Verbandspräsident Bernhard Helbing konnte am 09.05.2014 wieder über 200 Teilnehmer zum alljährlichen Stelldichein der Fenster- und Fassadenbranche begrüßen. Der Veranstaltungssaal in Berlin war vielleicht etwas unterdimensioniert, so dass kurzfristig die Bestuhlung noch aufgestockt werden musste. Aber das Schnuppern von Hauptstadtluft tat dem Branchentreff sichtlich gut.
In seiner Begrüßung wies Helbing auf das gewachsene Ansehen der Branche in Politik und Öffentlichkeit hin. Auch die klimapolitische Bedeutung energieeffizienter Bauteile sei gestiegen, denn nur mit diesen Komponenten könne die Energiewende auch wirklich gelingen. "Und beim Energiesparen gehören neue, energieeffiziente Fenster und Fassaden zum Kern der Lösung."
Ein Baustein dazu sei die gemeinsame Kampagne "Die Hauswende", bei der man im Schulterschluss mit anderen Institutionen und Verbänden diese Bedeutung den Immobilienbesitzern vermitteln möchte. Aber auch der vom VFF initiierte Fernsehspot vor der Tagesschau und die neue Webseite fensterratgeber.de würden hier wichtige Botschaften transportieren. "Nun müssen wir aber da weitermachen, damit das aus den Köpfen aller Menschen nicht mehr rausgeht", so sein Aufruf.
Gleich im Anschluss ging Stephan Kohler, der Vorsitzende Deutschen Energieagentur dena auf die Umsetzung der Energiewende ein, die "komplexer ist, als landläufig angenommen." Aber: "Der größte Beitrag dafür kommt aus der Energieeffizienz." Diese sei auch in vielen Fällen wirtschaftlich - regenerative Energien dagegen oft nicht. Im Bewusstsein der aktuell hohen Steuereinnahmen und der Tatsache, dass die beschlossenen Klimaziele mit aktuellen Fördermaßnahmen nicht zu erreichen sind, forderte er die Politik auf, hier die Spielräume noch zu erweitern. Kohler: "Die Sanierungsrate liegt aktuell bei 0,9 Prozent, wir brauchten aber eine Rate von 2 % um die politischen Vorgaben zu erreichen." Weiter ging er auf die öffentliche Diskussion bezüglich dramatisch steigender Nebenkosten ein: "Wenn jemand behauptet, dass die hohen Mieten aufgrund der Kosten für den Einbau energieeffizienter Produkte zustande kommen, dann verkennt er die Tatsachen." Anders werde ein Schuh draus: Schließlich würden die Energiekosten die Warmmieten überproportional verteuern.
Als "Stargast" angekündigt, streichelte Volker Kauder die mittelständische Unternehmerseele. Er spricht über die Finanzierung dieser wichtigen Säule der bundesrepublikanischen Wirtschaft und auch über moderne Fenster, die einen "enormen Beitrag zur Energieeinsparung leisten." Jetzt müsse man aber auch denen sagen, die es betrifft: "Ja, dann baut es auch ein." Kauder rechtfertigt die Handlungsunfähigkeit der Regierung in Bezug auf die Einführung einer steuerlichen Abschreibungsmöglichkeit von Sanierungsmaßnahmen mit der Tatsache, dass man es mit einem Koalitionspartner zu tun habe, der da etwas dagegen hat. Abschließend verkündete er noch sein Credo: "Wir brauchen das Geld des Mittelstands nicht in der Staatskasse sondern in der Investitionskasse des Unternehmens."
Trendbeobachter Mathias Haas hatte ein etwas ungewöhnliches Anliegen: "Ich hätte gerne, dass sie heute Nacht nicht schlafen." Schließlich sei das Thema einfach zu spannend und er hoffe, mit seinen Anstößen jeden in Unruhe zu versetzen. Zugleich definierte er seine beruflichen Tätigkeiten: Er würde nichts anderes machen als lesen, lesen, lesen und Fragen stellen. Das könne und müsse eigentlich jeder machen, der die richtigen Produkte an den Mann oder an die Frau bringen will, denn schließlich sei die Trendbeobachtung kein Wahlfach. Wichtig sei es als Marke in den Köpfen der Menschen bewusst zu sein. Ansonsten befinde man sich in der Todesspirale in der man nur über den Preis definiert werde.Er machte zahlreiche Beispiele, wie Unternehmen Erfolg hatten, als sie anfingen Regeln zu brechen oder Geschichten zu erzählen, die sonst im Verborgenen liegen. Man müsse halt sein Produkt zum Lifestyle aufwerten, dann werde man erhört. Und: "Jedes Geschäftsmodell ist heute ein digitales Geschäftsmodell." Auch deshalb müsse man die Botschaften genau formulieren - weniger sei hier mehr.
Prof. Sieberath nahm schließlich die Zuhörer wieder mit in gewohntes Terrain: Er sprach über aktuelle Trends und Probleme. Dass beispielsweise Fenster immer filigraner und anfälliger werden für ungenaue Glasdimensionen. Die zulässigen Dickentoleranzen, mit denen die Glasindustrie bislang umgehe, seien nicht mehr hinnehmbar. Auch der Ug-Wert könne bis zu 10 Prozent varieren und somit auch den Uw-Wert um ein Zehntel beeinflussen. Ein Trend sei für ihn ganz klar: Es werde immer mehr Sicherheitsglas verbaut - mit der Begleiterscheinung, dass auch deswegen das Fenster noch schwerer werde. Als erschütternd nannte er die Probleme, die er als Sachverständiger auf den Baustellen mitbekomme. "Da ist man wirklich sprachlos." Damit konnte er auch gleich die Brücke zur Neuauflage des Montageleitfadens schlagen: Hier gebe es Kapitel, die "schärfer" geworden seien - beispielsweise bei der Befestigung, weil es immer filigranere Wandaufbauten gibt. Dieser Tatsache müsse man Rechnung tragen und jetzt werde unterschieden zwischen einem normalen Mauerfall und Sonderfälle, wenn das Mauerwerk nicht ausreichend tragfähig ist oder das Fenster besonders groß sei.
Das Finale am ersten Tagungstag markierte schließlich die Institution "Zwei bei Tschorn". Die Professoren Sieberath und Niemöller antworteten auf Fragen der Tagungsteilnehmer und derer von VFF-Geschäftsführer Ulrich Tschorn. Prof. Niemöller führte zur Marktüberwachung aus: "Die gibt es und die haben sich mittlerweile auch ganz gut aufgestellt." Eine Frage bezog sich auch auf den aktualisierten Montageleitfaden, und wann dieser auch zu den anerkannten Regeln der Technik gehöre. Darauf anwortete der Jurist, dass ältere Versionen des Leitfadens wahrscheinlich schon zu diesen aRdT zu zählen seien. So genau wäre das aber nicht zu definieren - damit würden sich dann die Gerichte befassen. Und: "Das der Montageleitfaden eine allgemein anerkannte Regel wird, haben Sie selbst in der Hand: Es kommt darauf an, wie sie diesen anwenden und wie sie sich dran halten."
EIn Vorortbericht von stv. Chefredakteur Daniel Mund