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Handwerk erwartet "intelligentes" Sparen

"Ohne Wachstum keine Konsolidierung", betont Handwerkspräsident Otto Kentzler im Interview mit HAZ (3. Juni). Vor der Haushalts-Klausur der Bundesregierung fordert er, dass die Binnenwirtschaft "nicht kaputt gespart werden darf". Vielmehr sieht er Sparpotenzial im Bereich der konsumtiven Ausgaben, etwa im Bereich Arbeit und Soziales.

Frage: Der Rücktritt des Bundespräsidenten hat die politische Tagesordnung umgeworfen, ohne dass die Probleme des Landes geringer geworden wären. Betrachten Sie das mit Sorge?

Kentzler: Die Politik wird zwar durchgerüttelt, lässt sich aber nicht ablenken. Auch wenn in den Medien Lena oder die Fußball-WM größere Schlagzeilen machen: Die Spardebatte wird mit großem Ernst geführt. Die Termine stehen. Auch die Wirtschaft ist eingebunden.

Frage: Das Kabinett geht am Wochenende in Etat-Klausur. Auch eine Neuverschuldung von 70 Milliarden Euro im nächsten Jahr würde die bisherigen Maßstäbe sprengen. Mit welchem Tempo sollten aus Ihrer Sicht die Staatsfinanzen konsolidiert werden?

Kentzler: Konsolidierung ist unverzichtbar, das schafft heute die Spielräume für eine Senkung der Steuer- und Abgabenlast morgen. Zunächst muss festgestellt werden, dass es kein Einnahmeproblem gibt. Zwar bleiben die Steuereinnahmen bis 2013 hinter den bisherigen Prognosen zurück. Aber in absoluten Zahlen steigen sie wieder an und spätestens 2014 wird es sogar einen neuen Einnahmerekord geben. Konsolidierung muss also über Ausgabensenkungen erfolgen.

Frage: Die USA und EU-Nachbarländer drängen Deutschland zum Wachstumskurs...

Kentzler: In der Tat: Ohne Wachstum keine Konsolidierung, das sind die beiden Seiten einer Medaille. Und deshalb darf die Binnenwirtschaft nicht kaputt gespart werden. Die vorerst letzte Rezession am Binnenmarkt hat das Handwerk vor zehn Jahren durchgemacht, mit hohen Beschäftigungsverlusten übrigens!

Frage: Die Kanzlerin hat die Bildungsausgaben zum Tabu gemacht, der Finanzminister will die Rentenzahlungen nicht antasten. Ist das der richtige Einstieg in die Spardebatte?

Kentzler: Unsere Botschaft lautet: bitte "intelligent" sparen. Zukunftsinvestitionen dürfen nicht gekappt werden, auch nicht nach dem "Rasenmäherprinzip". Dazu gehören Bildung und Forschung, aber auch Klimaschutz oder öffentliche Infrastruktur. Vielmehr muss das Sparpotenzial bei den konsumtiven Ausgaben gehoben werden, insbesondere im Bereich Arbeit und Soziales. Im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um die Gesetzliche Krankenversicherung muss gelten: Am als richtig befundenen Ziel der Abkoppelung der Gesundheitskosten vom Faktor Arbeit muss festgehalten und der Arbeitgeberbeitrag darf nicht erhöht werden.

Frage: Rechnen Sie damit, dass der Steuerbonus auf Handwerkerleistungen in Privathaushalten rückgängig gemacht wird?

Kentzler: Mit diesem Instrument ist es gelungen, Schwarzarbeit deutlich zurückzudrängen. Mehr legale Auftragsvergabe sichert Beschäftigung und lässt die Steuer- und Beitragseinnahmen steigen. Nur wer mehr Schwarzarbeit will, darf also den Steuerbonus streichen.

Frage: Wenn es erst richtig kneift, geht die Diskussion über Steuererhöhungen los. Was halten Sie davon die ermäßigten Mehrwertsteuersätze zu durchforsten?

Kentzler: Wir waren und sind gegen Schnellschüsse. Der gesamte Ausnahmekatalog gehört auf den Tisch. Im Dialog muss dann in der Kommission geklärt werden, welche ermäßigten Sätze überhaupt Sinn machen. Über arbeitsintensive Dienstleistungen muss dann in jedem Fall auch gesprochen werden.

Interview: Michael M. Grüter

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