meinung ist, dass der Erstplatzierte kein regelkonformes CE-Zeichen besitzt.“
Weitere Beispiele aus der aktuellen Bau-Rechtsprechung trug der Profi in gewohnt erheiternder Weise der Zuhörerschaft vor. Beispielsweise findet er es „brutal“, wenn bei Besprechungen auf der Baustelle über kostenneutrale Änderungen der BGH sagt: man müsse unverzüglich widersprechen. Damit sei nämlich gemeint, dass man innerhalb einer Woche diesen Einspruch abgeben müsse, sonst hätte ein Nachtrag keine Chance mehr.
Man solle auch nie das Wort Mangel in den Mund nehmen – geschweigen denn schriftlich bestätigen, sondern immer nur eine „Beanstandung“ des Auftraggebers bearbeiten. Denn: Die Beanstandung impliziere, dass nicht geklärt sei, woher diese kommt, bzw. wer der Verursacher sei (Fehlgebrauch, Materialfehler...).
Warnungen gab er auch den Materialdisponenten: Wenn ein Wintergartenbauer beispielsweise Glaslieferungen bekäme und diese anschließend als ganzes auf die Baustelle bringt, dann müsse man trotz etwaiger Mängel die vereinbarte Vergütung zahlen.