Gerade beim Einbau für Loggien, Wintergärten und Überdachungen unterliegen die eingesetzten Dachverglasungen und 3-fach-Isoliergläser hohen Anforderungen bzw. Belastungen. Dr. Frank Ensslen und Joachim Verne von Semcoglas geben Tipps für die Bemessung und Herstellung solcher Verglasungen.
Gerade die klimatisch bedingte Last (kurz: Klimalast), iwe beispielsweise Schneelast, hat infolge von Temperatur- und Druckänderungen bei großen Scheibenzwischenräumen (SZR) ≥ 2 x 12 mm große Auswirkungen und ist für die Standsicherheit der Dachverglasung ein maßgeblicher Faktor. Die Klimalast kann bei großen Gasvolumina – je nach Einwirkungskombination, -grad sowie Scheibenaufbau, Glasstärke und -format – leicht Werte von ungefähr 10 kN/m² (= 1000 kg/m²) und mehr annehmen. Im Vergleich dazu: Die im Flachland übliche Annahme für die Windlast beträgt gerade einmal ca. 1 kN/m² (= 100 kg/m²).
Dabei muss die Klimabeanspruchung im SZR als flächenförmige, „unsichtbare“ innere Drucklast neben den anderen auf das Isolierglassystem wirkenden Kräften dauerhaft (ca. 25 Jahre) über Einzelglasscheiben und den Isolierglas-Randverbund aufgenommen werden. Nach der neuen Bemessungsnorm für Glas im Bauwesen (DIN 18008-2) ist sie für den statischen Nachweis bei möglichen Luftdruckunterschieden zwischen Produktionsort und Einbauort sogar als ständige Einwirkung anzusetzen.
Der Einfluss der Temperaturbelastung nimmt bei Glasscheiben mit Mehrfach-Beschichtungen, beim Einsatz von VSG, dunklen Gläsern und Einbauten (im SZR) aufgrund der erhöhten thermischen Absorption und somit stärkeren Aufheizung (= erhöhte Volumenausdehnung des Füllgases) im SZR deutlich zu. Zu beachten sind besonders südliche Einbaulagen, da sich hier die Klimalast u. U. gravierend erhöht, je nach Aufbau und Abmessung der Scheiben.
Hohe klimatische Anforderunge
Dachverglasungen unterliegen extremen klimatischen Lasten, da sich die ISO-Einheiten dort u. a. sehr stark aufheizen (z. T. über 80 °C). Deshalb sollte gerade bei Dachverglasungen mit ungünstigen Kantenverhältnissen der SZR bei 3-fach-Isolierglas auf 2 x 12 mm Glasstärke begrenzt werden.
Zusätzliche Anforderungen nach Schallschutz, Angriffhemmung usw. verstärken bei großen SZR und kurzen Kantenlängen die Belastung für die (dünneren äußeren) Einzelgläser und den Randverbund erheblich. Beispielhaft sind dafür Isolierglasaufbauten, wie etwa 6/4/ VSG 44.2, ggf. Kombinationen mit weiteren Verbund- oder Sondergläsern (z.B. P6B/6/VSG55.2).
Der Einfluss des Neigungswinkels bei Dachverglasungen
Der Ug-Wert von Verglasungen wird nach DIN EN 673 berechnet. Der Ug-Wert ist dabei u. a. abhängig vom Neigungswinkel der Verglasung. Bei geneigten Verglasungen (Wärmestrom aufwärts) ist die Konvektion – bedingt durch zahlreiche kleine, schnelle Wirbel im SZR – stärker und folglich der Ug-Wert schlechter (höher).
In Abhängigkeit vom Neigungswinkel können als Richtwerte für den 2-fach- bzw. 3-fach-Standardaufbau mit einem Ug-Wert von 1,1 bzw.
0,7 (0,5) W/m²K angenommen werden:
Empfehlungen der Autoren
Bei Einhaltung folgender Aspekte ist der Einsatz von 3-fach-Gläsern – ob als Vertikal- oder Dachverglasung – meist unproblematisch:
- Durchführung einer statischen Bemessung,
- Bemessung stets mit den realen Höhen von Produktions- und Einbauort, falls bekannt,
- bei asymmetrischem Glasaufbau die dünnere äußere Scheibe in ESG ausführen,
- beschichtete mittlere Scheiben zwingend in ESG ausführen (minimiert thermische Bruchgefahr, gerade in den Übergangsmonaten),
- erhöhten Glaseinstand wählen (max. 30 mm bei hochwärmedämmenden Profilen),
- bei kritischen Scheibenformaten (Vorsicht: hohe Randlasten) eine höhere Randverbund-Überdeckung im Vgl. zu 2-fach-ISO wählen, alternativ Randverbund mit TPS,
- Vergrößerung von kritischen Formaten anstreben, ggf. SZR mit Krypton-Füllung.
Sofern sich jedoch mehrere ungünstige thermische bzw. klimatische Belastungen (u. a. Teilbeschattung, Morgensonne nach kalten Nächten, hohe Außentemperaturen, Luftdruckänderungen, usw.) sowie nachteilige strukturelle, konstruktive und geometrische Randbedingungen überlagern, kann dies zu einer Beschädigung des Randverbunds führen (Kondensat und Gasverlust). Im schlimmsten Fall kommt es sogar zum Scheibenbruch.
Erhöhte Gewichte beachten
Die generell deutlich höheren Gewichte von 3-fach-Gläsern wirken sich auf die Konstruktion und Beschläge aus. Daher ist die Auswahl einer geeigneten Rahmenkonstruktion (Beschläge) Voraussetzung für die zuverlässige und sichere Verglasung als 3-fach-ISO. Von Vorteil ist dabei eine zwängungsfreie Stützwirkung der Glasränder. Für die statische Bemessung der Gläser wird eine 2-, 3- oder 4-seitige, versatzfreie Lagerung der Glaskanten unter Annahme einer fachgerechten Verklotzung vorausgesetzt. Bei hohen Scheibengewichten sollten Verarbeiter dafür geeignete Schwerlastklötze verwenden.
Zudem weist ein TPS-Abstandhalter um 50 Prozent reduzierte Grenzflächen auf und führt so neben seiner guten Glashaftung zu einer verbesserten, d. h. dauerhaften Wasserdampf- und Gasdichtigkeit. Weiter überzeugt er durch niedrige Psi-Werte und erlaubt es, 3-fach-ISO ohne Spacer-Versatz und in einer definierten Paketstärke herzustellen.
Kritische Punkte bei 3-fach-Isolierglas
Folgende Punkte man beim Einsatz von 3-fach-ISO beachten und möglichst vermeiden:
- SZR > 2 x 12 mm mit kurzen Kantenlängen < 700 – 800 mm (vgl. DIN 18008-2:2010-12),
- ungünstige Kantenverhältnisse (sog. „Handtuchformate“, z. B. Dachgläser 650 x 3000 mm),
- asymmetrische Glasaufbauten,
- beschichtete mittlere Scheiben,
- geringe bzw. verringerte Glaseinstände,
- der Einsatz schlecht wärmedämmender Rahmen- und Abstandhalterprofile,
- schlechte Kantenqualität sowie ein Versatz der Glaskanten untereinander.
Dr. Frank Ensslen ist Leiter Anwendungstechnik und Joachim Verne ist glastechnischer Berater bei der Semcoglas Holding GmbH. www.semcoglas.de