_ Edelstahl- oder Aluminium-Abstandhalter oder doch besser Kunststoff-Abstandhalter? Mit dieser Frage müssen sich ISO-Hersteller häufig auseinandersetzen. Nachfolgend ein Überblick zur energetischen Performance der einzelnen Systeme und was bei Verarbeitung, Transport und Montage zu beachten ist, wenn Abstandhalter in große Isoliergläser eingesetzt werden.
Die energetischen Vorteile von Kunststoff- gegenüber Edelstahl-Abstandhaltern sind bekannt. Während letztere Wärmeleitfähigkeiten von ca. = 0,6 W/mK erreichen, liegt die Wärmeleitfähigkeit eines hochwertigen Kunststoff-Spacers im Bereich von = 0,14 W/mK.
Die energetischen Auswirkungen von unterschiedlichen Abstandhaltern in Glasfassaden wurden aktuell in einer Studie des Rosenheimer Ingenieurbüros Bauwerk untersucht. In den Versuchen mit einer repräsentativen Pfosten-Riegel-Fassade zeigten sich beim Vergleich des Edelstahl-Abstandhalters mit einem Warme Kante Kunststoff-Abstandhalter vor allem Unterschiede beim Wärmeverlust im Übergangsbereich zwischen Isolierglas und Rahmen (Psi-Wert).
Im Ergebnis führten die besseren Dämmeigenschaften des getesteten Kunststoff-Abstandhalters dazu, dass der Ucw-Wert des 1,2 x 3,0 m großen Fassadenelements mit einem entsprechenden Isolierglas um 0,11 W/(m²K) bzw. um 8 Prozent reduziert werden konnte.
Zudem werden im Winter bei Außentemperaturen von – 10 °C mit dem Kunststoff-Abstandhalter am Glasrand um 2,4 °C höhere Temperaturen erzielt, was der Behaglichkeit im Innenraum deutlich zugutekommt. Das Isolierglas mit Kunststoff-Abstandhalter bleibt quasi tauwasserfrei, denn erst bei einer Außentemperatur von – 25,5 °C wird der Taupunkt erreicht.
Wird stattdessen ein Edelstahl-Abstandhalter verwendet wird, fällt bereits bei – 14 °C Außentemperatur Tauwasser aus.
Warum werden bei Glasfassaden mit großen Scheiben nach wie vor Edelstahl- und Alu-Abstandhalter teils bevorzugt eingesetzt? Immer wieder herrscht Verunsicherung darüber, ob Kunststoff-Abstandhalter die hohen Lasten der großformatigen ISO-Einheiten abtragen können. Und genau darin liegt der Irrtum. Denn: Nicht der Abstandhalter, sondern der Dichtstoff des Randverbundes trägt das gesamte Glasgewicht. Der Abstandhalter ist – ganz gleich, ob aus Aluminium, Edelstahl oder Kunststoff – gar nicht darauf ausgelegt, Lasten zu tragen, erst recht nicht das Gewicht großdimensionierter Isoliergläser. Entscheidend ist daher nicht das Material des Spacers, sondern die Beachtung ganz spezifischer Anforderungen bei Verarbeitung und Transport.
Das ist bei Verarbeitung und Transport zu beachten
Kommen Kunststoffabstandhalter in großformatigen Isolierglaseinheiten zum Einsatz, müssen – um Dauerhaftigkeit und Funktionalität sicherzustellen – einige wichtige Faktoren berücksichtigt werden.
Präzise statische Dimensionierung des Sekundär-Dichtstoffs: Bei großen Isoliergläsern sind die Belastungen für den Randverbund deutlich höher, daher muss der Sekundär-Dichtstoff eine größere Höhe haben. Die statische Dimensionierung muss daher sorgfältig und präzise erfolgen. Derzeit existiert dafür keine EU-Norm, es müssen jedoch die Anforderungen der DIN EN 1279 erfüllt werden. In der Theorie kann die statische Dimensionierung des Dichtstoffes anhand der zu erwartenden Klimalasten erfolgen.
In der Praxis wird die Dichtstoffhöhe – was zu empfehlen ist – in der Regel auf Basis der Erfahrungswerte der Anwendungstechnik bzw. anhand der Systembeschreibung des Glasherstellers festgelegt. Zur praktischen Berechnung der Glasstatik sind Softwaretools wie Gastik oder Vitrage Decision sowie entsprechende Softwaretools von Dichtstoffherstellern verfügbar.
Handling in der Produktion: Bei der Verwendung von Kunststoff-Spacern ist das richtige Handling des frisch mit Dichtstoff versiegelten Isolierglases sehr wichtig, insbesondere wenn Vakuumsauger eingesetzt werden. Kurz nach der Versiegelung kann der frische Dichtstoff die beim Anheben des Isolierglases auftretenden Scherkräfte noch nicht vollständig abtragen. Anteile davon werden auch auf den Abstandhalter übertragen. Um zu vermeiden, dass dieser beschädigt wird, gilt daher für die Praxis: Beim Handling mit Vakuumsaugern muss der Isolierglashersteller das maximal zulässige Gewicht für Isoliergläser mit Kunststoff-Abstandhaltern speziell für seine Anlage festlegen, z. B. 500 kg.
Isoliergläser mit höheren Gewichten müssen zusätzlich zu den Vakuumsaugern mechanisch mit Hebe-Konstruktionen („Krallen“) getragen werden. Bei extrem großen Isoliergläsern mit Kunststoff-Spacern ist eine horizontale Fertigung ratsam. Dabei müssen Lastklötze verwendet werden, die das Gewicht der oberen Scheibe abfangen, um eine Beschädigung des Kunststoff-Abstandhalters zu vermeiden.
Fachgerechte Lagerung ein Muss: Während der Lagerung der Isoliergläser auf Gestellen bis zur vollständigen Durchhärtung des Dichtstoffs ist es wichtig darauf zu achten, dass die Kanten der ISO-Einheiten vollständig aufliegen. So können keine Scherkräfte wirken und eine Beschädigung des Abstandhalters ist ausgeschlossen. In allen weiteren Prozessschritten bis zu Transport und Montage sind die Anforderungen an Isoliergläser mit Kunststoff-Abstandhaltern identisch zu denen mit Edelstahl- oder Alu-Systemen.
Bis zur Montage der großformatigen Gläser ist der Sekundär-Dichtstoff im Normalfall komplett ausgehärtet. Obwohl dieser darauf ausgelegt ist, alle Lasten der Scheiben abzutragen, ist auch hier bei der Arbeit mit Kran und Vakuumsaugern ein sorgfältiges und vorsichtiges Vorgehen erforderlich. Bei besonders großen Isoliergläsern wird gelegentlich auch – unabhängig vom Abstandhalter – eine eigene Tragevorrichtung für die Montage mit Kran statisch konzipiert.
Thermische Ausdehnung – kritisch?
Ein weiterer, immer wieder diskutierter Punkt ist die unterschiedliche lineare Ausdehnung von Glas und Kunststoff. Vor allem bei extremen Temperaturunterschieden zwischen Raum- und Außenklima wäre eine Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit des Isolierglases theoretisch denkbar. Aber in der Praxis gibt es keine Anhaltspunkte dafür und große Isoliergläser mit Kunststoff-Abstandhaltern funktionieren seit über 15 Jahren einwandfrei.
Durch einen Anteil von 35 % an Glasfasern wird die thermische Ausdehnung deutlich reduziert. Kunststoff-Abstandhalter haben daher einen nahezu gleichen Längenausdehnungskoeffizienten wie Alu-Abstandhalter, die seit Jahrzehnten eingesetzt werden und als zuverlässig gelten.
Ausblick
Allen Erfahrungen nach sind hochwertige Kunststoff-Abstandhalter auch in großen Isolierglaseinheiten von bis zu 7 m Seitenlänge problemlos einsetzbar. Zum einen sind sie Metall-Abstandhaltern in energetischer Hinsicht überlegen. Gleichzeitig können Kunststoff-Abstandhalter auch höhere Belastungen gut bewältigen. Die dauerhafte Funktionalität wird durch viele Referenzen aus den letzten 15 Jahren belegt,—