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Ablage oder Reißwolf?

Rechnungen, Verträge, Bewirtungsbelege – im Laufe eines Betriebsjahres füllt die Ablage schnell mehrere Ordner. Häufig ist es schwierig zu bestimmen, ob es sich dabei um wichtige Dokumente handelt oder nur um „Zettelwirtschaft“. Wir klären auf.

Lücken im Archiv können teuer werden, insbesondere bei Belegen, für die sich das Finanzamt interessiert. Denn wenn Ausgaben nicht mehr nachweisbar sind, wird der Gewinn geschätzt – nicht immer zum Vorteil für den Unternehmer.

Für nahezu alle Geschäftsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen. Auch die Art der Aufbewahrung – ob in Papier- oder digitaler Form – wird vorgeschrieben. „Diese Angaben findet man unter anderem im Handelsgesetzbuch, im Steuerrecht und im Zivilrecht, um nur einige zu nennen“, fasst Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung, zusammen. Abhängig von der Branche und Größe des Unternehmens müssen beispielsweise auch das Produkthaftungsgesetz, das Aktiengesetz und andere Vorschriften berücksichtigt werden.

Aufbewahrungsfristen im Handels- und Steuerrecht
Für alle, die zur Buchführung verpflichtet sind oder dies freiwillig tun, legt die Abgabenverordnung (AO), ein Gesetz des Steuerrechts, Aufbewahrungsfristen für steuerrelevante Unterlagen fest. Diese Fristen betreffen auch Freiberufler und Gewerbetreibende. Für Kaufleute gibt das Handelsgesetzbuch (HGB) ähnliche Vorgaben. In großen Teilen sind die Vorschriften von AO und HGB deckungsgleich: So gilt sowohl nach Paragraph 147 der Abgabenverordnung als auch nach Paragraph 257 des Handelsgesetzbuches die Verpflichtung, die Buchführung, alle Aufzeichnungen über die Vermögensgegenstände und Schulden (sogenannte Inventare), Jahresabschlüsse und Lageberichte, die Eröffnungsbilanz und dazugehörige Arbeitsanweisungen zehn Jahre lang aufzuheben. Dies trifft auch auf Buchungsbelege und bestimmte Zollunterlagen zu. Geschäfts- und Handelskorrespondenz sowie sonstige steuerlich relevante Unterlagen dagegen sind nur sechs Jahre lang aufzubewahren.

Die sonstigen für die Besteuerung wichtigen Unterlagen umfassen alles, was für die Besteuerung von Bedeutung sein kann, beispielsweise Lohnsteuerunterlagen.

„Die laut Steuerrecht geltenden Fristen können sich übrigens verlängern“, betont die D.A.S. Juristin: „Daher dürfen Unterlagen, die für eine gerade begonnene Außenprüfung oder zur Begründung für einen Antrag des Betriebs notwendig sind, nicht vernichtet werden - selbst wenn ihre Aufbewahrungsfrist schon abgelaufen ist!“ Wer diese Fristen nicht einhält und dadurch eine Kontrolle des Firmenvermögens erschwert, muss unter Umständen mit einer Geldstrafe oder sogar mit einer Freiheitsstrafe rechnen (§ 283 Strafgesetzbuch). Es ist oft schwierig, den Überblick über alle geltenden Zeiträume zu bewahren: Die meisten Industrie- und Handelskammern bieten eine Übersicht der Aufbewahrungsfristen an.

Personalunterlagen
Auch wer Mitarbeiter beschäftigt, sammelt in kurzer Zeit eine Vielzahl von Unterlagen an: Gehaltsabrechnungen, Urlaubsanträge, Zwischenzeugnisse, Beurteilungen, um nur einige aufzuzählen. Hier muss unterschieden werden, welche Dokumente für das Finanzamt und welche für die Personalakte von Bedeutung sind. Steuerrelevante Unterlagen, etwa Buchungsbelege, müssen zwischen sechs und zehn Jahren aufgehoben werden. Auch arbeitsrechtliche Aufbewahrungspflichten gibt es – so sind Unterlagen über die gesetzliche Unfallversicherung fünf Jahre lang aufzubewahren. „Für die Personalakte gibt es keine gesetzlichen Fristen zur Archivierung“, erklärt die D.A.S. Juristin. Allerdings sollte die Akte so lange aufbewahrt werden, wie es für berechtigte Verwendungszwecke notwendig erscheint, z.B. zur Ausstellung von Arbeitszeugnissen oder zur Abwendung von Rechtsansprüchen des ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Besteht ansonsten zur Aufbewahrung keine Notwendigkeit mehr, können die Unterlagen unverzüglich durch das Unternehmen vernichtet werden. Das Datenschutzrecht hält Unternehmer im Übrigen dazu an, nicht mehr benötigte Daten über Mitarbeiter zu anonymisieren bzw. zu löschen.

Digital oder in Papierform?
Für die Aufbewahrungsform gibt es ebenfalls Vorschriften: Eröffnungsbilanzen, Jahres- und Konzernabschlüsse müssen im Original, also in Papierform, aufbewahrt werden. Nahezu alle anderen Unterlagen können auch digital archiviert werden, das heißt, auf einem Bild- oder anderen Datenträger (§257 Abs. 3 HGB und § 146 Abs. 5 AO). Allerdings ist dabei Voraussetzung, dass die Daten bis zum Ablauf der Aufbewahrungszeit lesbar sind bzw. jederzeit lesbar gemacht werden können. „Zudem ist sicherzustellen, dass die digitalen Daten vor Änderungen geschützt sind“, ergänzt die D.A.S. Expertin, denn: „Die abgespeicherten Unterlagen müssen bildlich und inhaltlich mit den Originalen übereinstimmen. Das heißt, auch das Datum der Datei darf sich nicht automatisch aktualisieren.“

Werden die Dokumente unsachgemäß archiviert, können sie ihre Beweiskraft verlieren – und zu hohen Kosten führen, wenn das Finanzamt eine Schätzung vornimmt. Allerdings sind in der Realität besonders die Vorgaben zur digitalen Aufbewahrung oft nur schwer und mit großem Aufwand umzusetzen – man denke nur an die vielen Inkompatibilitäten zwischen alten und neuen Software-Versionen oder gar unterschiedlichen Programmen. „Zumindest für die Aufbewahrung von Rechnungen hat der Gesetzgeber mit dem ab Januar 2012 wirksamen Steuervereinfachungsgesetz 2011 eine Erleichterung geschaffen“, erklärt die D.A.S. Juristin. „Rechnungen können demnach auf Papier, aber auch digital aufbewahrt werden, etwa als Dateianhang in einer E-Mail, Web-Download oder auf dem Fax-Server.“ Die bisherige verpflichtende digitale Signatur ist nicht mehr erforderlich.

Für die Archivierung selbst gibt es ebenfalls Vorschriften: Sie sollte gesichert und geordnet erfolgen. Das heißt, die Archivräume müssen vor Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt sein, ebenso ist ein Ausbleichen der im Papierformat vorliegenden Dokumente zu verhindern.

Vernichten – Reißwolf oder Ablage „P“?
Die Aufbewahrungsfrist ist abgelaufen, aber: Können die Akten und Datenträger bedenkenlos weggeworfen werden? Anfragen oder Angebote ohne Auftragsfolge dürfen direkt in den Reißwolf. Gerade hochsensible Daten wie beispielsweise Personalakten sollten aber besser nicht selbst geschreddert werden. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung empfiehlt daher eine fachgerechte Entsorgung durch ein Aktenvernichtungsunternehmen: „Professionelle Entsorgungsunternehmen kümmern sich um eine gesetzeskonforme Datenträger- und Aktenvernichtung gemäß Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nach DIN 32757. Der Betrieb erhält zudem eine schriftliche Vernichtungsbestätigung.“
Auch bei Datenträgern wie Festplatten, CD-ROMs und USB-Massenspeichern empfiehlt sich die Zuhilfenahme eines spezialisierten Datenvernichters. Ein Löschen der Daten selbst reicht nicht aus. Denn: Mit modernen technischen Methoden lassen sich viele Daten leicht rekonstruieren und auch mehrmaliges Überschreiben bietet keinen sicheren Schutz.

Weitere Informationen zu rechtlichen Fragen unter www.das-rechtsportal.de