Ein Neubaufenster ist defekt. Der Handwerker baut es beim Kunden aus und ein neues Fenster wieder ein. Für seine Arbeit muss er selbst bezahlen — der Hersteller tauscht nur das Produkt selbst - hier das Fenster - aus. Ein neues Gesetz soll diesen Umstand ändern. Aber ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke sieht den Gesetzentwurf eher als "stumpfes Schwert".
Der Gesetzentwurf zum Mängelgewährleistungsrecht darf kein "stumpfes Schwert" bleiben, kritisiert ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke im Handelsblatt (12.05.2016):
"In unserer sozialen Marktwirtschaft sind Unternehmer für ihr geschäftliches Handeln verantwortlich. Für Produktfehler müssen folglich die Hersteller haften. Diese Haltung scheint schiere Selbstverständlichkeit zu sein. Ist aber nicht geltende Rechtslage. Was das bedeutet, spüren Handwerker und andere verarbeitende Betriebe sehr schmerzhaft. Denn sie haften im Fall eines Produktfehlers für die entstehenden Folgekosten - und nicht die Hersteller.
Verkehrte Welt!
Beispiel: Ein Neubaufenster ist defekt. Der Handwerker baut es beim Kunden aus und ein neues Fenster wieder ein. Für seine Arbeit muss er selbst bezahlen – der Hersteller tauscht nur das Produkt selbst - hier das Fenster - aus.
Die Handwerker schlagen seit Jahren Alarm. Sie stehen schließlich für ihre eigenen Fehler ein. Und erwarten deshalb, dass auch andere für ihre Fehler einstehen.
Die Bundesregierung hat letztlich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Korrektur des Gewährleistungsrechts erkannt. Mit ihrem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf trifft sie eine richtige Grundsatzentscheidung. Künftig sollen nicht mehr die Handwerker pauschal die Aus- und Einbaukosten aufgrund von Materialfehlern tragen müssen. Es soll derjenige die Kosten übernehmen, der den Materialmangel zu vertreten hat. Handwerkern wird im Gesetzesentwurf ein Anspruch gegen ihre Materiallieferanten auf Ersatz der entstandenen Kosten eingeräumt.
Handwerker fürchten jedoch, dass dieses Gesetz ein stumpfes Schwert bleibt. Denn der gute Ansatz des Gesetzentwurfs wird nur dann in der Praxis Wirkung entfalten, wenn Händler und Hersteller die Rechte von Handwerkern nicht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließen können.
Doch genau das ist in Verträgen zwischen Unternehmen möglich.
Im Gesetz fehlt ein klares Verbot zur Beschneidung der Ansprüche von Handwerkern. Ein Unding! Es ist dem David aus dem Handwerk doch nicht zuzumuten, im Zweifel gegen den Goliath auf Seiten der Hersteller vor Gericht zu ziehen, um seinen Anspruch auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten durchzusetzen. Denn David hat keine Rechtsabteilung, keine entsprechenden Kapitalreserven und keine vergleichbaren personellen Ressourcen für diesen Streit.
Laut Gesetzentwurf soll der Verkäufer des fehlerhaften Materials auch entscheiden können, ob er selbst den Aus- und Wiedereinbau vornimmt oder dem Handwerker die Kosten ersetzt. Hat der Handwerker ein „berechtigtes Interesse“, darf er Aus- und Einbau bei seinem Kunden selbst vornehmen. Doch wann liegt ein berechtigtes Interesse vor? Auch das muss der Handwerker im Zweifel wieder vor Gericht klären lassen.
Die Reform des Gewährleistungsrechtes schafft nur scheinbar Klarheit.
In der Praxis macht sie den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen anfällig für Rechtsstreitigkeiten. Notwendig ist ein klarer und verständlicher Rechtsrahmen, der es kleinen Betrieben ermöglicht, sich auch gegenüber wirtschaftlich viel stärkeren Vertragspartnern behaupten zu können. Das Handwerk hofft auf die Parlamentarier in Bundestag und die Ländervertreter im Bundesrat. Sie können den eigentlich guten Ansatz der Bundesregierung im Sinne des verarbeitenden Mittelstands praxisgerecht weiterentwickeln."