Wie kann ein Fenster nicht nur gut funktionieren, sondern dem Nutzer auch noch mehr Komfort, Behaglichkeit und Effizienz vermitteln? Diese Kernfrage zog sich wie ein roter Faden durch das Vortragsprogramm der 37. Rosenheimer Fenstertage in der letzten Woche. Deutlich über 1000 Besucher strömten zu dem Branchentreff.
Die Veranstalter, das ift Rosenheim, zeigten sich sichtlich erleichtert, dass auch in diesem Jahr der große Zuspruch - ablesbar durch die Rekordbeteiligung - vorhanden war. "Ein bisschen vorsichtiger waren unsere Planungen schon in diesem Jahr. Schließlich haben wir es konjunkturell mit einer besonderen Lage zu tun: Die Fensterbauer sind alle ausgelastet, aber generell befindet sich Deutschland in einer Krise. Da konnten wir nicht einschätzen, ob wir das hohe Niveau der Besucherzahlen der letzten Jahre auch halten können", so Institutsleiter Ulrich Sieberath gegenüber der GLASWELT.
Was die Teilnehmerstruktur im Vergleich zu 2008 angeht, fallen zwei Besonderheiten auf: Nach wie vor schwindet der Anteil der Fenster- und Fassadenbauer (und Montage-/Schreinerbetriebe) auf jetzt unter 30 Prozent (2008: 32 %). Und: Die Profilhersteller und Systemgeber nutzen die Fenstertage immer mehr. Jetzt sind schon 18 Prozent der 1028 Teilnehmer aus dieser Gruppe - im letzten Jahr waren es dagegen 14 Prozent.
In seinem Beitrag vor dem Plenum schilderte Sieberath seine Brancheneinschätzung: "Es scheint so, dass die Weichenstellungen der letzten Jahre uns eine eigene Konjunktur bescheren. Wir gehen insgesamt für dieses Jahr von einem moderaten Wachstm aus - gegen den Trend der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung." Dabei gab der Institutsleiter einmal mehr Hinweise, wie die Zukunft für die Fensterwerte aussehen werden: "Im Jahre 2020 werden wir Nullenergiehäuser bauen - und auch die Fenster werden dann einen wichtigen Anteil am Erreichen dieses Ziels haben." Wieder in den Fokus rücken müsse seiner Meinung nach die Berücksichtigung der solaren Gewinne beim Fenster. "Für die nächste EnEV-Verschärfung müssen wir darum kämpfen, dass der Aspekt solarer Energiegewinne wieder Beachtung findet."
In einer Pressekonferenz bilanzierte das Führungsduo des ifts (Ulrich Sieberath: Institutsleiter, Dr. Jochen Peichl: Geschäftsführer Finanzen) ein ereignisreiches Jahr: "2009 ist geprägt von heftigen Umbrüchen in der Branche. Das merken auch wir. Soviele Produktüberarbeitungen bei denen wir als Institut eingebunden sind, gab es noch nie." Peichl: "Das ift expandiert, muss expandieren. Heute haben wir 150 festangestellte Mitarbeiter, wir platzen räumlich aus allen Nähten, deshalb müssen wir unsere Gebäudekapazitäten erweitern. Dieses Jahr ist die Grundsteinlegung unseres neuen Verwaltungsbaus. Auch unsere Labore werden weiterentwickelt." In diesem Jahr hat man dazu die ersten Prüfungen außerhalb Deutschlands durchgeführt (Niederlassung in der Türkei). "Gerade Länder, in den keine Prüfinstitute niedergelassen sind, stehen in unserem Fokus. Zudem wollen wir verstärkt im Ausland mit Veranstaltungen und Seminaren unser Know-how für die Branche bereitstellen."
Gut besucht war auch der Vortrag zum Entwicklungsstand von Vakuumisolierglas (VIG). Die Ug-Werte dieser Gläser seien vergleichbar mit denen sehr guter 3-fach-Gläser, die Preis soll etwa gleich hoch liegen. Von Vorteil ist der reduzierte Scheibenaufbau (4 - 0,9 SZR - 4). "Damit sind die Scheiben nicht nur dünn, sondern auch leicht", so Referent und Projektkoordinator Siegfried Glaser. Beim Einsatz von geklebten Scheiben lasse sich zudem eine große Glasfläche mit schmalen Profilanteil umsetzen. Glaser geht davon aus, das die Produktreife bis 2012 gegeben ist.
Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Flachglas Jochen Grönegräs betonte auf den Fenstertagen in seinem Vortrag: "Die Gebrauchstauglichkeit von 3-fach-ISO ist erwiesen, ein gängiger und sinnvoller Aufbau ist 4-12-4-12-4 (Glas-SZR-Glas-SZR-Glas), diese Produkte werden am Markt zunehmend nachgefragt." Die Frage der Klimalasten sollten die Hersteller im Auge behalten, "bevor allzu sorglos Scheibenzwischenräume von bis zu 2 x 18mm angeboten werden, um ein Zehntel beim U-Wert herauszukitzeln."
Prof. Jens Schneider vom Institut für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen an der techn. Uni Darmstadt über die Verwendung von ESG und ESG-H im Baubereich: "Es ist nicht richtig ESG schlecht zu reden: Das LG Düsseldorf geht in seinem aktuellen Urteil von 1 Bruch auf 20.000 m² ESH aus. Das stimmt aus meiner Sicht nicht, der Wert ist zu hoch angesetzt. Wissenschaftlich sind diese Werte nicht belegt. Ich halte die aktuelle Diskussion um ESG überbewertet und übertrieben, insbesondere auch im Hinblick auf andere Baustoffe. Im Konstruktiven Glasbau geht es nicht ohne ESG (ESG-H).
Daniel Mund
Matthias Rehberger