Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität hat Gewerbetreibende und Unternehmen vor einer neuen Welle des sogenannten Adressbuchschwindels gewarnt. “Wir haben seit einigen Wochen eine drastische Zunahme von Beschwerden zu verzeichnen“, erklärte Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSW.
„Während wir in den Vorjahren insgesamt jeweils rund 50 verschiedene Anbieter feststellen konnten, ist diese Anzahl jetzt schon nach einem halben Jahr erreicht“, so Münker.
Allein die Hälfte der Formular-Gestaltungen betrifft die klassische Variante dieses Phänomens, wobei die Versender solcher Formulare die Handelsregisterveröffentlichungen auswerten. Der betroffene Jungunternehmer erhält eine fingierte Rechnung, die mit den obligatorischen Kosten für die Handelsregistereintragung rein gar nichts zu tun hat. Erst im Kleingedruckten verbirgt sich der Hinweis darauf, dass ein solches Formular lediglich ein Angebot darstellen soll. Oftmals werden im Betreff oder als Überschrift auch Begriffe wie „Offerte“, „Ihr Handelsregistereintrag“, „Veröffentlichung / Hinterlegung“ verwendet. Weitere Varianten des Adressbuchschwindels beziehen sich auf bereits erfolgte Markeneintragungen, Adress- und Branchenverzeichnisse aber auch Eintragungen in Messeverzeichnissen. „Derartige Verzeichnisse sind in der Regel wertlos, da nur solche Unternehmer eingetragen sind, die auf die Angebotsformulare hereingefallen sind“, so Münker.
Seriöse Verlage betreiben in der Regel eine andere – vor allem transparentere – Form der Kundenansprache. Hierbei wird das angesprochene Unternehmen nicht über Zahlungsverpflichtungen oder die Höhe der Eintragungskosten getäuscht.
Gegen zahlreiche Eintragungsangebote hat der DSW gerichtliche Schritte eingeleitet. Aktuelle Urteile des LG Frankfurt (vom 10.6.2009, AZ 3-08 O 22/09) sowie des LG Köln (vom 30.6.2009, AZ 81 O 27/09), beide bislang nicht rechtskräftig, bestätigen die Auffassung des DSW im Hinblick auf den Irreführungscharakter solcher Formulare. Etliche weitere – vom DSW initiierte Verfahren – sind noch anhängig.
„Jeder Unternehmer, dessen Daten in öffentlichen Verzeichnissen genannt sind, muss über kurz oder lang damit rechnen, dass er mit getarnten Angebotsschreiben konfrontiert wird. Insofern sollten Unternehmer jede Rechnung auf ihre Berechtigung hin überprüfen.“, rät Münker den Betroffenen. „In der Regel erhalten Sie nichts kostenlos, sondern verpflichten sich zur Zahlung hoher Beträge, die nur im Kleingedruckten zu finden sind.“ Es sei wichtig, die Buchhaltung und sonstige betroffene Abteilungen in den Unternehmen zu sensibilisieren und strikt anzuweisen, ohne genaue Prüfung keine Unterschrift oder ungeprüft Zahlung zu leisten.
Wer dennoch darauf hereingefallen ist, sollte den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Nur in den seltensten Fällen kommt es zur gerichtlichen Beitreibung der vermeintlich fälligen Kosten. In diesen Fällen rät Münker zur Einschaltung eines Rechtsanwalts.
Mit derartigen betrügerischen Abzockmethoden wird nach Berechnungen des DSW jährlich ein hoher dreistelliger Millionen-Schaden in der Wirtschaft angerichtet. Deshalb kündigte Münker an, nicht nur zivilrechtlich gegen die unseriösen Offerten vorzugehen, sondern sämtliche weiteren Maßnahmen gegen die Verantwortlichen zu ergreifen. Oftmals verbergen sich deutsche Geschäftemacher hinter englischen Limiteds und schicken hier pro forma Strohleute als sog. Direktoren der englischen Gesellschaft ins Feld. „Alle an diesen Betrugsversuchen Beteiligten müssen sich darauf einstellen, dass der DSW rigoros Strafanzeige bei den Verfolgungsbehörden erstatten wird“, so Münker. In besonders krassen Fällen erwarte die Verantwortlichen eine empfindliche Freiheitsstrafe. In der Vergangenheit sei es mit Hilfe des DSW mehrfach gelungen, hartnäckige Täter dingfest zu machen und strafrechtlich zu verurteilen. Im Übrigen werde der DSW auch die Sperrung bzw. das Einfrieren der Täterkonten bei den Banken betreiben.
Münker appellierte an die Strafverfolgungsbehörden, in diesem Bereich forscher durchzugreifen. Angesichts der Millionenschäden gehe es hier nicht um Kavaliersdelikte.