Einen Rundumschlag durch die Themenvielfalt der Fensterbranche wurde auf den windays in Biel gemacht: Von der Mitarbeitermotivation über die Fertigung bis hin zum Fokus auf den Bauanschluss. GLASWELT Redakteur Daniel Mund hat sich für die Leser umgeschaut.
Begonnen hatte die Fachtagung mit länderspezifischen Themen, wie die Darstellung der Schweizer Wirtschaft. Hier stellte Prof. Dr. Sturm von der ETH Zürich dar, wie sich die allgemeine ökonomische Stimmung weiter aufhellen wird. Besonders hob er hervor, dass die Bauwirtschaft mit einem Auftragsbestand von 5 Monaten eine historische Marke erreicht habe. Seine Prognose für die Schweiz: der Wohnbau bleibt auch künftig sehr robust.
Auch Thomas Näher vom KMU Zentrum Holz ging es um die Bauwirtschaft: Er zeigte auf, dass im Gegensatz zu Deutschland beim Neubau auch weiterhin keine neuen Impulse zu erwarten sind. Dieser Markt ist schon seit 2004 rückläufig und wird es auch weiterhin bleiben – allerdings auf einem deutlich höheren Niveau als z. B. in Deutschland. Seine Ausführungen zur Geschäftslage aus Unternehmenssicht: Über 80 Prozent der Unternehmen betrachten ihre Lage als konstant bis gut. Aber die Schweiz befinde sich auch in einer vergleichsweise komfortablen Situation: Immerhin sei man bei der Zahl der Wohneinheiten bezogen auf die Einwohnerzahl im EU-Vergleich auf Platz 1. Hier werde einfach mehr Geld für den Wohnbereich ausgegeben. Und: Es zeige sich ein deutlicher Trend zur Zunahme von energetisch optimierten Gebäuden. So wurden bereits 2009 mit über 3000 Einheiten ein Viertel aller Gebäude mit Minergie-Standard ausgeführt.
Weitere Beiträge befassten sich mit dem Fensterangebot für schützenswerte Gebäude und der Fensterfertigung. Interessant waren dabei beispielsweise die Ausführungen von Urs Frei, Geschäftsleiter der Fenster Fabrik Albisrieden, der die Fertigung in seinem Unternehmen an die engen Platzverhältnisse angepasst hatte: Mit einem vertikalen Bearbeitungszentrum (entwickelt in Zusammenarbeit mit den Firmen fentech und Technowood) sei er nun in der Lage auf 260 m² im Minutentakt ein komplett gefertigtes Holzteil mit sämtlichen Bearbeitungen herzustellen. „Mit dieser Methode können wir die Fertigungskosten massiv senken und sogar die Losgröße 1 wirtschaftlich machen,“ so Frei (die Anlage wurde in der GLASWELT bereits im Märzheft 2010 vorgestellt).
Nachdem am zweiten Kongresstag Prof. Klaus Layer die Teilnehmer mit erschreckenden Bildern aus seiner gutachterlichen Tätigkeit wachgerüttelt hatte, erläuterte Christoph Rellstab als Initiator der
Tagung und Leiter der Technikerschule in Biel die Auswirkungen der neuen Holz-Lambda-Werte auf die Fensterkonstruktionen. Seine Schlussfolgerung: Die Realität wird jetzt besser abgebildet, die Holzkonstruktionen werden im Vergleich zu Wettbewerbsmaterialien energetisch aufgewertet. Aber: Dadurch fallen jetzt die Wärmebrücken auch wieder stärker ins Gewicht. Deshalb darf diese Optimierung nur eine von vielen Maßnahmen sein.
Einen ganz neuen Denkaspekt führte Marcus Hermes von Fraunhofer IBP in Stuttgart in die Tagung ein: Zunächst gratulierte er der RAL-Montage zum Geburtstag: dieser Qualitätsstandard bestehe jetzt schon 20 Jahre und damit auch der Grundsatz „Innen dichter als außen“. Gleichzeitig warnte er: Jetzt müsse man sich aber auch an neue Gegebenheiten orientieren. „Wir haben in unseren Klimazonen zunehmend beständig warme Sommer mit 30°C Außenluft mit hohen Feuchtemengen bei gleichzeitig niedrigen Raumlufttemperaturen zwischen 22° und 24°C in den zunehmend bestens gedämmten Gebäuden. Das birgt eine Gefahr, denn unter diesen Vorraussetzungen bekommen wir Taupunktbereiche in den Bauteilen und unsere Konstruktionen werden wahre Auffangbecken für diese Feuchtigkeit.“ Hier müssen neue Lösungen gefunden werden.
Neue Lösungswege stellte auch Mark Donzé von der Berner Fachhochschule zum Kleben von Glas im Rahmen vor: Er führte vor, dass die ISO-Einheit auch mit U-Profil im Fensterfalz verstärkt werden könne. Damit ließe sich die Biegesteifigkeit des Elementes um das 8fache erhöhen. Interessant wäre diese Anwendung besonders für PVC-Fenster, bei denen man auf die Metallverstärkungen verzichten möchte. Aber auch für so genannte Minimalfenstersysteme würde sich diese Entwicklung anbieten. Dem Rahmen wird damit statische Funktionen genommen – dieser könne sich dann auf gestalterische Funktionen beschränken und wäre deutlich schlanker zu konstruieren.
Einen bedeutenden Schlussakkord auf der Tagung setzte Dieter von Arx von der Hochschule Luzern – Technik & Architektur: Er stellte die rhetorische Frage: „Die Iphone-Generation übernimmt auch bei der Haustechnik?“ Für ihn gehe es künftig bei Bauelementen immer um drei Aspekte: Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz. Und mit dem Smartphone, respektive mit dem IPhone würden diese Aspekte optimal angesprochen: Der Komfortgedanke wird gelöst, durch die Möglichkeit, viele Funktionen in einem Gerät zu integrieren. So könne man das Fernbedienungschaos in der eigenen Wohnung in den Griff bekommen.
Auch mit dem Thema (Zukunfs-)Sicherheit sei man mit dieser Technologie auf der sicheren Seite: Schließlich würden diese Geräte auch von älteren Generation einfach zu bedienen sein.
Und die Energieeffizienz ergebe sich aus der Tatsache, dass man durch die Visualisierung und Kontrolle von Haustechnikfunktionen rund 20 Prozent Energie zusätzlich einsparen könne. Auch die Struktur der Energietarife könnte sich drastisch ändern: Wenn alle Anlagen im Haus online vernetzt sind (auch weiße Ware und die Heizung) können man auf Preisspitzen reagieren und den eigenen Verbrauch dementsprechend anpassen. So kann man dann die Elektroheizung aktivieren, wenn die regenerative Energieversorgung besonders viel und damit günstigen Strom liefert.
Daniel Mund