_ Rasches Handeln war angesagt zu Beginn der 70er-Jahre. Neben dem plötzlichen Preisanstieg für Heizöl aufgrund der Ölkrise, war der Trend zur Glasfassade in der Architektur ausschlaggebend für neue Konzepte in puncto Wärmeschutz, Sanierung und Montage. Das ift-Forschungsteam nahm sich dieser Problemstellung in zwei Bereichen an. Im Rahmen des Forschungsauftrags „Reduzierung des Energieverbrauches in Wohnungen“ mit der Bearbeitung des Abschnittes „Fenster“ sowie des Teilabschnittes „Wände-Fenster“ analysierte das ift die Einflussfaktoren, von denen der Energiebedarf in Wohnungen abhängt.
Von den Detailuntersuchungen sollten die theoretischen Grundlagen für die Einflussgrößen auf die Wärmedämmung von Fenstern ermittelt werden, wie Fugendurchlässigkeit, Dichtheit an Anschlussfugen, Verglasung und Rahmenmaterial. Ebenso die Flächenverhältnisse Glas-Rahmen sowie die Wärmedämmung von Paneelen und Brüstungen wurden untersucht. Weitere Untersuchungen an Objekten aus den Jahren von 1951 bis 1974 zeigten den Verbesserungsbedarf zur Reduzierung des Energiebedarfs auf.
Bei dem im Jahr 1974 veröffentlichten Forschungsbericht wurden zwei Einflussbereiche unterschieden, die sich auf den Energiebedarf auswirken:
- Faktoren, die durch Planung und Berechnung direkt beeinflussbar sind, wie Aufbau von Verglasung, Brüstungs- und Paneelteilen, Flächenverhältnisse von Fenster zu Fassade sowie von Rahmen zu Glas;
- Faktoren, die in der Hauptsache durch die Verarbeitungsqualität beeinflusst werden, wie Fugendurchlässigkeit zwischen Rahmen und beweglichen Teilen sowie Dichtheit zwischen Blendrahmen und Baukörper.
Das ift konzentrierte sich auf den zweiten Bereich, da hierzu kaum Erkenntnisse vorlagen. Schwerpunkt war die Untersuchung der Dichtheit, wobei bei vielen Fenstern die Fugendurchlässigkeit überprüft und gemessen wurde. Die Messwerte zeigten große Schwankungen, allerdings ohne Zusammenhang zwischen Baujahr und Höhe der Fugendurchlässigkeit. Fenster in neueren und ganz neuen Objekten wiesen im Gegenteil die ungünstigsten Werte auf. Die Hauptursachen lagen in der Konstruktion und Qualität der untersuchten Fenster.
Zudem zeigte sich, dass erhebliche Luftmengen über die Anschlüsse zum Baukörper eintraten. Handlungsbedarf bestand in gleichem Maße für den Altbaubereich. Dank der gewonnenen Erkenntnisse wurden konkrete Verbesserungsmaßnahmen für Fenster entwickelt.
Eine Fortsetzung der Arbeiten war jedoch notwendig, um den Katalog praktischer Maßnahmen zu ergänzen. Neben den höheren Anforderungen an die Dichtheit sollte parallel der Aufbau der Gütesicherung vorangetrieben werden.
Bereits wenig später stellte das ift im Forschungsvorhaben „Fenster bei Altbauerneuerung“ einen Maßnahmenkatalog vor, der eine Entscheidungshilfe lieferte, welche Maßnahmen möglich, technisch richtig und damit wirtschaftlich sinnvoll sein können. Auch aus heutiger Sicht handelte es sich damals um „fortschrittliche“ Maßnahmen.
Entwicklungssprung für die Fenstertechnik
1977 wurde mit der ersten Wärmeschutzverordnung (WSV) den gesamten Erkenntnissen zur Energieeinsparung am Bau eine gesetzliche Form gegeben. Für Fenster wurden erstmalig Zweifach-Verglasungen und eine Dichtung im Funktionsfalz zwischen Flügel und Blendrahmen gefordert. Die sich anschließenden Diskussionen um Kosten-Nutzen-Verhältnis, zu dichten Gebäuden usw. zogen und ziehen sich wie ein roter Faden durch alle weiteren WSV und EnEV der kommenden Jahrzehnte. Mit diesen Forderungen begann eine dynamische Weiterentwicklung in der Fenstertechnik bezüglich Konstruktion und Fertigung. Die Auswirkungen waren bei praktisch allen Details und Komponenten zu spüren:
- Falzausbildung mit Dichtungen, Gestaltung der Dichtprofile und der Entwässerung,
- Weiterentwicklung in der Beschlagtechnik u. a. zur Anpressung der Dichtprofile,
- Einsatz von Mehrscheiben-Isoliergläsern – welche dazu noch in größerer konstruktiver Bandbreite als heute existierten,
- Verglasungssysteme für Isoliergläser (Klotzung, Glasbefestigung, Abdichtung, Falzgestaltung, Dampfdruckausgleich),
- Thermische Trennung von Metallprofilen,
- Lüftungsgeräte zum Einsatz in Fenstern und Fassaden usw.
Aufgrund der schnellen Fertigung und der guten Werkstoffeigenschaften etablierten sich Kunststofffenster sehr rasch. Desweiteren förderte der Anstieg der Sanierungen von Wohngebäuden mit weitgehend gleichartigen Fenstern die Produktion dieses Rahmenwerkstoffs. Mit der Zunahme und Komplexität der Konstruktionsdetails wurde auch die richtige Verarbeitung ein immer wichtigerer Faktor. Eine entsprechende Qualitätskontrolle wurde unabdingbar. So wundert es nicht, dass bereits im Jahr 1964 die Gütegemeinschaft Holzfenster e.V. gegründet wurde; die Gründung von Gütegemeinschaften für die weiteren Rahmenmaterialien folgte kurz darauf.
Schadensursachen und Mängel
Über den Baukörperanschluss eindringendes Wasser wurde als eine wesentliche Schadensursache analysiert. Da die Gebäudehülle insgesamt noch nicht dicht war, war das Thema einer raumseitigen Abdichtung aufgrund innerer Feuchtebelastungen noch nicht relevant – obwohl die Zusammenhänge bereits in den 1950er-Jahren erkannt und beschrieben wurden. Die Empfehlungen für die Abdichtung bezogen sich damit zunächst nur auf die äußere Dichtheit.
Durch die jetzt dichteren Fenster, den so entstandenen Feuchtedruck auf die weiteren Undichtheiten und die zunehmende Relevanz von Wärmebrücken entstand jedoch die Ausgangssituation für weitere Untersuchungen und Entwicklungen.
Gründe für eine Altbausanierung
Der Großteil der Fenster wird in Deutschland in der Altbausanierung verbaut. Dabei sind die Verbesserungen bei Energieeffizienz, Sicherheit und Komfort ausschlaggebende Faktoren bei der Entscheidung für neue Fenster. Die Erfahrung aus vielen Gutachten und Baubegleitungen zeigt, dass zwischen den drei Grundsätzen zur Ausführung unterschieden wird:
- vertragsgerecht, d. h. Einhaltung und Gewährleistung der vereinbarten Beschaffenheit,
- fach- und anforderungsgerechte technische Umsetzung,
- kostengerecht.
Die Veränderung der Außenwand und der Fenster im Rahmen einer Gebäudesanierung greift stets in das über lange Jahre eingespielte System aus Gebäude und Nutzer ein. Vielfach kommt es durch falsche Erwartungshaltungen, nicht passende Elemente oder Werkstoffe und eine fehlerhafte Ausführung zu erheblichen Mängeln und Schäden. Dies kann die gesamte Sanierungsmaßnahme in Frage stellen.
DIN 4108 (Wärmeschutz), DIN 4109 (Schallschutz), die EnEV sowie die DIN 1946-6 (Lüftung) stellen die wichtigen baurechtlichen Regelwerke dar. Damit sind nahezu alle Anforderungen an die Montage der Bauelemente sowie an geplante Lüftungskonzepte etc. verbindlich vorgegeben. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass diese Anforderungen bei Altbauten mit den damals verwendeten Baustoffen so gut wie nie vollständig erfüllbar sind. Grund dafür sind die zusätzlich verbauten Elemente wie Fensterbänke und Rollladenkästen, welche in der bestehenden Einbaulage in der Wand ohne zusätzliche Baumaßnahmen nicht zu realisieren sind. Die Ausführung der erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Wärmebrücken, zur Umsetzung eines Lüftungskonzepts usw. werden von vielen Bauherren nicht vollständig beauftragt oder ausgeführt. Damit bleibt die Sanierungsmaßnahme unvollständig und ist anfällig hinsichtlich Tauwasser- und Schimmelpilzproblemen. Diese Zusammenhänge sind in Bild 4 dargestellt.
Vordergründig ist die zukünftige Energieeinsparung das einzige wesentliche Argument für die Fenstersanierung. Doch bei genauerer Nachfrage wird deutlich, dass die eigentliche Sanierungsentscheidung nur bedingt mit der Energieeinsparung durch neue Fenster zu tun hat. Es geht dabei eher um die Behebung von Mängeln an den alten Fenstern. Die Situation bei alten Fenstern ist geprägt durch:
- visuell auffällige Mängel an den Fenstern (unschöne/beeinträchtigte Rahmenoberflächen, blinde Isoliergläser, fehlende Reinigungsfähigkeit),
- mechanische Mängel (schwergängige Bedienung, kaputte Beschläge und fehlende Ersatzteile),
- geringes Komfort-Niveau (Schall-bzw.Wärmeschutz, Sicherheitsgefühl),
- hoher Wartungsaufwand.
Dazu kommt vielfach, dass sich während der Lebenszeit des Fensters auch die Nutzungsumstände geändert haben. Erfüllen die neuen Fenster die eigentlichen Beweggründe für die Sanierung nicht, kommt es in der Regel schnell zu Reklamationen. Die Eigenschaften wie leichte Bedienbarkeit, Schalldämmung o. Ä. sind nämlich vom Nutzer unmittelbar selbst wahrnehmbar. Ähnliches gilt für die Mängel und Zusammenhänge aus nicht fachgerechter Ausführung. Dagegen ist die Energieeinsparung über die Heizkostenabrechnung in Verbindung mit Schwankungen der Witterung – wenn überhaupt – nur zeitverzögert und indirekt erlebbar. Zur Beschreibung des Fensters existieren jenseits des U-Werts weitere 22 Eigenschaften in der Produktnorm EN 14351-1. Mithilfe dieser Klassen und Werte können Fenster spezifiziert und an den Einsatzzweck angepasst werden. In der Praxis fällt auf, dass davon jedoch selten Gebrauch gemacht wird.
Planung von neuen Fenstern
Für die Planung der neuen Fenster ist auch eine Überprüfung der Fensterteilung notwendig. Je nach Situation kann sowohl das Beibehalten als auch das Ändern der Fensterteilung zu Problemen führen: Nachdem Dreifach-Isoliergläser Standard geworden sind, können hohe Flügelgewichte zum Problem werden. Fensterteilungen, die früher mit einfachen, aber robusten Beschlägen und Zweifachgläsern zu bewerkstelligen waren, können nicht ohne Weiteres 1 : 1 umgesetzt werden. Dies gilt umso mehr, wenn sich das Gewicht durch dickere Scheiben bei Sicherheits- und Schallschutzgläsern weiter erhöht. Auch können bei Anforderungen an die leichte Zugänglichkeit und Bedienung – Stichwort „Barrierefreiheit“ – nur kleinere Fensterflügelformate sinnvoll genutzt werden, falls nicht auf aufwendige Antriebe zurückgegriffen wird.
Neue Fenster in alten Gebäuden sind weiterhin für Architekten, Bauherren, Hersteller und Monteure eine große Herausforderung. So ist die Ausstattung der Fenster mit Lüftungseinrichtungen, welche die hygienisch erforderliche Grundlüftung für die Wohneinheiten sicherstellen (Bild unten), kein Sonderfall mehr. Bei einer Fenstersanierung gilt es zunächst die Sanierungsziele in ihrer Gesamtheit zu formulieren. Eine eingehende und seriöse Beratung durch Fachleute wäre dafür Pflicht. —
Literaturhinweis
[1] 25 Jahre ift Rosenheim, Ein Überblick 1991
[2] Froelich, H.; Heine, F.; Menck, R.; Stumpp, E.: Reduzierung des Energieverbrauches in Wohnungen, ift Forschungsbericht, 1974
[3] Seifert, E.; Daler; R.; Heine, F.: Fenster bei Altbauerneuerung. ift Forschungsbericht, 1979
[4] Leuschner, I.: Sanierungsprojekte ohne böses Erwachen, 05/2015
[5] Leuschner, I.: Berichte aus dem ift Sachverständigenzentrum, 03/2015
Ift-Forschungsprojekte von 1972 bis 1975
1972 Untersuchung über das Stehvermögen von Sperrtüren bei klimatischer Belastung und über deren Widerstandsfähigkeit bei mechanischer Belastung
1972 Holzfenster; Handbuch für die Konstruktion und Herstellung von Holzfenstern, 2. ergänzte Auflage
1972 Untersuchung über die Eignung von Kleinzinken für Rahmenverbindungen an Holzfenstern
1973 Die Verwendung handelsüblicher Leinölkitte für die Verglasung von Holzfenstern
1973 Schichtholzfenster
1973 Pflege und Wartung von Holzfenstern; Untersuchung über den erforderlichen Aufwand und die Auswirkung auf den Gebrauchswert
1973 Hemlock im Fensterbau
1974 Klassifizierung von Fenstern
1974 Reduzierung des Energieverbrauches in Wohnungen
1974 Profilquerschnitte für Fenster und Fensterelemente aus Holz
1975 Untersuchung zur Ausbildung der Entwässerungsöffnungen in Wetterschutzschienen für Holzfenster
1975 Maßnahmen an Fenstern bei der Altbauerneuerung
1975 Untersuchung der Auswirkung der Geometrie der Profile und des Dämmstoffes auf das Temperaturverhalten von wärmegedämmten Aluminiumverbundprofilen für Fenster und Fassaden
die Autoren
Ingo Leuschner, techn. Assistent der Institutsleitung bzw. Leitung von div. Forschungsprojekten (Holzfassaden, Beschlagtechnik, Verbundaufbauten, Oberflächentechnik)
Gabriele Tengler, stv. Leiterin der Abteilung PR & Kommunikation, war viele Jahre für die technische Auskunft zuständig